# taz.de -- Blick in die Zukunft: Dranbleiben, weitermachen | |
> Nach sechseinshalb Jahren endet diese Kolumne. Auch wenn es genug Gründe | |
> gibt, deprimiert zu sein, will die Autor*in ermutigen, weiterzukämpfen. | |
Bild: Dranbleiben! | |
Eigentlich sollte dieser Text von Hoffnung handeln. Einen optimistischen | |
Blick in die Zukunft gewährleisten, der gleichermaßen nah an der Realität | |
ist und Mut macht, weiterzukämpfen. Immer nur meckern geht nicht, heißt es | |
in dem Land, in dem abwechselnd gemeckert und gejammert wird, aber sich | |
selten etwas ändert. | |
Vielleicht ist es dieser zähe Sommer, dessen Ende ich mir antriebslos und | |
deprimiert herbeisehne, denn es ist entweder zu heiß oder zu grau, und da | |
geht es schon wieder los, das Gemeckere. Vielleicht ist es das näher | |
rückende Ende des 9-Euro-Tickets, bei dem nach drei Monaten zugänglicherer | |
Mobilität alles zum Alten zurückkehrt. Vielleicht ist es die Trauer um die | |
vier Menschen, die allesamt [1][diesen Monat von deutschen Polizist_innen | |
getötet wurden]. Vielleicht ist es das Gedenken an die rassistischen | |
Pogrome von [2][Rostock-Lichtenhagen], die genau vor 30 Jahren nach vier | |
Tagen beendet wurden. | |
Hinsichtlich rechter Gewalt hat sich wenig geändert: Angefeuert durch | |
Brandsätze von Politiker_innen und Springer-Medien hat niemand in | |
Deutschland so viel Rücken wie Täter_innen aus dem rechten Spektrum – | |
Legitimation und Normalisierung durch die sogenannte bürgerliche Mitte | |
inklusive. „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat | |
überhaupt nicht verlassen“, sagte die Antifaschistin und | |
Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano im Jahr 2015 und es stimmt immer | |
noch. | |
## Platz für Freude | |
6½ Jahre lang konnten Sie an dieser Stelle meine Kolumnen über Feminismus, | |
Faschismus, Fashion und Food lesen, heute zum letzten Mal. Ich habe in der | |
Zeit viel gelernt, unter anderem, dass es für jede gute Nachricht | |
mindestens zwei schlechte gibt, die es unglaublich schwer gestalten, | |
weitermachen zu wollen. Paradoxerweise möchte ich in diesem Text dennoch | |
genau dazu ermutigen: dranbleiben. | |
Am Wochenende feierte meine geschätzte Kollegin Simone Dede Ayivi ihren | |
Geburtstag und wünschte sich zwei Sätze über Dinge, die sich in den letzten | |
zwei Jahrzehnten verbessert haben. Dabei entstand ein Blick auf die | |
Errungenschaften Schwarzer, geflüchteter, feministischer und queerer | |
Bewegungen, die uns zeigen, dass Veränderung zwar dauert, aber möglich ist. | |
Ich bin dankbar für Genoss_innen wie Simone, die inmitten kritischer | |
Analyse nicht in Fatalismus abdriften, sondern auch Platz fürs Feiern, für | |
Freude und Freund_innenschaft einräumen. Was für ein Glück, dass sie neben | |
anderen wunderbaren Autor_innen die taz nun mit einer eigenen Kolumne | |
bereichern wird. | |
Mit dabei bleibt außerdem [3][Fatma Aydemir]. Fatma hat mich vor 7 Jahren | |
dazu ermutigt, mich auf diesen Kolumnenplatz zu bewerben. Die Wortschöpfung | |
„Habibitus“ ist ihr zu verdanken, ebenso die beste Zusammenfassung dessen, | |
was hier die letzten Jahre abging: „Trotz Deutschland leben, lieben, | |
lachen.“ Ich danke allen, die an Bord dieser Wild Ride mit mir gewesen | |
sind. Ciao, ihr Knalltüten, bleibt am Ball! <3 | |
25 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Polizeigewalt-in-Deutschland/!5871525 | |
[2] /30-Jahre-nach-Rostock-Lichtenhagen/!5873239 | |
[3] /Urlaub-zwischen-Pandemie-und-Krieg/!5868504 | |
## AUTOREN | |
Hengameh Yaghoobifarah | |
## TAGS | |
Queer | |
Feminismus | |
Kolumne Habibitus | |
IG | |
Literatur | |
Schwerpunkt Rostock-Lichtenhagen | |
Kolumne Habibitus | |
Kolumne Habibitus | |
Kolumne Habibitus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hengameh Yaghoobifarah über „Habibitus“: „Fashion und Haltung zum System… | |
Fast sieben Jahre lang schrieb Hengameh Yaghoobifarah die taz-Kolumne | |
„Habibitus“. In Hamburg liest Yaghoobifarah eine Auswahl daraus. | |
30 Jahre Rostock-Lichtenhagen: Die verschwundenen Roma | |
Der rechtsradikale Hass von Rostock-Lichtenhagen richtete sich zuerst gegen | |
asylsuchende Roma. Wir haben sie 30 Jahre nach dem Pogrom besucht. | |
FDP-Chef für Neun-Euro-Ticket-Aus: Die Stop-Being-Poor-Mentalität | |
Das 9-Euro-Ticket steigert die Mobilität – auch für jene, die sie sich | |
sonst nicht leisten können. Warum wehrt sich der Finanzminister so dagegen? | |
Körper-Performance bei DJ-Streams: Das Recht auf Hässlichkeit | |
Immer mehr DJ-Sets werden gestreamt. Die Sets vieler FLINTA-DJs sind oft | |
mode- und körperfixiert. Das ist ok, sollte aber kein Allgemeinanspruch | |
sein. | |
Hochzeit von Christian Lindner: Wasser predigen, Champagner saufen | |
Kritik an der Luxushochzeit von Finanzminister Lindner sei aus Neid | |
erfolgt, sagt dessen Parteifreundin. Auf eine langweilige Heten-Hochzeit | |
auf Sylt? |