Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rigide Energiesparmaßnahmen: Frösteln wegen Putins Krieg
> Büros nur noch 19 Grad, Türen zu, Flure in Ämtern kalt, Schaufenster
> nachts dunkel: Das Kabinett beschließt rigide Maßnahmen, um Energie zu
> sparen.
Bild: Der Winter wird kalt und dunkel, drinnen und draußen um Energie zu sparen
Berlin taz/afp | Bereits ab kommenden Woche wird es in Deutschland kälter
und dunkler, um [1][Energie zu sparen]: Ladentüren dürfen nicht dauerhaft
offen stehen, Leuchtreklamen müssen ab 22 Uhr erlöschen, Denkmäler nicht
angestrahlt werden. Am Arbeitsplatz sollen 19 Grad Raumtemperatur
ausreichen, in öffentlichen Gebäuden bleiben die Flure kalt. Weitere
Vorschriften sollen am 1. Oktober in Kraft treten.
Das Kabinett beschloss am Mittwoch zwei Verordnungen auf Basis des
[2][Energiesicherungsgesetzes], mit denen eine Energiekrise als Folge des
Kriegs in der Ukraine verhindert werden soll. Die erste Verordnung gilt ab
1. September für sechs Monate, also bis 28. Februar.
Am Büroarbeitsplatz in einem öffentlichen Gebäude wird die Höchsttemperatur
dann von 20 auf 19 Grad Celsius abgesenkt – je nach Art der Tätigkeit
gelten andere Höchsttemperaturen, etwa 12 Grad bei körperlich schwerer
Tätigkeit. Medizinische Einrichtungen, Kitas und Schulen sind ausgenommen.
Für Arbeitsräume in Unternehmen gelten laut Ministerium die festgelegten
Höchstwerte „als Mindesttemperaturwerte“. Wie stark nach oben abgewichen
wird, darf der Boss entscheiden.
Vertragsklauseln in Mietverträgen über eine bestimmte Temperatur sind für
die sechs Monate ausgesetzt. Mieterinnen und Mieter, die Energie einsparen
und die Heizung herunterdrehen wollen, sollen dies auch tun dürfen, wie das
Wirtschaftsministerium erläuterte. Private Innen- und Außenpools dürfen
nicht mit Gas oder Strom aus dem Netz beheizt werden. Ausnahme: Das
Schwimmbad wird für therapeutische Anwendungen genutzt. Pools in Hotels,
Freizeiteinrichtungen oder Rehazentren sind nicht betroffen.
## Notausgangsbeleuchtung bleibt an
Bei den Unternehmen müssen vor allem Einzelhandel und Werbewirtschaft
sparen: Das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen in
Geschäftsräumen des Einzelhandels ist untersagt, es sei denn, es handelt
sich um einen Notausgang oder Fluchtweg. Werbeanlagen – also auch
Schaufenster – dürfen von 22 bis 6 Uhr nicht beleuchtet sein. Ausgenommen
sind Fahrgastunterstände oder Bahnunterführungen.
Der Einzelhandel hat sich bereits auf die Verbote eingestellt. Der
Branchenverband HDE startete eine Plakataktion mit dem Motto [3][„Türen zu,
Geschäft offen“]. So wollen die Einzelhändler verhindern, dass wegen
geschlossener Ladentüren weniger Kundinnen und Kunden ins Geschäft kommen.
Allerdings warnte der Einzelhandel auch vor dem kompletten Abschalten aller
Ladenbeleuchtungen in den Innenstädten: „Mit der Schaufensterbeleuchtung
sorgen wir auch für Sicherheit und soziale Verantwortung in den Städten,
vor allen Dingen in den weniger frequentierten Zeitfenstern in der Nacht“,
sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
In öffentlichen Gebäuden sollen Flure, große Hallen oder Technikräume
möglichst nicht mehr geheizt werden – ausgenommen sind Krankenhäuser,
Pflegeeinrichtungen und Kindertagesstätten. Boiler und Durchlauferhitzer
sollen nicht für die [4][Warmwasserbereitung] zum Händewaschen genutzt
werden. Immerhin: Kalt duschen ist nicht vorgeschrieben. Die Beleuchtung
öffentlicher Gebäude von außen ist untersagt, brennen darf nur die
Sicherheits- und Notbeleuchtung.
## „Nationale Kraftanstrengung“
Die zweite Verordnung soll zwei Jahre lang gültig sein; vorgesehen ist etwa
die Pflicht für Wohnungseigentümer zu einer jährlichen Heizungsprüfung und
zum Austausch ineffizienter Heizungspumpen in Gebäuden mit Erdgasheizungen.
Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrats und soll am 1.
Oktober in Kraft treten.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einer
„nationalen Kraftanstrengung“. Mit den Maßnahmen könnten zwei bis
zweieinhalb Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland eingespart werden.
Das Einsparziel der Bundesregierung im Winter lautet allerdings 20 Prozent.
Finanziell lohnt sich das Paket: Der Bund geht davon aus, dass so in zwei
Jahren knapp 11 Milliarden Euro gespart werden können.
Die Reaktionen waren unterschiedlich: Die AfD twitterte, ab September werde
„Deutschland zu einem grünen Erziehungslager“. „Endlich“, twitterte da…
der Umweltverband WWF. „Kein Werbeflächen-Beleuchtungshorror mehr bei
Nacht!“ Allerdings könnten die Maßnahmen „nur der Anfang sein. Und warum
gilt das Heizverbot für Gemeinschaftsflächen nicht für Unternehmen?“
Lob und Tadel kamen auch von der Deutschen Umwelthilfe: Habeck setze zwar
„den Hebel an der richtigen Stelle an. Allerdings sei „die Ursache des
Problems“ der „anhaltende Energiehunger unserer Gebäude. Auch hier brauchen
wir endlich ordnungsrechtliche Maßnahmen wie Mindesteffizienzstandards für
den Gebäudebestand, die die Sanierungsgeschwindigkeit erhöhen“. (mit
Agenturen)
24 Aug 2022
## LINKS
[1] /Tipps-zum-Energiesparen/!5873491
[2] /Debatte-um-Energiepreise/!5875424
[3] https://www.handelsverband-nrw.de/wp-content/uploads/sites/19/2022/08/20220…
[4] /Der-Weg-zum-Oeko-Haus/!5871994
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Energiekrise
Schwerpunkt Klimawandel
Energiesparen
Robert Habeck
Energiewende
Schwerpunkt Flucht
Berlin
Energiekrise
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
Energiesparen
Energiekrise
Schwimmen lernen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte über Geflüchtete: Die Solidarität ist noch da
Vor sieben Jahren ertrank der zweijährige Aylan Kurdi im Mittelmeer. Sein
Tod verpflichtet bis heute zu einem solidarischen Umgang mit Geflüchteten.
Energie sparen beim Brot backen: Das Runde muss ins Eckige
10 Prozent Energie will der Berliner Senat sparen. Auch das Backhandwerk
soll einen Beitrag leisten. Runde Brote kosten mehr Energie als
Kastenbrote.
Energiekrise im Winter: Scholz sieht Deutschland gerüstet
In Meseberg zeigt sich der Kanzler zuversichtlich, dass die
Energieversorgung gesichert ist. Er versprach zudem „sehr bald“ weitere
Entlastungen.
Krieg in der Ukraine: Aus anderer Perspektive
Der Krieg bringt die unterschiedlichen Realismen im Westen und Osten der EU
zum Vorschein. Die Betrachtungsweisen sind für mögliche Lösungen wichtig.
+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Stromausfall im AKW Saporischschja
Wladimir Putin hat per Dekret eine Aufstockung der Streitkräfte um 137.000
Mann angeordnet. 25 Menschen sterben bei einem russischen Angriff auf einen
Zug.
Tipps zum Energiesparen: Waschlappen war gestern
Politiker*innen wollen Bürger*innen mit Empfehlungen aus dem
eigenen Leben zum Stromsparen animieren. Acht Tipps, die dabei noch fehlen.
Debatte um Energiepreise: Künstlich billig kommt teuer
Der Staat sollte auf keinen Fall die Preise deckeln, denn das vereitelt das
Energiesparen. Besser sind Hilfen für die, die Unterstützung brauchen.
Prioritäten in der Energie-Krise: Schwimmenlernen ist Daseinsvorsorge
Die Kreisstadt Uelzen schließt wegen der Energie-Krise ihr Hallenbad. Dabei
mahnt der DLRG, zumindest die Schwimmlern-Becken offen zu halten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.