# taz.de -- Kritik an Gasimporteuren: Gasumlage trotz Milliardengewinn | |
> Die Kritik an der Hilfe für Gasimporteure wächst. Eine Empfänger-Liste | |
> zeigt, dass Steuergelder auch an hochprofitable Konzerne fließen. | |
Bild: Geld aus der Umlage enthält auch VNG, dessen Gasspeicher in Lauchstädt … | |
BERLIN taz | Wie hoch die [1][neue Gasumlage] ausfällt und wer sie bezahlen | |
muss, steht seit gut einer Woche fest. Doch wer alles von ihr profitiert, | |
war bisher nur teilweise bekannt – denn die Information, welche | |
Gasimporteure die Unterstützung beantragt haben, galt als | |
Geschäftsgeheimnis, das nicht ohne Zustimmung der Empfänger öffentlich | |
gemacht werden durfte. Doch nachdem diese Zustimmung nun vorliegt, hat die | |
Trading Hub Europe GmbH, ein Zusammenschluss der deutschen | |
Gasnetzbetreiber, am Montag die Namen aller 12 Unternehmen bekannt gegeben, | |
die Ansprüche geltend gemacht haben. | |
Und diese Liste stellt für Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein | |
ziemliches Problem dar. Denn dieser hatte die neue Umlage, die alle | |
Gaskunden von Oktober an mit 2,4 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich | |
belastet, damit begründet, dass Unternehmen pleitegehen würden, wenn sie | |
wegen der Lieferausfälle bei russischem Gas hohe Mehrkosten hätten, diese | |
aber wegen langfristiger Verträge nicht weitergeben können. „Hierdurch | |
entstehen den betroffenen Gasimporteuren erhebliche Verluste, die, wenn sie | |
zu groß werden, die Unternehmen in die Insolvenz treiben würden“, heißt es | |
auch in einem Papier des Ministeriums mit Fragen und Antworten zur Umlage | |
[2][(hier als pdf)]. | |
Doch während beim Energiekonzern Uniper als wichtigstem Importeur | |
russischen Erdgases im ersten Halbjahr tatsächlich Verluste in | |
Milliardenhöhe aufgelaufen sind, gilt das für viele der übrigen Unternehmen | |
auf der nun veröffentlichten Liste nicht. Besonders klar ist die Lage beim | |
österreichischen Energieversorger OMV, der kürzlich Zahlen für das gesamte | |
erste Halbjahr 2022 veröffentlicht hat. Diese zeigen, dass der Gewinn vor | |
Steuern bei 5,6 Milliarden Euro lag – zweieinhalbmal so viel wie im | |
gleichen Zeitraum des Vorjahres. | |
Geld aus der Umlage erhält auch der Energiekonzern Gunvor, der bis zu den | |
Russland-Sanktionen aufgrund der Krim-Annexion zum Teil dem | |
Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko gehörte. Dieser hat seinen Gewinn im | |
ersten Halbjahr 2022 auf mehr als 2 Milliarden Dollar verdreifacht. Auf der | |
Liste stehen zudem die deutschen Versorger RWE, EWE und VNG sowie die | |
Wintershall-Tochter WIEH, die ehemalige deutsche Gazprom-Tochter, die | |
inzwischen unter dem Namen SEFE unter Verwaltung der Bundesnetzagentur | |
steht, sowie die ausländischen Unternehmen Axpo, DXT, ENET und Vitol. | |
## Kritik auch aus der Grünen-Fraktion | |
Welches Unternehmen wie viel Geld beantragt hat, ist weiterhin nicht | |
bekannt. Uniper hatte bei der Vorstellung seiner Zahlen allerdings bekannt | |
gegeben, dass allein auf diesen Unternehmen mehr als die Hälfte der bisher | |
vorgesehenen Gesamtsumme von 34 Milliarden Euro entfällt. Nach | |
taz-Informationen entfallen über 90 Prozent des Geldes auf die vier | |
Unternehmen Uniper, SEFE, Wingas und VNG; für alle anderen sind die Summen | |
damit entsprechend deutlich niedriger. RWE hatte bereits bekannt gegeben, | |
dass man nur vorsorglich Ansprüche angemeldet habe, aber zunächst keine | |
Zahlung beantragt habe; dies gilt aber dem Vernehmen nach für kein weiteres | |
Unternehmen. | |
Die Kritik an der Gasumlage ist nach der Veröffentlichung am Montag noch | |
einmal schärfer geworden. War sie bisher vor allem von Sozialverbänden und | |
der Opposition gekommen, gibt es nun von Grünen Protest. Wenn profitable | |
Unternehmen nicht von sich aus auf die Umlage verzichten, „müssen wir als | |
Gesetzgeber die Kriterien anschärfen“, sagte der wirtschaftspolitische | |
Sprecher der Fraktion, Dieter Janecek, der taz. | |
Das Wirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage, dass die Umlage nur an | |
Unternehmen gezahlt werde, die tatsächlich Gas nach Deutschland importieren | |
und die Verträge dafür vor Mai 2022 abgeschlossen haben. Die Mehrkosten für | |
die Ersatzbeschaffung würden durch Wirtschaftsprüfer überprüft. Dass auch | |
Unternehmen Geld erhalten, die in anderen Sparten hohe Gewinne verzeichnen, | |
begründet das Ministerium damit, dass die Verordnung dem | |
Gleichbehandlungsgrundsatz genügen müsse; deswegen profitierten alle | |
Importeure russischen Erdgases, auch wenn diese neben Gas auch Strom im | |
Unternehmensportfolio bedienen. | |
Eine Sprecherin des Ministeriums deutete aber an, dass Gewinne aus diesen | |
Sektoren aber auf andere Weise abgeschöpft werden könnten. „Ein Unternehmen | |
braucht Gewinne, um sich breiter aufzustellen und sich damit auch | |
unabhängiger von russischen Lieferungen zu machen“, erklärte sie. | |
„Zufallsgetriebene Gewinne müssen nach Auffassung von Minister Habeck aber | |
anders bewertet werden. Wir sind innerhalb der Koalition im Gespräch, wie | |
das zu bewerten ist.“ | |
22 Aug 2022 | |
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[2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faq-gasumlage.pdf?__blob=publi… | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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