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# taz.de -- Gesetzentwurf der Ampel: Trinkbrunnen werden Pflicht
> Die Bundesregierung will Kommunen verpflichten, öffentliche Wasserspender
> bereitzustellen. Doch konkrete Vorgaben zur Anzahl gibt es nicht.
Bild: Helfen bei Hitze und sparen Müll: Trinkwasserbrunnen (hier in Wernigerod…
Berlin taz | In vielen europäischen Großstädten sind sie schon länger zu
finden, jetzt sollen [1][Trinkwasserbrunnen] in noch mehr deutschen
Gemeinden installiert werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das
Bundeskabinett am Mittwoch gebilligt hat. Trinkwasser im öffentlichen Raum
kostenlos anzubieten soll dadurch künftig zur sogenannten Daseinsvorsorge
gehören, zu der die Kommunen verpflichtet sind.
Davon profitiere sowohl die Umwelt als auch die Gesundheit, sagte
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zur Begründung. „In Zukunft werden
Extremwetterereignisse wie Hitzewellen und Trockenperioden häufiger und
intensiver sein“, erklärte Lemke. „Trinkbrunnen mit Leitungswasser gehören
zu den Basisbausteinen einer guten Hitzevorsorge.“ Zudem würden dabei im
Vergleich zu gekauftem Wasser Verpackungen gespart.
Derzeit gibt es nach Angaben des Umweltministeriums deutschlandweit mehr
als 1.300 Trinkwasserbrunnen im öffentlichen Raum, die alle ähnlich
funktionieren: Aus einem Hahn läuft Leitungswasser in ein kleines Becken.
Das Wasser kann direkt vom Wasserstrahl getrunken oder in eine Trinkflasche
abgefüllt werden. Durch das neue Gesetz sollen in einem ersten Schritt
1.000 weitere Brunnen dazukommen – angesichts von 10.786 Gemeinden in
Deutschland, darunter 2.058 Städten keine besonders große Zahl. Doch selbst
ob dieses Ziel erreicht wird, ist offen, denn konkrete Vorgaben für die
Kommunen zur Zahl der Brunnen gibt es im Gesetzentwurf nicht. Vielmehr
schränkt er ein, dass Brunnen nur gebaut werden müssen, wenn dies
„technisch durchführbar“ und „verhältnismäßig“ sei.
Direkte Vorgaben seien nicht möglich, heißt es dazu aus dem Ministerium;
für die konkrete Umsetzung seien Länder und Kommunen zuständig. Die
Wasserversorger wollen die Kosten von rund 15.000 Euro pro Brunnen
jedenfalls nicht allein tragen. „Es ist wichtig, dass die Städte, Gemeinden
und Landkreise mit der Finanzierung der Trinkwasserbrunnen nicht allein
gelassen werden, sondern dass für Investitionen, Betrieb und Unterhaltung
der Brunnen Finanzmittel von Bund und Ländern bereitgestellt werden“, sagt
Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Er weist
außerdem darauf hin, dass der Zugang zu Wasser in eine umfassende
Wasserstrategie eingebettet werden müsse, die die Wasserhaltung in der
Stadt fördere. Dazu gehören beispielsweise die Begrünung von Dächern und
Fassaden und ausreichend Versickerungsflächen.
Weltweit fehlt der Zugang zu Trinkwasser
Mit dem Gesetzentwurf reagiert die Bundesregierung auf eine EU-Richtlinie
von 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. Diese
Richtlinie erfordert neben einer Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes
auch Änderungen der Trinkwasserverordnung. Die Bundesregierung will mit der
Gesetzesnovelle außerdem einen Beitrag zur Agenda 2030 der Vereinten
Nationen (UN) beitragen. 2015 legten die UN den Zugang zu sauberem
Trinkwasser als Ziel 6 der 17 Nachhaltigkeitsziele fest.
Die Nichtregierungsorganisation Viva con Agua, die sich für den Zugang zu
Trinkwasser einsetzt, begrüßt die Verpflichtung, mehr Wasserspender im
öffentlichen Raum aufzustellen. „Insbesondere für [2][Menschen, die auf der
Straße leben], ist das wichtig“, sagt Sprecher Bastian Henrichs. Ein
ausreichender Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen sei es allerdings
nicht. „Das Ziel 6 erreicht die Bundesregierung nicht durch das Aufstellen
von Trinkwasserbrunnen in Deutschland“, sagt Henrichs. „Weltweit haben 771
Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Um dieser
Herausforderung gerecht zu werden, braucht es mehr Unterstützung für
vulnerable Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden.“
10 Aug 2022
## LINKS
[1] /Sommerserie-Nah-am-Wasser/!5863601
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## AUTOREN
Gina La Mela
## TAGS
Trinkwasser
Gesetzentwurf
Wasser
Ampel-Koalition
Steffi Lemke
Hitzesommer
Schwerpunkt Klimawandel
Bremen
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