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# taz.de -- Arbeitgebergesetz in der Ukraine: Neoliberale Politik mitten im Kri…
> Ein neues Gesetz verschlechtert die Rechte von Arbeitnehmern in der
> Ukraine. Das sorgt für Kritik von Linken und Gewerkschaften.
Bild: Ihre Rechte werden im Krieg eingeschränkt: Zwei Arbeiter in Lviv
Kiew taz | Am Donnerstag machten sie noch einen letzten Versuch, das neue
Gesetz zu verhindern. Abgeordnete der Partei „Vaterland“ von Julia
Timoschenko, rund um den Gewerkschafter Michajlo Wolynez, brachten einen
Gesetzentwurf gegen das Inkrafttreten eines Arbeitsgesetzes auf den Weg. Ob
sie Letzteres damit noch stoppen können, bleibt fraglich.
Das ukrainische Parlament hatte das Gesetz am Dienstag in zweiter Lesung
verabschiedet. Es soll die Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und
Arbeitgebern bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen vereinfachen. Das
Gesetz Nr. 5371, so seine Autoren, soll den Verwaltungsaufwand erleichtern.
Nun können Arbeitgeber und Arbeitnehmer selbst ihre Arbeitsverträge
ausformulieren, sich über Beginn und Beendigung des Arbeitsverhältnisses
einigen sowie über das Vergütungssystem, die Arbeitsbedingungen, Löhne,
Zulagen, Prämien, Entschädigungen, Arbeits- und Ruhezeiten.
Das neue Gesetz soll bis zum Ende des Kriegsrechts in Unternehmen mit
weniger als 250 Angestellten gelten und bei Arbeitnehmern, deren Lohn das
Achtfache über dem monatlichen Mindestlohn von 140 Euro liegt. Das trifft
auf 70 Prozent der Unternehmen zu.
An der Ausarbeitung des Gesetzes waren ukrainische Wirtschaftsverbände, die
„Union Ukrainischer Unternehmer“ und Experten des USAID-Programms
„Wettbewerbsfähige Wirtschaft der Ukraine“ beteiligt, berichtet der
Pressedienst der Werchowna Rada der Ukraine.
## Auch Privatisierungen sollen vorangetrieben werden
Vonseiten der Gewerkschaften und Linken kommt Kritik an dem Gesetz. Früh
waren die Gewerkschaften aus den gemeinsamen Beratungen ausgestiegen. Sie
fürchten, dass die Arbeitgeber nun ganz auf Individualverträge setzen und
Kollektivverträge an Bedeutung verlieren. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit
hätten die Arbeitnehmer keine gute Verhandlungsposition beim Aushandeln von
Individualverträgen.
„Leider hat sich das [1][ukrainische Parlament wieder einmal auf die Seite
der Reichsten geschlagen]“, kommentierte Vitali Dudin, Vorsitzender der
linken „Sozialen Bewegung“ und Arbeitsrechtler, das Gesetz gegenüber der
taz. Es füge sich nahtlos in die Gesamtstrategie der neoliberalen
Transformation ein. Und da gehe es um eine Deregulierung des
Arbeitsmarktes.
Für Dudin ist es kein Zufall, dass man sich ausgerechnet jetzt an dieses
Gesetz gemacht hat, seien doch die politischen Umstände für ihre
Durchsetzung gerade sehr günstig. „Das Kriegsrecht erschwert einen
Widerstand gegen solche Initiativen.“ Dudin fragt sich, warum unter
Kriegsrecht ein Gesetz verabschiedet wird, das nicht im Interesse der
Arbeitnehmer ist.
Letztendlich könnte das Gesetz Nr. 5371 die Kollektivverträge abschaffen,
diese durch Individualverträge ablösen, erklärt Jura Samojlow, Vorsitzender
der Unabhängigen Gewerkschaft der Beschäftigten in Metallindustrie und
Bergbau (NPGU) in Kriwij Rih.
Die ukrainischen Gewerkschaften sind in der Defensive. Der Krieg zehrt an
ihnen, viele sind derzeit an der Front, gleichzeitig steigt die
Arbeitslosigkeit. Ungefähr 30 Prozent aller Arbeiter haben seit dem 24.
Februar ihren Job verloren, zitierte am Dienstag das Portal strana.news
Timfej Milowanow, Präsident der Kiewer Schule für Wirtschaft.
Unterdessen erklärte Premierminister Denys Schmyhal, es sei nun an der
Zeit, die Privatisierung von Staatseigentum zu erleichtern. Ein
entsprechender Gesetzesentwurf zur Beschleunigung der Privatisierung sei
schon ausgearbeitet, zitiert „ukrinform“ den Premier.
21 Jul 2022
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-der-Ukraine/!5824760
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Gewerkschaft
Arbeitsrecht
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Krieg
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