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# taz.de -- Abkommen über Getreideexporte: Weg frei für den Weizen
> Separat unterzeichnen Kiew und Moskau Vereinbarungen zum Getreideexport.
> Hafen-Blockaden sollen fallen, die EU lockert dafür Sanktionen.
Bild: Weizenlager im Osten der Ukraine: Nicht zuletzt in Afrika sind sie auf da…
Istanbul taz | Nach wochenlangen Verhandlungen war es am Freitagnachmittag
so weit: Die Ukraine und Russland unterzeichneten unter der Ägide der
Vereinten Nationen (UN) und der Türkei als Garantiestaat separate
Vereinbarungen, die es ermöglichen sollen, dass in den nächsten Tagen
Millionen [1][Tonnen ukrainischen Weizens] wieder exportiert werden können.
Der Istanbuler Dolmabahçe-Palast, Sitz der letzten osmanischen Sultane, hat
schon viele historische Treffen erlebt. Dennoch dürften die Unterschriften,
die am Freitagnachmittag von der Ukraine, Russland, der Türkei und den UN
an dem ehemaligen Herrschersitz geleistet wurden, zu den wichtigsten
gehören, die in den Gemäuern abgegeben wurden. Denn anders als
außenpolitische Absichtserklärungen sonst, wird diese Vereinbarung
unmittelbare Auswirkungen für Millionen von Menschen haben. Es ist „ein
Zeichen der Hoffnung“, wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte, der
extra persönlich zur Vertragsunterzeichnung nach Istanbul gereist war.
Aus Russland war Verteidigungsminister Sergei Schoigu gekommen, die Ukraine
schickte ihren Infrastrukturminister Olexander Kubrakow. Von
türkischer Seite unterschrieb Verteidigungsminister Hulusi Akar – aber
selbstverständlich ließ es sich [2][Präsident Recep Tayyip Erdoğan] nicht
nehmen, bei der Vertragsunterzeichnung persönlich anwesend zu sein. Denn
ebenso wie die UN mit Generalsekretär Guterres hatte sich Erdoğan sehr für
einen entsprechenden Vertrag engagiert.
Seit Russland im Februar seinen Angriff auf die Ukraine begann, redet
Erdoğan von Verhandlungen, um den Krieg zu beenden. Am selben Ort, an dem
jetzt der Getreideexportvertrag unterschrieben wurde, fanden im März die
letzten direkten Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland statt.
Das jetzt tatsächlich der Vertrag über das Getreide nicht zuletzt durch
türkische Vermittlung zustande gekommen ist, ist für Erdoğan ein Beweis
dafür, dass Verhandlungen am Ende erfolgreich sein können.
## Die ein- und auslaufenden Schiffe sollen kontrolliert werden
Das am Freitag unterzeichnete Abkommen soll dafür sorgen, dass aus
insgesamt drei bislang blockierten ukrainischen Häfen, der wichtigste davon
ist Odessa, wieder Weizen und anderes Getreide exportiert werden kann.
Ukrainische Schiffe sowie Schiffe aus Drittstaaten sollen durch gesicherte
Korridore bis in den Bosporus und von dort in alle Welt weiterfahren
können. In Istanbul soll ein Kontrollzentrum der UNO eingerichtet werden,
in dem neben türkischen Teams auch ukrainische und russische Experten
anwesend sein sollen.
Dieses Kontrollzentrum regelt, wann und von wo ein Schiff ablegt, und sorgt
dafür, dass im Bereich des genutzten Korridors eine Waffenruhe eingehalten
wird. Auf türkischem Territorium werden die auslaufenden Schiffe darauf
kontrolliert, ob sie tatsächlich nur Getreide geladen haben – die in
Richtung Ukraine einlaufenden Frachter hingegen darauf, dass sie keine
Waffen transportieren.
Im Gegenzug schreibt die Vereinbarung fest, dass die EU Sanktionen
lockert, die bislang russische Getreide- und Düngemittelexporte behindert
haben. So sollen zukünftig Transportunternehmen, die russisches Getreide
auf die Straßen und Meere bringen, sowie Versicherungen, die diese
absichern, nicht mehr sanktioniert werden.
Die UN hoffen, dass beides zusammen dazu führen wird, dass [3][Hungersnöte
in den Ländern im Nahen Osten und in Afrika], die bislang stark von
ukrainischen Getreideimporten abhängig waren, vermieden oder zumindest
abgemildert werden können.
Insgesamt geht es um rund 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide aus der
Ukraine, das bislang in den Silos zu verrotten drohte und eine unbekannte
Menge an russischem Getreide, dass nun wieder auf den Weltmarkt kommen
kann. Für die Bauern in der Ukraine bedeutet es zudem, dass die Ernte
dieses Sommers, die gerade eingebracht wird, auch wieder Platz in den
Getreidesilos finden wird und verkauft werden kann.
Beide Seiten haben lange um eine Vereinbarung gerungen. Dabei ging es nicht
nur um inhaltliche, sondern auch um formelle Fragen. Die ukrainische
Regierung betonte am Freitag, man werde keinen Vertrag mit [4][Russland]
unterzeichnen, sondern nur eine Vereinbarung mit der UNO und der Türkei.
Spiegelbildlich gilt das auch für Russland. Der Vertrag soll zunächst für
vier Monate gelten und verlängert sich automatisch, wenn keine der
beteiligten Seiten Einspruch erhebt.
22 Jul 2022
## LINKS
[1] /Exportstau-in-der-Ukraine/!5864457
[2] /Raketenangriff-im-Nordirak/!5865906
[3] /Ukrainekrieg-mit-weltweiten-Folgen/!5864153
[4] /Alltag-in-Moskau-nach-fuenf-Monaten-Krieg/!5865818
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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