# taz.de -- Raketenangriff im Nordirak: Erdoğans Eigentor | |
> Der türkische Luftangriff auf einen Ferienort im nordirakischen | |
> Kurdengebiet kommt Erdoğan teuer zu stehen. Seine Truppen müssen | |
> abziehen. | |
Bild: Ministerpräsident Mustafa al-Kadimi: Iraks Regierung hat die Türkei zum… | |
Es ist ein politisches Desaster für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip | |
Erdoğan. Der offenbar versehentliche [1][Beschuss einer Ferienanlage im | |
kurdischen Nordirak] nahe der türkischen Grenze mit 9 Toten und fast 30 | |
Schwerverwundeten wird erhebliche politische Konsequenzen haben. Türkische | |
grenzüberschreitende Militäraktionen in den Nordirak werden angesichts der | |
berechtigten Empörung im Irak vorläufig – wenn überhaupt – nur erheblich | |
reduziert stattfinden. | |
Entgegen ihrem bisherigen ambivalenten Verhalten hat die irakische | |
Regierung die Türkei jetzt unmissverständlich zum militärischen Rückzug | |
aufgefordert. Angesichts der Empörung im gesamten Irak wird es auch der vom | |
Barsani-Clan geführten kurdischen Autonomieregierung im Nordirak | |
schwerfallen, weiterhin mit der Türkei gegen die PKK zu kooperieren. | |
Vorläufig wird sich die Türkei im Nordirak zurückhalten müssen. | |
Das allein ist für Erdoğans und den bevorstehenden | |
Präsidentschaftswahlkampf ein schwerer Schlag. Dazu kommt, dass auch der | |
seit Monaten propagierte [2][Einmarsch in Nordsyrien] wohl erst einmal auf | |
Eis gelegt werden muss. Zwar tönte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu noch am | |
Donnerstagmorgen, man lasse sich von niemandem vorschreiben, wie die Türkei | |
den Terror bekämpfen wird. | |
Angesichts von Putins „Nein“ zu einem neuerlichen türkischen Angriff auf | |
die Milizen der syrischen Kurden wird es Erdoğan jedoch schwerfallen, | |
seinen Truppen den Marschbefehl zu geben. Schließlich kontrolliert die | |
russische Luftwaffe den gesamten Luftraum in dem Gebiet. Ein Angriff ohne | |
russische Zustimmung ist praktisch unmöglich. | |
Ein doppelter Rückschlag für den türkischen Alleinherrscher, der sich | |
angesichts der [3][Wirtschaftskrise] gerade als „Terrorbekämpfer“ | |
profilieren wollte. Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass Erdoğan von | |
seiner Konfrontationspolitik umschwenkt, um politische Lösungen mit den | |
Kurden und der sonstigen Opposition im Land zu suchen. Wenn Erdoğan mit dem | |
Rücken zur Wand steht, setzt er immer auf Angriff. Er wird neue Ziele | |
finden. | |
21 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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