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# taz.de -- Wasser für Swimmingpools: Das braucht doch kein Mensch!
> In Brandenburg fällt die Panke trocken. Der Bürgermeister von Panketal
> verbietet nun das Füllen von Pools und Rasensprengen zwischen 17 und 21
> Uhr.
Bild: Luxusproblem: Erst vollaufen lassen und dann nicht mal reingehen
Berlin taz | Wenn das so bleibt, kann sich Pankow nach einem neuen Namen
umschauen. Denn die Panke, der namengebende Bach des Berliner Bezirks, ist
am Oberlauf im brandenburgischen Panketal ausgetrocknet. Und auch die Spree
führt immer weniger Wasser. Nicht nur in diesem Sommer: Zwischen 2010 und
2020 floss die Berliner Stadtspree 211-mal rückwärts. Das ergab eine
Antwort auf eine Anfrage des grünen Abgeordneten Benedikt Lux im Juni.
Im taz-Interview sagt Lux nun: „Wir müssen schauen, dass wir uns weiterhin
selbst versorgen können, denn der Wasserverbrauch in Berlin nimmt seit
einigen Jahren wieder zu.“ Ziel sei es, zu vermeiden, dass sich Berlin wie
etwa Stuttgart mit Wasser von außerhalb versorgen müsse. „Aus Gründen des
Klimaschutzes und der Unabhängigkeit wäre es keine gute Idee, Wasser
künftig per Rohrleitung heranzuschaffen.“
[1][Panketals Bürgermeister Maximilian Wonke (SPD) hat inzwischen
Konsequenzen gezogen]. Ab 1. August dürfen Eigenheimbesitzer in der stark
wachsenden Gemeinde zwischen Berliner Stadtgrenze und Bernau ihre
Swimmingpools zwischen 17 und 21 Uhr nicht mehr befüllen und auch den Rasen
nicht mehr sprengen. „Die vielen Pools zum Beispiel sind stille
Verbraucher, die man oft nicht im Blick hat, die aber auch eine Rolle
spielen, weil täglich größere Mengen Wasser verdunsten“, sagte Wonke vor
Kurzem der Zeit zur Begründung.
Das Thema ist in Panketal mit seinen 21.000 Einwohnerinnen und Einwohnern
durchaus relevant. 90 Prozent von ihnen leben im Eigenheim, zwei von fünf
Eigenheimen haben einen Pool. Aber auch das Bewässern der Rasenflächen
verbraucht viel Wasser. In einem heißen Sommer kommen schon mal 50.000
Liter zusammen, hat Jörg Rechenberg vom Umweltbundesamt ausgerechnet. Das
entspricht etwa dem durchschnittlichen Wasserverbrauch pro Kopf und Jahr in
Deutschland.
## Mehr Anreiz zum Sparen
Benedikt Lux fordert deshalb auch beim Wasser mehr Anreize zum Sparen.
Bislang könne der Senat nur appellieren, sagt der umweltpolitische Sprecher
der Grünen im Abgeordnetenhaus. „Eine gesetzliche Befugnis, etwa
Rationierungen anzuordnen, haben wir im Gegensatz zu anderen Bundesländern
nicht.“ In Notzeiten sei es allerdings erforderlich, „Dinge wie das
Rasensprengen, die Autowäsche oder das Befüllen eines Pools verbieten zu
können“.
Zu denen, die appellieren, gehören inzwischen auch die Kleingärtner. Denn
auch die Planschbecken in den Schrebergartenkolonien verbrauchen viel
Wasser. In heißen Sommern gebe es natürlich das „Bedürfnis nach Abkühlung
und Erfrischung im privaten Badebecken“, heißt es in einer Mitteilung des
Geschäftsführenden Vorstands des [2][Landesverbands Berlin der
Gartenfreunde e.V]. „Auf der anderen [Seite, d. R.] steht die zunehmende
Wasserknappheit, die allen Gartenfreunden in den kommenden Jahren noch
viele Zugeständnisse abverlangen wird.“
Hinzu komme das Problem, dass das Wasser in den Planschbecken, die in den
Kleingärten nicht in den Boden eingelassen werden dürfen, oft mit
Chemikalien versetzt wird, um Algenbildung zu verhindern. Umso wichtiger
sei eine fachgerechte Entsorgung. „Das bedenkenlose Ablassen von
Pool-Abwasser in den Boden ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine schwere
und folgenreiche Umweltsünde, die sogar als Straftat verfolgt werden kann“,
heißt es bei den Gartenfreunden. Zulässig sei nur ein Ablassen des
gebrauchten Poolwassers in die Kanalisation.
Von einer aktuell „extremen Trockenheit“ in Berlin und Brandenburg spricht
der Vorsitzende des Berliner Landesverbands des Bund, Tilmann Heuser.
„Hauptursache dafür sind fehlende Niederschläge und Verdunstung“, sagte
Heuser der taz. „Das führt zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels.“
## Schifffahrt auf eigene Gefahr
Nicht nur in Brandenburg können Flüsse wie die Panke deshalb trockenfallen.
Auch die [3][Dreisam in Freiburg ist nur noch ein Rinnsal]. „Wie kriegt man
die zunehmende Trockenheit mit zunehmendem Wasserverbrauch zusammen?“,
fragt Tilmann Heuser. „Das wird die zentrale Herausforderung in der
Wasserkrise sein.“
Auch die Schifffahrt ist vom Wassermangel betroffen. „Die Wasserstände an
den Pegeln der Oder liegen deutlich unter den mehrjährigen
Vergleichswerten“, teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA)
Eberswalde in der vergangenen Woche mit. „Die Schifffahrt findet momentan
auf eigene Gefahr statt.“
Im brandenburgischen Panketal achtet man inzwischen stark darauf, dass das
Regenwasser nicht mehr abgeleitet, sondern dem Grundwasser zugeführt wird.
Auch die Versiegelung ist ein Thema, dem sich Bürgermeister Wonke
angenommen hat. „Wo wir die rechtlichen Möglichkeiten haben, schauen wir,
dass die Versiegelung der Böden nicht zu groß ist.“
Allerdings gebe es in der Kommune auch einige Baugebiete, die mit Beton und
Pflaster versiegelt worden seien. „In den neunziger Jahren meinte man noch,
man müsste Investoren den roten Teppich ausrollen und sie bauen lassen, wie
sie wollen“, so Wonke. „Das lässt sich nicht mehr so einfach rückgängig
machen. Aber heute achten wir viel stärker darauf.“
24 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-07/hitze-duerre-wassermangel-b…
[2] https://www.gartenfreunde-berlin.de/news/badespass-mit-bedacht-/9158
[3] https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/fotos-niedrigwasser-rhein-ahr-dreis…
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Benedikt Lux
Oder (Fluss)
Lesestück Recherche und Reportage
Gewässerschutz
Wasser
Schwerpunkt Stadtland
Wassermangel
Schwerpunkt Klimawandel
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