# taz.de -- Amazon-Serie „Damaged Goods“: Auf der Suche nach irgendwas | |
> Die Serie „Damaged Goods“ erzählt von den Träumen und Krisen einer Grup… | |
> Endzwanziger. Und setzt dabei auf altbekannte Narrative. | |
Bild: Hauptdarstellerin Sophie Passmann spielt Podcasterin Nola | |
Die Sommermonate sind in der Regel nicht für ihre aufregenden | |
Neuerscheinungen bekannt. Fernsehsender setzen auf Krimi-Wiederholungen | |
oder alte Hollywoodfilme, Unterhaltungs- und Talkshows sind mit wenigen | |
Ausnahmen in der Sommerpause. Und auch Streaminganbieter bringen ihre | |
aufwändig produzierten Serien meist lieber in kälteren Monaten auf den | |
Markt. Der Grund dafür ist naheliegend: Werden die Tage länger und die | |
Temperaturen höher, gucken die Menschen weniger fern. | |
Man kann es also als einigermaßen gewagt bezeichnen, dass Amazon mitten im | |
Hochsommer die Dramedy-Serie „Damaged Goods“ veröffentlicht. Doch außer an | |
dem Veröffentlichungszeitpunkt ist an der Serie wenig gewagt. Die | |
Endzwanziger Mads, Hennie, Tia, Hugo und Nola sind eine Clique, seit sie | |
sich vor 15 Jahren bei der Gruppentherapie kennengelernt haben. Sie wohnen | |
– wie es sich für Coming-of-Age-Serien gehört – in viel zu großen Wohnun… | |
in München und sind alle auf der Suche nach irgendetwas. | |
Nach Erfolg, einer Beziehung, einer neuen Wohnung, einer Aufgabe, Sex oder | |
dem Sinn des Lebens. Es sind alltagsnahe Geschichten, die mit neuen | |
Aspekten und Perspektiven immer wieder erzählt werden können. Doch „Damaged | |
Goods“ setzt stattdessen in den ersten drei Episoden, die der taz vorab zur | |
Verfügung gestellt wurden, auf altbekannte Narrative und baut Figuren mit | |
dem Holzhammer. | |
Mads (Tim Oliver Schultz) ist das Macho-Arschloch. Also so ein Arschloch, | |
dass ihm nur ein dummer Spruch einfällt, als sein bester Freund ihm | |
erzählt, dass er am Arbeitsplatz sexuell belästigt wurde. Und natürlich | |
steht Mads dann irgendwann mit heruntergelassenen Hosen vor seinen | |
Freund*innen. Er hat Chlamydien und muss dann all seinen Sexpartnerinnen, | |
von denen er auch nicht mehr alle Namen kennt, darüber informieren. | |
Natürlich deshalb, weil dieses Narrativ schon Dutzende Filme oder Serien | |
vor „Damaged Goods“ genau so erzählt haben. | |
## Fünf vor Julia Engelmann | |
Sein bester Freund Hugo (Antonije Stankovic) ist das genaue Gegenteil von | |
ihm, er ist schwul, rücksichtsvoll und unsicher. Henni (Leonie Brill) ist | |
die perfektionistische Kleinbürgerin und Tia (Zeyne Bozbay) die energische | |
Künstlerin. Lediglich Nola (Sophie Passmann) bekommt einen Charakter, für | |
den es bei der Beschreibung mehr Worte braucht. | |
Als unfreiwillig exmatrikulierte Studentin agiert Nola als Hobbypsychologin | |
im Freund*innenkreis, an ihrem neuen Arbeitsplatz, dem Baumarkt, und in | |
ihrem Podcast „Damaged Goods“, in dem sie intime Details aus dem Leben von | |
sich und ihren Freund*innen teilt – ohne dass die davon etwas wissen. Das | |
ist stellenweise witzig, wenn sie beispielsweise Kund*innen nicht nur | |
Farb-, sondern auch gleich Beziehungsratschläge im Baumarkt erteilt. Aber | |
teilweise auch sehr peinlich. | |
Beispielsweise wenn sie mit der geklauten Sigmund-Freud-Büste spricht oder | |
mit ihren Freund*innen am Küchentisch sitzt und Dinge sagt wie: „Das | |
Schwierige in unserem Leben ist, dass man sich traut, einen Lebenstraum zu | |
haben und es dann schafft, nicht durchzudrehen, wenn er nicht in Erfüllung | |
geht. Dass ich keine Karriere mehr habe, ist der einfache Teil. Der | |
schwierige Teil ist, dass es offensichtlich völlig normal ist, dass man | |
keine Ahnung mehr hat, wer man ist, wenn man keine Karriere mehr hat.“ | |
Fehlt nur der richtige Rhythmus und schon wäre man bei Julia Engelmann. | |
Spannend wird es immer dann, wenn die Serie aus den altbekannten | |
Geschichten ausbricht. Etwa wenn Henni mit ihrer [1][chronischen Erkrankung | |
Endometriose] konfrontiert wird oder Hugo versucht, sich von der | |
gesellschaftlichen Vorstellung von homosexuellem Sex und der ständigen | |
sexuellen Objektifizierung zu befreien. | |
Doch selbst wenn die Serie an den meisten Stellen durch die altbekannten | |
Geschichten sehr erwartbar ist, guckt man sie am Ende doch gerne weg – und | |
ist damit dann vielleicht genau das Richtige für die heißen Sommermonate. | |
12 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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