# taz.de -- Wirtschaftskrise in Sri Lanka: Nur ein Vorgeschmack | |
> Wegen steigender Lebensmittel- und Energiepreise ist in Sri Lanka die | |
> Regierung zusammengebrochen. Das könnte noch vielen anderen Ländern | |
> passieren. | |
Bild: Wenn kein Benzin mehr da ist, muss man schieben. Sri Lankas Hauptstadt Co… | |
Noch vor wenigen Jahren galt Sri Lanka als Hoffnungsträger in der Region. | |
Der Tourismus florierte, die Mittelschicht wuchs. China und Indien buhlten | |
mit Milliardeninvestitionen um die Gunst der geostrategisch wichtigen | |
Insel im Indischen Ozean. Das lockte auch das internationale Kapital. | |
Was in letzter Zeit [1][in Sri Lanka passierte], könnte allerdings bald | |
auch in vielen anderen Ländern folgen. Das Benzin ging aus, die | |
Energiepreise schossen in die Höhe. Menschen können nicht zur Arbeit, weil | |
Busse nicht mehr fahren. Die Preise für Waren des täglichen Bedarfs sind in | |
unerschwingliche Höhen gestiegen und treiben Millionen in die bittere | |
Armut. Die Inflation bei Lebensmitteln beträgt 57 Prozent. Viele Familien | |
sind auf staatliche Reiszuteilungen und Spenden von Hilfswerken oder | |
Privatpersonen angewiesen. Zehntausende leiden bereits unter Hunger. Von | |
einer „humanitären Krise“, spricht Scott Morris von der Denkfabrik Center | |
for Global Development in Washington. | |
Nun wäre es ein Leichtes, die Sündenböcke in der Herrscherfamilie Rajapaksa | |
zu suchen, die für ihre jahrelange Misswirtschaft bekannt ist. Auch die | |
hohe Auslandsverschuldung des Landes trägt zur Verschärfung dieser Krise | |
bei. Dennoch ist es selten, dass ein Staat mit mittleren Einkommen einen so | |
vollständigen Zusammenbruch erlebt wie derzeit Sri Lanka. Zu solchen | |
Katastrophen kam es bisher eher in extrem armen Ländern wie in Afrika | |
südlich der Sahara oder im kriegsgebeutelten Afghanistan. Nun aber sind | |
auch „mittelständische“ Länder in Gefahr. Die Katastrophe in Sri Lanka ist | |
[2][nur ein Vorgeschmack darauf, was vielen anderen Ländern in den nächsten | |
Monaten ebenfalls droht.] | |
## 1,2 Milliarden von Armut und Hunger bedroht | |
Denn unter den massiv gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen im Zuge | |
der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine leidet die ganze Welt. In den | |
Industrieländern liegt die Inflation bei rund 8 Prozent. In den Ländern des | |
Globalen Südens und auch vielen Schwellenländern betragen die | |
Preissteigerungen 50, 80, in einigen Ländern gar 100 Prozent. Und das | |
ausgehend von einem sehr viel niedrigerem Niveau. Während hierzulande die | |
meisten beim Urlaub und beim Konsum Abstriche machen müssen, geht es für | |
einen Großteil der Weltbevölkerung um die nackte Existenz. | |
Rund 1,6 Milliarden Menschen in 94 Ländern trifft die Krise bei | |
Lebensmitteln, Energie und Finanzsystemen auf mindestens eine Weise, geht | |
aus einem UN-Bericht vom Juni hervor. Etwa 1,2 Milliarden sind akut von | |
Armut und Hunger bedroht. Oft bleibt ihnen also nichts anderes als Protest | |
oder Flucht. | |
11 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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