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# taz.de -- Krise in Sri Lanka: Präsident Rajapaksa geflohen
> Sri Lankas Präsident Rajapaksa soll sich auf den Malediven befinden. Der
> ähnlich unpopuläre Premier Wickremesinghe wird Übergangspräsident.
Bild: Demonstrierende am Mittwoch nach dem Sturm auf den Amtssitz des Premiers
Mumbai taz | Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa ist am Mittwoch vor
den Massenprotesten auf die Malediven geflohen. Kurz zuvor hatte er sein
Amt geschäftsführend an den fast ebenso unpopulären Premierminister Ranil
Wickremesinghe (UNP) übergeben. „Die Menschen sind halb wütend und halb
glücklich“, sagte ein Bewohner aus dem Norden, der ungenannt bleiben
möchte.
Der mehrheitlich tamilische geprägte Norden litt besonders unter dem Regime
der Rajapaksas. Endlich scheint deren Clan aus der Führung des Landes
abgetreten zu sein. Doch wird es jetzt schwer, sie im Ausland für ihre
Taten und katastrophale Misswirtschaft zur Verantwortung zu ziehen.
Mahinda, der älteste der Rajapaksa-Brüder, war bis Mai Premier und ist
bereits untergetaucht.
Als der Aufenthalt von (Ex-)Präsident Gotabaya Rajapaksa seit dem
Wochenende [1][unklar] wurde, scherzten einige schon, dass sie bei der
Behörde für Vermisste während des Bürgerkrieges nachfragen wollten.
Diese bittere Ironie erinnert an die vielen Opfer des langjährigen
Bürgerkiegs. Die Rajapaksa-Brüder hatten sich als Sieger des Krieges
gefeiert, der 2009 mit einer verheerenden Niederlage der Tamil Tigers bei
schweren Menschenrechtsverletzungen beider Seiten endete.
## Auch der koopierte Wickremesinghe ist unbeliebt
Die Massenproteste der letzten Monate gegen die Regierung Rajapaksa hatte
Generationen vereint, war religionsübergreifend und meist friedlich. Doch
an diesem Mittwoch kippte die Stimmung in der Hauptstadt Colombo. Mehrere
Menschen wurden bei Protesten vor dem Büro des Premiers verletzt, als die
Polizei Tränengas und Wasserwerfer einsetzte.
Der Widerstand gegen den von den von den Rajapaksas kooptierten einstigen
Oppositionellen Wickremesinghe ist jetzt groß. Bereits am Wochenende wurde
sein Privathaus in Colombo in Brand gesteckt, am Mittwoch wurde auch noch
das Büro des Premiers gestürmt.
Beide Male war er nicht anwesend. Erzbischof Malcolm Ranjith sowie
buddhistische Führer riefen am Mittwoch zu Frieden und Zurückhaltung auf.
Die Protestbewegung droht ab Donnerstag mit landesweiten Streiks, falls
Rajapaksa und Wickremesinge bis dahin nicht wie von ihnen angekündigt auch
offiziell von ihren Ämtern zurückgetreten sind.
Doch bevor Wickremesinghe geschäftsführend das Präsidentenamt übernahm,
wies er noch die Polizei an, über die Westprovinz, in der die Hauptstadt
Colombo liegt, eine Ausgangssperre zu verhängen. Auch bat er Militär und
Polizei, „das Nötige zu tun, um die Ordnung wiederherzustellen“.
## Realität „spannender wie ein Netflix-Drama“
Ein Komitee aus dem Chef des Verteidigungsstabes und Kommandeuren solle die
Situation „normalisieren“. Zudem erkläre er den [2][landesweiten Notstand].
Zuletzt hatte das Militär recht verhalten reagiert und bei der friedlichen
Besetzung von Gebäuden am Wochenende wie der des [3][Präsidentenpalastes]
nicht eingegriffen.
„Wer braucht diesen Monat schon ein Netflix-Abo für ein politisches Drama
aus Sri Lanka? Ein ganzes Land fiebert bei dieser spannenden Geschichte
mit“, kommentiert Thyagi Ruwanpathirana von Amnesty Sri Lanka die sich
zuspitzende Lage.
Einerseits treibt die Menschen die Hoffnung auf eine neue Regierung an,
andererseits bleibt der Frust. Der bisherige Präsident hat sich zunächst
auf die Malediven abgesetzt, doch die hohe Auslandsverschuldung bleibt dem
Land erhalten.
„Im Namen der Partei SJB habe ich den jungen Protestführern gesagt, dass
wir mit ihren fortschrittlichen Forderungen übereinstimmen, die sich auf
den Wiederaufbau von Demokratie, Menschenrechten und Wirtschaft
konzentrieren. Ich begrüße die Idee eines Volksrats, um sie in die
Gesetzgebung einzubinden“, erklärte der Politiker Harsha de Silva aus dem
Lager von Oppositionsführer Sajith Premadasa.
## Oppositionsführer gilt als möglicher Übergangspräsident
Der 55-jährige Premadasa gilt als möglicher Übergangspräsident, auch wenn
er sich bei der Wahl 2019 nicht gegen Gotabaya Rajapaksa durchsetzen konnte
und im bisherigen Parlament keine Mehrheit hat. Die hält noch die
buddhistisch-nationalistische SLPP der Rajapaksas.
Bis März 2023 sollen jetzt vorgezogene Wahlen stattfinden. Laut
Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena (SLPP) sollen die Abgeordneten
am 20. Juli einen neuen Präsidenten wählen – kaum Zeit, um eine
glaubwürdige Übergangsregierung zu bilden.
13 Jul 2022
## LINKS
[1] /Massenproteste-in-Sri-Lanka/!5864034
[2] /Nach-Unruhen-wegen-Versorgungskrise/!5868330
[3] http://Der%20Palast%20bleibt%20vorerst%20besetzt
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Sri Lanka
Mahinda Rajapaksa
Ranil Wickremesinghe
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Wirtschaftskrise
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