# taz.de -- Paragraf 219a ist abgeschafft: Ein Trippelschritt voran | |
> Das Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche ist Geschichte. Jetzt | |
> braucht es aber auch genug qualifizierte Ärzt*innen. | |
Bild: Viele Jahre hat es gedauert, bis Paragraf 219a endlich abgeschafft wurde | |
Das war es mit [1][Paragraf 219a]. Der Bundestag beschloss am Freitag, das | |
Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche abzuschaffen – endlich. Wie | |
unwürdig war es, dass in Deutschland Ärzt*innen nicht öffentlich darüber | |
aufklären durften, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen und mit | |
welchen Methoden. Und doch ist das Ende dieses Paragrafen nur ein | |
Trippelschritt auf dem Weg zum eigentlichen Ziel: Schwangerschaftsabbrüche | |
müssen auch hierzulande selbstverständlicher Bestandteil der | |
Gesundheitsversorgung werden. | |
Wie es geht, zeigt Spanien. Dort beschloss das Kabinett im Mai ein | |
umfassendes Gesetz zu reproduktiver Gesundheit. Ein Aspekt: Alle | |
öffentlichen Krankenhäuser mit gynäkologischer Abteilung müssen | |
sicherstellen, dass sie Personal beschäftigen, welches Abbrüche durchführt. | |
„Es ist die Pflicht der Regierung und ihr Anliegen, das Recht auf | |
Schwangerschaftsabbrüche im öffentlichen Gesundheitssystem zu sichern“, | |
erklärte Gleichstellungsministerin Irene Montero. | |
In Deutschland hingegen gibt es gerade mal rund 1.100 Ärzt*innen, die | |
Abbrüche durchführen, und ihre Zahl sinkt stetig. Dabei sind [2][Abbrüche] | |
einer der häufigsten Eingriffe in der Gynäkologie. Rund 100.000 davon gibt | |
es im Jahr. Eigentlich sind die Bundesländer verpflichtet, sicherzustellen, | |
dass es genügend Einrichtungen gibt, die Abbrüche vornehmen. So sagt es das | |
Schwangerschaftskonfliktgesetz. | |
In der Realität aber wissen die meisten Landesbehörden nicht einmal, wie | |
viele Stellen es in ihrem Land gibt. Und zahlreiche Krankenhäuser führen | |
den Eingriff außer in medizinischen Notfällen überhaupt nicht durch; vor | |
allem jene in privater – oft kirchlicher – Trägerschaft. Das ist ein | |
Trauerspiel und eine Missachtung des Menschenrechts auf Gesundheit. | |
Die Ampel hat Einiges versprochen, um der immer schlechteren | |
Versorgungslage zu begegnen: [3][Schwangerschaftsabbrüche] sollen | |
kostenfrei werden und Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. Doch | |
ähnliche Pläne wie in Spanien finden sich im Koalitionsvertrag nicht. Dabei | |
hat eine Grünenpolitikerin 2020 ziemlich genau das vorgeschlagen. Doch | |
Baden-Württembergs damalige Sozialstaatssekretärin Bärbl Mielich wurde | |
eilig in die Schranken gewiesen – auch von ihrer eigenen Partei. | |
Hierzulande feiert man sich dafür, ein bizarres und überholtes Gesetz nach | |
fünfjährigem Ringen abgeschafft zu haben. Aber für die wirklich wichtigen | |
Schritte wird dieser Bundesregierung der Mut fehlen. Denn diese bedeuten | |
Kontroverse – und dafür stehen reproduktive Rechte und Gesundheit leider | |
noch immer zu weit unten auf der Prioritätenliste. | |
24 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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