# taz.de -- Fête de la Musique in Berlin: Alyona und die Peacefluencerin | |
> Auf der Fête de la Musique spielten mit Jerry Heil und Alyona Alyona zwei | |
> ukrainische Popstars. Beide touren gerade durch Europa und sammeln | |
> Spenden. | |
Bild: Zu Gast in Berlin: Die ukrainische Musikerin Alyona Alyona (hier eine äl… | |
Berlin taz | Wie zwei Botschafterinnen des ukrainischen Pop stehen Alyona | |
Alyona und Jerry Heil am Dienstagabend Seit’ an Seit’ auf der Bühne am | |
Brandenburger Tor. Die Message der beiden Musikerinnen – die eine ist die | |
berühmteste Rapperin der Ukraine, die andere ein dort landesweit bekannter | |
Popstar – ist eindeutig: „Wir wollen, dass ihr die ukrainische Kultur | |
kennenlernt, wir haben eine reiche Musikkultur“, sagt Jerry Heil. | |
Ihre Kollegin Alyona Alyona fordert auf, in der Unterstützung für ihr Land | |
nicht nachzulassen: „Wir wissen, dass wir diesen Krieg gewinnen werden, | |
aber bitte hört nicht auf, uns zu unterstützen. Die Aufmerksamkeit für den | |
Krieg ist das Wichtigste für uns.“ Anschließend spielen beide [1][einen | |
Song über den Krieg, den sie gemeinsam eingespielt haben]. | |
Berlin ist voller Musik an diesem Tag, zur Fête de la Musique treten | |
etliche Straßenmusiker:innen auf, zahlreiche Bühnen sind über die | |
Stadt verstreut. Doch der Abend für die Ukraine ist etwas Besonderes: | |
Rapperin Alyona Alyona (Aljona Sawranenko) ist gerade erst aus der Nähe von | |
Kyjiw geflohen, nachdem sie einen engen Freund im Krieg verloren hat, und | |
will nun den Sommer über durch Europa touren. | |
Jerry Heil (Yana Shemaeva), die die Ukraine beim Eurovision Song Contest | |
vertreten hat, gibt seit März unentwegt Konzerte in Westeuropa, um Spenden | |
zu sammeln. „Warfluencerin“ wurde sie deshalb auch schon genannt – sie | |
erwiderte darauf, sie sähe sich eher als Peacefluencerin. | |
In Berlin sind geschätzte 1.500 Besucher:innen an der Quadriga | |
versammelt, einige Teenager haben sich ukrainische Flaggen umgehängt. Die | |
ukrainische Community ist hörbar gut vertreten, sie singen die Refrains der | |
Songs von Alyona Alyona mit – doch bei den Passagen, in denen sie ihren | |
Hochgeschwindigkeitsrap auspackt, müssen auch Fans kapitulieren. | |
## „First woman in Rap in Ukraine“ | |
Die 31-Jährige HipHop-Künstlerin, die von Jerry Heil als „first woman in | |
Rap in Ukraine“ vorgestellt wird und aufgrund ihres Körperumfangs auch | |
schon als ukrainische Lizzo bezeichnet wurde, versucht, Optimismus zu | |
verbreiten: „Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, den Planeten | |
zu retten, damit die Kinder eine gute Zukunft haben“, sagt sie vor einem | |
Song, der vom Klimawandel handelt. | |
Auch Jerry Heil spielt einige Solosongs, auch sie rappt zwischendurch, ist | |
mit ihren sanften Pop-Stücken und dem Sopran jedoch meist in leichteren | |
Gefilden unterwegs. Ihre Körpersprache aber ist kämpferisch, sie schlägt | |
sich zwischendurch mit der Faust auf die Brust. | |
Dazu singt sie Songs wie „Москаль Некрасівий“ [2][(„Häs… | |
raus aus der Ukraine!“)] von Verka Serduchka, den sie als Reaktion auf den | |
Krieg kürzlich geremixt hat. Vor der Bühne singt die gelb-blaue Clique den | |
Song begeistert mit. Viral ging in der Ukraine auch Jerry Heils Song | |
„Putin Go Home“, den sie gleich zu Beginn spielt. | |
Als Künstlerinnen haben Alyona Alyona und Jerry Heil durch den Krieg | |
zusammengefunden. Zuletzt haben sie drei gemeinsame Songs eingespielt, nun | |
ist in Berlin auch ein gemeinsamer Song mit der | |
polnisch-ukrainischstämmigen Künstlerin ela. (bekannt vom Trio Elaiza) | |
entstanden. | |
In der Volksfeststimmung, die rund ums Brandenburger Tor bei solchen Events | |
herrscht, ist der Auftritt der ukrainischen Jazzmusikerin Ganna Gryniva | |
leider etwas untergegangen. Die in Berlin lebende Künstlerin eröffnete den | |
Abend, sie interpretierte alte ukrainische Volkslieder neu, und wenn man | |
ihr dabei zuhörte, mit welch stimmlicher Kraft sie diese Songs sang, so | |
hätte man den Umstehenden schon gerne mal zugerufen, einfach mal still zu | |
sein. | |
Gryniva erinnerte daran, dass der Krieg nicht erst im Februar 2022 begann, | |
sondern vor acht Jahren. Den über hundert Toten vom Maidan widmete sie das | |
alte Volkslied „Plyve Kacha“, das häufig zu Ehren der gestorbenen | |
Demonstrant:innen gesungen wird. Ein ergreifender Moment war das. | |
23 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=CgWiW1x5bjM&t=2s | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=s8-h21rk0Co | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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