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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Ewiges Suchen
> In Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut Köln präsentiert das
> Kino Arsenal die Retrospektive „Kinuyo Tanaka, Regisseurin“.
Bild: „Chibusa yo eien nare“ (The Eternal Breasts/Forever a Woman) von Kinu…
Japan, Anfang der 1950er Jahre. Alle schlagen sich mit mehr oder weniger
windigen Geschäften durchs Leben. Nicht wenige Frauen schreiben ihren
Liebhabern aus den USA hinterher, die im Zuge der endenden US-Besetzung
nach Hause verlegt werden. Der ehemalige Marineoffizier Reikichi Mayumi
lebt bei seinem Bruder Hiroshi, der Bücher günstig aufkauft und teuer
verkauft.
Sein Freund von der Marineakademie Naoto Yamaji lebt davon, Liebesbriefe
für japanische Frauen auf Englisch zu schreiben. Durch einen Zufall kreuzen
sich die Wege von Reikichi und seiner Jugendliebe Michiko Kubota erneut.
Michiko wurde während des Krieges von ihrer Stiefmutter in eine ungewollte
Ehe gedrängt. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie nach Tokio und wurde die
Geliebte eines US-Soldaten.
„Koibumi“ (Liebesbrief), das Regiedebüt der japanischen Schauspielerin
Kinuyo Tanaka zeigte 1953 eine japanische Gesellschaft, die sich zur Schuld
am Krieg im Pazifik bekannte und im Wissen der Schuld darum rang, wieder
auf die Füße zu kommen.
Mit gerade einmal 14 Jahren wurde sie von der Produktionsfirma Shōchiku
engagiert, um an dem Historienfilm „Genroku onna“ (Eine Frau aus der
Genroku Ära) mitzuwirken. In den über 50 Jahren bis zu ihrem letzten Film
1976 und ihrem Tod im Jahr darauf spielte Kinuyo Tanaka in über 250 Filmen
mit.
## Vom Schauspiel zur Regie
Ihr Werk als Regisseurin blieb schmal im Vergleich: In den neun Jahren
zwischen 1953 und 1962 drehte sie sechs Filme. Doch diese sechs Filme
machten den Schauspielstar Tanaka zu Japans zweiter Regisseurin. Ihre Filme
liefen auf internationalen Festivals.
Ihr Werk wurde unlängst von den jeweiligen Produktionsfirmen restauriert
und die Japan Foundation verhilft den restaurierten Fassungen nun mit einer
Welttournee der Retrospektiven zu neuerlicher Aufmerksamkeit. Nach
Stationen in New York und Paris präsentiert das [1][Arsenal die
Retrospektive nun in Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut
Köln] in Berlin.
In ihrem Beitrag zu einem Sammelband, der die Wiederentdeckung Tanakas als
Regisseurin begleitet, unterstreichen die Filmwissenschaftlerinnen Irene
González-López und Ashida Mayu, dass Tanakas Debüt vor dem Hintergrund der
konservativen Moralpolitik in der japanischen Politik jener Jahre zu sehen
ist.
Zwei Jahre nach „Koibumi“ rückt Tanaka in „The Eternal Breasts“ das Le…
einer Frau ins Zentrum ihres Films. Fumiko Shimojō lebt auf dem Land
gemeinsam mit ihrem drogenabhängigen Mann und ihren beiden Kindern. Im
Schreiben von Gedichten findet sie eine Form, um ihrem Leiden unter der
Situation Ausdruck zu geben.
Kurz nachdem sie schließlich die Kraft findet, sich von ihrem Mann scheiden
zu lassen, wird Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium bei ihr
festgestellt. Fumiko unterzieht sich einer doppelten Mastektomie, ein
Prozess, den sie in einem Gedichtband reflektiert. Erst in der Zeit, die
ihr verbleibt, findet sie zu dem freien Leben, von dem sie vorher geträumt
hat.
Die Rolle von Frauen in Tanakas Filmen wuchs mit den Jahren. Waren die
Drehbücher zu ihren ersten beiden noch von berühmten männlichen Kollegen –
Mikio Naruse beim ersten, Yasujiro Ozu beim zweiten Film – verfasst worden,
arbeitete sie ab dem dritten Film mit einer Drehbuchautorin.
Ihre letzte Regiearbeit „Love under the Crucifix“ von 1962 wurde geplant
von Nagashima Hisako, einer ehemaligen Sekretärin des Präsidenten von
Shōchiku. Produziert wurde der Film von einer Firma, die drei japanische
Schauspielerinnen gegründet hatten. Kinuyo Tanakas Pionierarbeit hinter der
Kamera schaffte Raum für das Erzählen weiblicher Perspektiven und
vergrößerte die Nischen für Frauen in der japanischen Filmindustrie.
29 Jun 2022
## LINKS
[1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmreihe/kinuyo-tanaka-regisseurin/
## AUTOREN
Fabian Tietke
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