# taz.de -- Filmtipps für Berlin: Frühe Kommunardin | |
> Das Klick Kino zeigt die Lebensgeschichte einer Autorin, die ihrer Zeit | |
> weit voraus war. Im Anime „My Hero Academia“ wird wieder die Welt | |
> gerettet. | |
Bild: Elle Fanning in „Mary Shelley“ ( 2017) | |
Die Britin Mary Godwin (später: Mary Shelley) war als Kind des frühen 19. | |
Jahrhunderts ganz das Produkt des Zeitalters der Aufklärung. 1797 geboren | |
als Tochter der Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft und des für seine | |
anarchistischen Schriften bekannten Autors und Buchhändlers William Godwin, | |
wurde sie mit 16 Jahren bereits die Geliebte des atheistischen, | |
romantischen (und damals auch noch anderweitig verheirateten) Dichters | |
Percy Shelley und reiste mit ihm in manchmal prekären Verhältnissen durch | |
Europa. | |
Als Mary ihr berühmtes Meisterwerk „[1][Frankenstein oder Der moderne | |
Prometheus]“ schrieb, weil sie sich mit Shelley, Lord Byron und John | |
Polidori bei schlechtem Wetter am Genfer See langweilte, war sie gerade | |
einmal 19 Jahre alt. | |
Veröffentlichen konnte sie das Manuskript allerdings nur anonym – angeblich | |
verkaufte sich Schauerliteratur von Frauen nicht gut –, und weil Percy | |
Shelley das Vorwort geschrieben hatte, hielt man es für sein Werk. Doch | |
Mary hatte einen langen Atem: Noch zu ihren Lebzeiten gab es schließlich | |
Neuauflagen von „Frankenstein“ unter ihrem Namen. | |
Die saudi-arabische Regisseurin Haifaa Al Mansour („Das Mädchen Wajda“) | |
betrachtet Mary Shelleys Lebensgeschichte aus der Blickwinkel ihrer | |
Protagonistin (Elle Fanning) und sucht dabei die Parallelen zum modernen | |
Leben unserer Zeit. Dabei bedeutet die weibliche Perspektive nicht, dass | |
die Männer hier nur als eindimensionale Pappkameraden vorkämen. | |
Die Beziehungen sind komplexer Natur: Mit dem Ideal der freien Liebe, dem | |
die Shelleys anhingen (er recht praktisch, sie eher theoretisch), und ihrem | |
Quasi-Kommunenleben mit Marys Halbschwester Claire (die mit Percy eine | |
Affäre hatte und von Lord Byron ein Kind bekam), waren sie ihrer Zeit weit | |
voraus und müssen doch erfahren, dass Männer in einer patriarchalen | |
Gesellschaft ihre Freiheiten sehr viel selbstverständlicher und | |
rücksichtsloser einfordern (können) als die Frauen. | |
Vor diesem Hintergrund wird Marys „Frankenstein“-Roman zum Ausdruck ihrer | |
Erfahrungen mit einem egoistischen Narziss: Die Gefühle des betrogenen | |
Monsters von Wut und Verlassenheit sind ihre eigenen („[2][Mary Shelley]“, | |
13. 7., 20 Uhr, Klick Kino). | |
Eigentlich war für „My Hero Academia – Movie 3: World Heroes Mission“ (R: | |
Kenji Nagasaki) nur ein Eventstart an einem einzigen Tag vorgesehen, doch | |
offenbar gibt es in Berlin ein durchaus an Animes interessiertes Publikum, | |
das weitere Vorstellungen rentabel macht. | |
Wohlgemerkt: Dies ist nicht die Art von Arthouse-Anime, die sonst | |
gelegentlich bei uns in die Kinos kommt, sondern ein greller | |
Action-Blockbuster mit einer nahezu unübersehbaren Anzahl von Figuren, die | |
alle mit fantastischen Sonderkräften ausgestattet sind. Deku, Bakugo und | |
Shoto retten natürlich wieder einmal die Welt im Kampf gegen Superschurken | |
– auch wenn es wie immer kompliziert wird (7. – 11. 7. & 13.7., 14 Uhr und | |
18 Uhr, [3][Kino Intimes]). | |
In eine neue Veranstaltungsrunde geht das Pop-Up-Kino „THF Cinema“ im | |
ehemaligen Flughafen Tempelhof; Spielort wird der Hangar 7 sein, eine Halle | |
mit zwei historischen Flugzeugen. Da lässt es sich dann (auch) gut | |
Klassiker spielen. | |
Wie etwa Billy Wilders „Some Like It Hot“, seinen berühmten Beitrag zum | |
Thema „gender politics“ mit Marilyn Monroe, Tony Curtis und Jack Lemmon | |
sowie dem schönen Fazit: „Nobody’s perfect“ (10. 7., 21.30 Uhr, [4][THF | |
Cinema – Kino im Flughafen Tempelhof]). | |
7 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Ausstellung-zu-Frankensteins-Monster/!5313514 | |
[2] http://www.klickkino.de/programm/buchmittwoch-und-film-mary-shelley/ | |
[3] https://kino-intimes.de/programm.html | |
[4] https://thf-cinema.de/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
## TAGS | |
Filmrezension | |
taz Plan | |
Kolumne Frisch gesichtet | |
Filmkritik | |
Filmrezension | |
Kolumne Durch die Nacht | |
Filmrezension | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Filmtipps für Berlin: Neue und ganz alte Meisterwerke | |
„Parallele Mütter“ zeigt Almodóvar auf dem Höhepunkt seiner Kunst. Im | |
Freiluftkino Pompeji läuft Charlie Chaplins „Modern Times“ als Filmkonzert. | |
Livekonzerte und das Coronavirus: Virustechnisch unvernünftig | |
Die Konzerte der Stars werden nach der Lockdown-Zeit als größere Ereignisse | |
wahrgenommen, als das noch vor der Pandemie der Fall war. Ein teurer Spaß. | |
Filmtipps für Berlin: Verschränkte Karrieren | |
Das Lichtblick zeigt „Poly Styrene–I Am a Cliché“: ein Porträt der | |
einflussreichen X-Ray Spex-Frontfrau. Im b-ware!-Kino geht es um das | |
imperiale Japan. | |
Kinotipp der Woche: Ewiges Suchen | |
In Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut Köln präsentiert das | |
Kino Arsenal die Retrospektive „Kinuyo Tanaka, Regisseurin“. |