| # taz.de -- Eröffnung eines Fluchtmuseums in Dänemark: Die Deutschen von Oksb… | |
| > Nach dem Sturz des NS-Regimes 1945 flüchteten 200.000 Deutsche nach | |
| > Dänemark. Ein Museum an der Westküste beleuchtet ihr kaum bekanntes | |
| > Schicksal. | |
| Bild: Der deutsche Friedhof in Oksbol | |
| Neblig und kühl liegt der Wald an diesem Morgen da. Es ist still. Nur das | |
| gelegentliche Knirschen der Steine auf dem Weg ist zu hören. Links und | |
| rechts wachsen Birken, Tannen, Kiefern und Eichen. Doch manchmal tauchen | |
| zwischen den Bäumen seltsame Objekte auf. Sie wirken verloren und fremd im | |
| Wald. Ein abgebrochenes Kellerfundament. Oder ein rostiger Metallträger, | |
| der vom Moosboden senkrecht dem dänischen Himmel entgegenstrebt. Es sind | |
| Spuren des deutschen Flüchtlingslagers, das hier 1945 errichtet wurde. Das | |
| Lager ist schon lange verschwunden. Die Natur hat sich die Flächen am | |
| Ortsrand von Oksbøl zurückgeholt. | |
| Oksbøl ist ein 3.000-Einwohner-Ort in Jütland. Die Nordseeküste mit den | |
| weiten Stränden liegt nur wenige Kilometer entfernt. Viele Deutsche und | |
| Niederländer verbringen dort gerne ihren Urlaub. Doch um Oksbøl dürften die | |
| meisten Touristen bisher einen Bogen gemacht haben. Die Gemeinde wirkt | |
| verschlafen. Etwas Besonderes scheint es hier nicht zu geben. Kurz nach | |
| Ende des Zweiten Weltkriegs war das ganz anders. Fast über Nacht wurde | |
| Oksbøl zur fünftgrößten dänischen Stadt. Denn binnen weniger Monate kamen | |
| immer mehr Deutsche in die frühere Militärbasis am Ortsrand. Dort, wo heute | |
| ein dichter Wald wächst, standen damals Dutzende Gebäude und Baracken auf | |
| einem abgeschirmten Areal. 35.000 Deutsche lebten zeitgleich in Oksbøl, | |
| davon ein Großteil Vertriebene (siehe Infokasten). Vorher hatte hier eine | |
| Militärbasis der Wehrmacht gestanden. Dann wurde es das größte Lager für | |
| deutsche Flüchtlinge in Dänemark. | |
| In den letzten Kriegsmonaten flohen Millionen Deutsche aus Ost- und | |
| Mitteleuropa vor der heranrückenden Sowjet-Armee. Kaum bekannt ist, dass | |
| eine sehr große Zahl der deutschen Vertriebenen nach Dänemark kam, das bis | |
| zum 5. Mai 1945 durch Nazi-Deutschland besetzt war. Schätzungen gehen davon | |
| aus, dass zwischen 200.000 und 250.000 Deutsche über mehrere Jahre in | |
| Dänemark in Lagern lebten. | |
| Joachim Hanke ist einer von ihnen, auch wenn er als gebürtiger Rostocker | |
| nicht als Vertriebener gilt. Eine Fluchtgeschichte hat er trotzdem. Der | |
| 81-Jährige sitzt zu Hause in Rostock-Warnemünde am Esstisch. Hanke war 1945 | |
| ein kleiner Junge, seine Erinnerungen an die Zeit sind verschwommen. Er | |
| weiß, dass kurz nach seiner Ankunft in Dänemark sein kleiner Bruder krank | |
| wurde und verstarb. Im Gedächtnis geblieben ist Hanke auch, wie er als Kind | |
| durch ein Spalier aus Dänen lief und als „deutsches Schwein“ beschimpft | |
| wurde. Hanke weiß um [1][die Verbrechen der Nazis] im Zweiten Weltkrieg. | |
| Das [2][Leid, das die Deutschen über Europa gebracht haben]. Doch seine | |
| persönlichen Erinnerungen an die Zeit sind vor allem die der Flucht. | |
| Im Herbst 1945 kam die Familie nach Oksbøl. Hanke erinnert sich an den | |
| Pferdestall, in dem seine Familie auf engem Raum untergebracht waren. „Mit | |
| Betonrinnen. Mit Eisen an den Wänden zur Befestigung der Pferde“. Zu essen | |
| habe es meistens dünne Suppen gegeben. Während der kalten Winternächte | |
| hätten sich die Menschen im Pferdestall die alten Leichensäcke der | |
| Wehrmacht übergezogen, um das Gefühl der Kälte zu vertreiben. | |
| Hanke erinnert sich, dass es einen Alltag gab im Lager von Oksbøl. Nicht | |
| nur eine Kirche und eine Schule, sogar ein Theater mit 850 Plätzen standen | |
| den Flüchtlingen offen. „Aber man lebte eben hinter Stacheldraht und unter | |
| starker Bewachung der dänischen Polizei“, sagt Hanke. Kontakt zur dänischen | |
| Bevölkerung jenseits des Zauns war verboten. | |
| Claus Kjeld Jensen wuchs in den 1960er Jahren in einem Nachbardorf von | |
| Oksbøl auf. Mit der Geschichte des deutschen Flüchtlingslagers kam er | |
| erstmals als kleines Kind in Berührung. Damals spielte er häufig unter dem | |
| großen Holztisch seines Großvaters. Der kleine Junge wunderte sich über die | |
| vielen Hakenkreuze auf dem Möbelstück. Er erfuhr, dass der Tisch aus dem | |
| Flüchtlingslager stammte. Sein Großvater hatte ihn nach der Auflösung des | |
| Lagers auf einer Auktion erworben, um ihn fortan in seiner Schneiderei zu | |
| nutzen. „Den Tisch meines Opas gibt es immer noch“, sagt Jensen. „Wir | |
| nutzen ihn als Esstisch und nehmen dort fast alle unsere Mahlzeiten ein.“ | |
| Seit 15 Jahren ist er Direktor der Museen von Varde. Zu der Kommune gehört | |
| auch die Gemeinde Oksbøl. Bereits bei seinem Bewerbungsgespräch für den | |
| Chefposten hat Jensen zwei Ideen skizziert. Einerseits schwebte ihm ein | |
| Museum in den Nordseedünen der Urlaubsgemeinde Blåvand vor. Dort, wo die | |
| Nazis im Krieg eine Bunkeranlage errichtet hatten. 2017 wurde das Museum | |
| eröffnet. Seitdem hat sich der Tirpitzbunker zu einer großen | |
| Touristenattraktion entwickelt. Auf manche Besucher*innen mag das | |
| Konzept etwas verwirrend wirken: Neben dem alten Flakturm werden im Inneren | |
| des Bunkers auch die Natur der Nordsee sowie die Schifffahrt beleuchtet. | |
| Vor dem Betonmonster stehen zwei riesige, sehr echt aussehende Mammuts, die | |
| auch noch Geräusche von sich geben. Trotzdem – oder gerade deswegen – hat | |
| sich der Tirpitzbunker zu einem großen Magnet für Besucher*innen | |
| entwickelt. | |
| Jensens zweite Idee war die eines Museums, das die Geschichte der deutschen | |
| Flüchtlinge von Oksbøl erzählt. Zehn Jahre dauerten die Planungen und die | |
| Suche nach Geldgebern. Nun steht das Projekt unmittelbar vor dem Abschluss. | |
| An diesem Samstag wird das neue Fluchtmuseum auf dem früheren Lagergelände | |
| feierlich eröffnet. Nicht nur die dänische Königen Margrethe II. wird in | |
| Oksbøl erwartet. Auch der deutsche Vizekanzler Robert Habeck wird anreisen. | |
| Selbst von den Leuten, die heute nah an dem früheren Lagergelände wohnen, | |
| wüssten nur wenige von der Geschichte, sagt Jensen. Für ihn ist Oksbøl ein | |
| besonderer Ort. Weil sich hier eine ethisch sehr spannende Frage | |
| diskutieren lässt: „Wie geht man um mit Menschen aus einem Land, das | |
| gestern noch dein Feind war? Und am nächsten Tag plötzlich humanitäre Hilfe | |
| braucht?“ | |
| Als am 5. Mai 1945 Dänemark befreit wurde, atmeten die Menschen im | |
| Königreich auf. Die deutschen Wehrmachtsoldaten verließen rasch das Land. | |
| Doch allmählich wurde der Regierung in Kopenhagen klar, dass sie nun ein | |
| neues, ganz anderes Problem hatte. Es war die Frage, wie sie umgehen sollte | |
| mit den Deutschen, die zum Ende der Besatzungszeit ins Land kamen – und | |
| blieben. Denn schnell hatten die Siegermächte klar gemacht: Wir können | |
| nicht auch noch diese Flüchtlinge aufnehmen im zerbombten | |
| Nachkriegsdeutschland. Auch Joachim Hanke musste sich an diesen Gedanken | |
| gewöhnen. | |
| Nur wenige Minuten dauert die Fahrt mit dem Fahrrad von seinem Wohnhaus in | |
| Warnemünde ans Ostseeufer. Hanke stoppt an einer Kaimauer. Und schaut einer | |
| großen weißen Fähre nach, die gerade ausläuft in Richtung Schweden. Als | |
| kleiner Junge ging Hanke zusammen mit seiner Familie fast genau an dieser | |
| Stelle an Bord eines Minensuchboots. Die Bevölkerung von Rostock war kurz | |
| vor Kriegsende aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen. Einige | |
| Kilometer sei damals das Schiff vom Ufer entfernt gewesen, als die | |
| sowjetischen Panzer anrollten. „Ich habe die Geschosse in Erinnerung, die | |
| vor uns ins Wasser plumpsten“, sagt Hanke und schaut hinaus in Richtung | |
| Meer. | |
| An Bord des Minensuchbootes seien viele Familien gewesen, die bereits | |
| länger auf der Flucht waren und ihre ostpreußische Heimat verlassen hatten. | |
| Die Hankes dagegen dachten, dass sie schon nach ein oder zwei Tagen wieder | |
| zurück nach Warnemünde könnten. Allerdings wurde schnell klar, dass das | |
| nicht ging. Die Einfahrt in Kiel wurde verweigert, weil der Hafen überfüllt | |
| war. Nun steuerte das Boot in Richtung Dänemark, das zu diesem Zeitpunkt | |
| noch von Nazi-Deutschland besetzt war. Unterwegs sei das Schiff unter | |
| Beschuss gekommen von Flugzeugen der Alliierten, erzählt Hanke. | |
| In Nyborg auf der Insel Fünen erreichte die Familie schließlich dänischen | |
| Boden. Bevor es später nach Oksbøl weitergehen sollte, wurden die Hankes in | |
| einem von der Wehrmacht besetzten Schloss auf der Insel untergebracht. Auf | |
| sehr engem Raum habe man auf dem Boden auf Stroh geschlafen. Rasch wurden | |
| er und sein Bruder krank. Der Einjährige habe noch eine Spritze durch einen | |
| dänischen Arzt bekommen. Doch er überlebte die Krankheit nicht. Hanke | |
| erinnert sich daran, „dass dann mein Bruder eigentlich meiner Mutter aus | |
| den Armen gerissen wurde und auf dem Friedhof in Nyborg begraben wurde“. | |
| Starb sein Bruder, weil die dänischen Ärzte sich weigerten, rechtzeitig | |
| Hilfe zu leisten? Diese Frage hat sich Joachim Hanke immer wieder gestellt. | |
| Auch in Oksbøl drängt sich diese Frage auf. 1.796 Personen liegen dort auf | |
| dem deutschen Friedhof begraben. 121 von ihnen waren deutsche Soldaten. | |
| 1.675 waren Flüchtlinge. In Hunderten Gräbern sind Jugendliche und Kinder | |
| beigesetzt. Viele wurden nur ein paar Monate alt. In den letzten zwei | |
| Jahrzehnten wurde immer wieder über die Verantwortung der dänischen Ärzte | |
| 1945 diskutiert. Ausgangspunkt dafür waren die Untersuchungen der dänischen | |
| Ärztin Kirsten Lyloff. Letztendlich seien dänische Behörden und Ärzte | |
| verantwortlich für den Tod Tausender deutscher Kinder 1945, so Lyloffs | |
| Vorwurf. Denn Deutschland galt damals als Feind. Und eine Behandlung der | |
| Kinder wäre als Kollaboration mit dem gefallenen Nazi-Regime gesehen | |
| worden. Doch Lyloffs Aussage ist stark umstritten. | |
| Es habe dänische Ärzte gegeben, die aus Angst vor der Widerstandsbewegung | |
| in den letzten Kriegsmonaten die Behandlung deutscher Kinder verweigerten, | |
| sagt Museumsdirektor Claus Kjeld Jensen. Doch dies habe sich schlagartig | |
| nach Kriegsende verändert und die Behandlung der deutschen Flüchtlinge | |
| insgesamt sei besser geworden. Dass sich im Königreich der Blick auf die | |
| eigene Rolle während der deutschen Besetzung und nach der Befreiung | |
| verändert, hat vor einigen Jahren bereits der Spielfilm „Unter dem Sand“ | |
| gezeigt. Er erzählt von jungen deutschen Kriegsgefangenen, die nach | |
| Kriegsende zur Räumung der Minen an den dänischen Stränden gezwungen | |
| wurden. Dutzende Jugendliche wurden dabei getötet. Mit dem neuen | |
| Fluchtmuseum in Oksbøl könnte sich der Blick darauf nochmals verändern. | |
| Die Ausstellungsräume liegen in dem früheren Krankenhausgebäude des Lagers. | |
| Die flachen Bauten aus rotem Backstein gehören zu den wenigen Gebäuden, die | |
| dort heute noch erhalten sind. Sie wurden in den letzten Monaten | |
| restauriert und für das Museum hergerichtet. Als Eingangsportal wurde ein | |
| markanter Rundbau neu errichtet. Entworfen hat ihn der dänische | |
| Stararchitekt Bjarke Ingels. Innen dominieren helle Holzpfeiler, die den | |
| Raum ähnlich wie ein Kirchengewölbe tragen. | |
| Das neue Fluchtmuseum in der Provinz soll nicht nur die Zeit der deutschen | |
| Flüchtlingslager beleuchten. Sondern auch das Thema Flucht insgesamt | |
| betrachten.“Warum verlassen Menschen ihr Heimatland? Was heißt es, auf der | |
| Flucht zu sein?“, das seien Fragen, die behandelt werden sollen, sagt | |
| Museumsdirektor Jensen. Nicht um Zahlen solle es gehen, sondern um | |
| Gesichter und Geschichten. Auch wolle man zeigen, was es heißt, in einem | |
| anderen Land anzukommen und nicht zu wissen, ob es wieder zurück in die | |
| Heimat geht. Es geht also um das Thema Flucht in der Vergangenheit, aber | |
| auch in der Gegenwart. Und so finden sich in der neuen Ausstellung nicht | |
| nur nachgebaute Wohnzimmer, die einen Blick ermöglichen in den Alltag einer | |
| ostpreußischen Familie kurz vor der Flucht 1945. Auch ein syrisches | |
| Wohnzimmer wird gezeigt. Und es wird viele Porträts von Menschen geben, die | |
| in den letzten Jahrzehnten überall auf der Welt ihr Heimatland verlassen | |
| mussten. Sie stammen zum Beispiel aus Bosnien, Vietnam oder aus | |
| Afghanistan. | |
| Jensen weiß, dass das Vorhaben ambitioniert ist. Nicht nur, weil damit bei | |
| einem sehr komplexen Thema der Bogen über einen langen Zeitraum gespannt | |
| wird. Sondern auch, weil über das Thema gerade in Dänemark schon lange mit | |
| harten Bandagen gestritten wird. Seit Jahren verfolgt die Politik in | |
| Kopenhagen immer stärker einen Abschottungskurs gegenüber Geflüchteten. | |
| Auch die Sozialdemokraten tragen diese Position mit. Und konnten auch | |
| deswegen mit Mette Frederiksen 2019 die Wahl gewinnen und wieder an die | |
| Regierung kommen. | |
| Von der Geschichte der Deutschen in Oksbøl hat Chan Hlum noch nichts | |
| gehört. Auch das Museumsprojekt ist dem Mann aus Myanmar bisher nicht | |
| bekannt. Doch natürlich registriert Hlum, dass die Stimmung in Dänemark | |
| immer rauer wird und mit Ressentiments gegenüber Flüchtlingen und | |
| Einwanderern parteiübergreifend Politik gemacht wird. Haben die Menschen in | |
| Dänemark Angst vor Flüchtlingen? Nein, sagt Chan Hlum. „Ich glaube, dass | |
| sie die Menschen gut behandeln wollen. Natürlich kann es auch einige | |
| geben, die Angst haben. Aber das sind nicht alle.“ | |
| Hlum ist Ende 40. Vor knapp 20 Jahren flüchtete er zusammen mit seiner Frau | |
| aus Myanmar nach Dänemark. Inzwischen leben die Eltern von zwei Kindern | |
| eine halbe Autostunde von Oksbøl. Rebecca – die ältere der zwei Töchter – | |
| sieht den Umgang mit Flüchtlingen in Dänemark deutlich kritischer als ihr | |
| Vater. Sie ist im Königreich geboren und sieht Dänemark als ihr Heimatland. | |
| Sie hat viele dänische Freunde und spricht perfekt Dänisch. Und trotzdem | |
| findet Rebecca es schwer, sich in die dänische Gesellschaft zu integrieren. | |
| „Man fühlt sich immer außen vor. Egal, wie lange wir schon hier sind oder | |
| bleiben werden.“ Die 17-Jährige ärgert sich darüber, dass in sozialen | |
| Netzwerken schnell Stimmung gemacht wird gegen Flüchtlinge. Und bereits ein | |
| kleiner Fehltritt zur Verallgemeinerung genutzt werde. Und sei es auch nur, | |
| dass sich zwei Leute anschreien. „Dann wird gesagt: Wenn die sich so | |
| benehmen, dann benehmen sich alle so, die nicht dänisch sind! Und das finde | |
| ich schade …“ | |
| Rebecca freut sich darüber, dass Dänemark viele Geflüchtete aus der Ukraine | |
| aufnimmt. Eine ähnliche Willkommensbereitschaft hätte sie sich 2015 und | |
| 2016 auch für die Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan gewünscht, die | |
| sich damals auf den Weg ins Königreich machten. Am Esstisch sitzen an | |
| diesem Abend auch Rebeccas Schwester Elisabeth und ihre Mutter. Beide | |
| verfolgen die Unterhaltung interessiert. Aber halten sich mit Kommentaren | |
| zurück. Anders Bo Nyegaard. Der 77-Jährige engagiert sich schon lange in | |
| der Flüchtlingsarbeit und hat den deutschen Reporter mit der Familie Hlum | |
| bekannt gemacht. | |
| Vielleicht liegt es an den Verlustängsten, dass die Menschen in Dänemark | |
| immer häufiger skeptisch sind bei der Aufnahme von Flüchtlingen, mutmaßt | |
| Nyegaard. „Die Leute in meinem Alter und etwas jünger, die fragen sich: | |
| Behalte ich meinen Job? Kriege ich weiterhin mein Geld oder muss ich kürzer | |
| treten?“ Er kenne Flüchtlinge, die gelernt hätten, wie man sehr gut Geld | |
| aus dem dänischen System ziehe, ohne zu arbeiten. Es seien nur wenige, aber | |
| es gebe sie halt auch, sagt der Rentner. | |
| Ob das neue Fluchtmuseum in Oksbøl an solchen Diskussionen etwas ändert, | |
| wird sich zeigen. Man wolle nicht die eine Perspektive zeigen oder sich mit | |
| der Sicht einer NGO gemeinmachen, sagt Museumsdirektor Jensen. Und doch ist | |
| es ihm wichtig, dass die Politik eines versteht: dass das Thema Flucht ein | |
| sehr großes und drängendes Problem sei. Knappe 90 Millionen Menschen seien | |
| weltweit auf der Flucht, mahnt Jensen. „Das Problem wird nicht | |
| verschwinden, indem man einfach die europäischen Grenzen schließt. Wir | |
| müssen uns mehr Mühe geben, die Krise zu lösen, anstatt neue zu schaffen!“ | |
| Auch Joachim Hanke hofft, dass das neue Museum in Jütland Menschen dabei | |
| helfen kann, die eigenen Vorurteile zu überdenken. Und in Dänemark ein | |
| vergessenes Kapitel zu beleuchten. Hanke ist in den letzten Jahren immer | |
| wieder auf der Ostsee gewesen mit seinem Sportboot. Hat zusammen mit seiner | |
| Frau oft dänische Häfen angelaufen und die dänische Gastfreundschaft | |
| genossen. Doch eines hat ihn in den vielen Gesprächen vor Ort immer | |
| irritiert: Die Geschichte der deutschen Flüchtlinge scheint in Dänemark | |
| kaum bekannt. „Es wurde offensichtlich nichts publiziert. Weder in den | |
| Schulen noch in der Literatur“, sagt er. Hanke plant, an diesem Samstag zur | |
| Eröffnung des Fluchtmuseums nach Oksbøl zu reisen. | |
| 25 Jun 2022 | |
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| Johannes Kulms | |
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