| # taz.de -- Aufnahme von Menschen aus Russland: Hilfe für Oppositionelle | |
| > Wer sich in Russland gegen den Kreml stellt, begibt sich in Gefahr. | |
| > Deutschland will bedrohten Menschenrechtsaktivist*innen Schutz | |
| > bieten. | |
| Bild: Gefährdete Oppositionelle: Antikriegsproteste in St. Petersburg im März… | |
| Berlin taz | Tausende wurden bei Demonstrationen gegen die russische | |
| Invasion im Nachbarland Ukraine festgenommen, kritische Medien geschlossen, | |
| das Wort „Krieg“ in Bezug auf die Ukraine unter Strafe gestellt: Wer sich | |
| in Russland gegen den Kreml und seinen Angriff auf das Nachbarland stellt, | |
| begibt sich in Gefahr. Nun hat die Bundesregierung sich auf Kriterien für | |
| die Aufnahme von Menschen geeinigt, die besonders gefährdet sind. | |
| „Die immer brutalere Aggression Russlands gegen die Ukraine wird von immer | |
| stärkerer Repression nach innen begleitet, insbesondere gegen die Presse, | |
| gegen Menschenrechtler und Oppositionelle“, sagte Bundesinnenministerin | |
| Nancy Faeser (SPD) am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatten die | |
| Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet, Faesers Ministerium habe sich | |
| mit dem Auswärtigen Amt und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur | |
| und Medien darauf geeinigt, welche Personengruppen sie als besonders | |
| gefährdet betrachten. | |
| Statt nur eines auf 90 Tage begrenzten Schengenvisums sollen konkret | |
| bedrohte Betroffene nach einer Einzelfallprüfung demnach schneller, | |
| unbürokratischer und für einen längeren Zeitraum eine Aufenthaltserlaubnis | |
| für Deutschland bekommen. Möglich ist das auf Grundlage von Artikel 22 im | |
| Aufenthaltsgesetz, der eine Aufnahme „aus völkerrechtlichen oder dringenden | |
| humanitären Gründen“ und „zur Wahrung politischer Interessen der | |
| Bundesrepublik Deutschland“ ermöglicht. | |
| Helfen soll dies Oppositionellen oder Mitarbeitenden von | |
| Menschenrechtsorganisationen, die in Russland als „ausländische | |
| unerwünschte Organisationen“ eingestuft wurden – [1][was die Zusammenarbeit | |
| mit ihnen unter Strafe stellt]. Ebenso gelten sollen die Regelungen für | |
| gefährdete Wissenschaftler*innen und [2][Journalist*innen]. | |
| ## Sorge vor „akribischen Einzelfallprüfungen“ | |
| „Wir bieten Russinnen und Russen, die verfolgt und bedroht werden, in | |
| Deutschland Schutz“, sagte Faeser. „Und wir werden insbesondere russischen | |
| Journalistinnen und Journalisten die Möglichkeit geben, von Deutschland aus | |
| frei und unabhängig zu berichten.“ | |
| „Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung nicht schneller gehandelt | |
| hat, sondern das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium sich erst | |
| wochenlang über Details gestritten haben“, sagte Clara Bünger, | |
| fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, der taz. Die nun | |
| angekündigten „akribischen Einzelfallprüfungen“ ließen mit Blick auf eine | |
| großzügige Aufnahme „nichts Gutes hoffen“, so Bünger. | |
| Auch gebe es nach wie vor keine Lösungen für Oppositionelle, | |
| Medienschaffende und Aktivist*innen, die sich bereits mit einem regulären | |
| Touristenvisum in Deutschland aufhalten. Bünger forderte von der diese | |
| Woche stattfindenden Innenministerkonferenz, auch dieser Gruppe | |
| unkompliziert „den Schutz zu bieten, den sie dringend benötigt“. | |
| In der vergangenen Woche hatte das Bundesinnenministerium im Innenausschuss | |
| des Bundestags außerdem klargestellt, dass bei [3][Asylgesuchen durch | |
| russische Deserteur*innen] derzeit „in der Regel von drohenden | |
| Verfolgungshandlungen“ ausgegangen werden könne – auch ohne, dass im | |
| konkreten Einzelfall eine drohende Beteiligung an Kriegsverbrechen | |
| nachzuweisen sei. | |
| ## Schutz auch für Deserteur*innen | |
| In einer Stellungsnahme des Ministeriums heißt es dazu: „Da bereits die | |
| Bezeichnung ‚Krieg‘, bezogen auf den Angriff auf die Ukraine, in der | |
| Russischen Föderation als oppositionelle politische Darstellung geahndet | |
| werden kann, kann eine Desertion – als aktives Bekunden gegen die | |
| Kriegsführung – als Ausdruck einer oppositionellen Überzeugung gewertet | |
| werden.“ | |
| Pro Asyl begrüßte die Ausführungen, kritisierte aber, dass diese sich nur | |
| auf Deserteur*innen beziehen, nicht aber auf Menschen, die vor dem | |
| Wehrdienst flüchten, und auch nicht für belarussische oder ukrainische | |
| Soldat*innen oder Wehrdienstpflichtige, die vor einer möglichen | |
| Beteiligung am Krieg in der Ukraine fliehen. Es fehle ein „ein klares | |
| Bekenntnis der Bundesregierung zum Menschenrecht auf | |
| Kriegsdienstverweigerung“, erklärte die Organisation. | |
| 30 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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