# taz.de -- Cem Özdemirs Fleischlabel: Das Schnitzel hat seinen Preis | |
> Das geplante Tierwohllabel hat einige Schwächen. Aber es lenkt den Blick | |
> darauf, was in der Debatte um Fleischpreise reichlich schief läuft. | |
Bild: Viel Auslauf an der frischen Luft: Bioschweine auf einer Weide in NRW | |
Schnitzel werden Luxus. Auch das noch! Der grüne Bundesagrarminister, Cem | |
Özdemir, selbst Vegetarier, will den Leuten das Fleisch nur madig machen. | |
Er schlägt jetzt eine Kennzeichnung für Fleisch vor, damit man sieht, wie | |
es dem Tier, das dies geliefert hat, ergangen ist im Leben. So eine Art | |
Warnhinweis wird das. „Vorsicht! – Wenn Sie Fleisch aus dieser | |
Billig-Billig-Haltung essen, bekommen Sie ein richtig fettes schlechtes | |
Gewissen.“ | |
Ja, die Geschichte lässt sich so erzählen. Sie stimmt nur nicht. Es gibt | |
gute Gründe, [1][Özdemirs Fleischlabel] nicht so gut zu finden: Es bezieht | |
sich erst einmal nur aufs Schwein. Warum nicht gleich auch auf Rind und | |
Huhn? Restaurants müssen nicht mitmachen, Gäste werden also nicht unbedingt | |
wissen, was ihnen aufgetischt wird. | |
Und wieso hat das eigentlich so viele, nämlich fünf Stufen, wobei die erste | |
allein den gesetzlichen Mindeststandard voraussetzt? Wäre es nicht | |
übersichtlicher, wenn nur die besten Formen gekennzeichnet würden? Darüber | |
muss gestritten werden, das sind entscheidende Details. | |
Auch über den Zwei-Klassen-Mampf ist zu reden. Darüber, dass sich manche am | |
Monatsende vielleicht gar kein Fleisch und nur noch Toastbrot leisten | |
können. Aber wann ist die soziale Frage schon mal ein Thema, etwa in einer | |
Talkshow? Eben. Auffällig anders wird das erst, wenn es darum geht, dass | |
sich Produktions- und Lebensweisen ändern sollen für den Klimaschutz, für | |
die Rettung der Biodiversität, für das Tierwohl. [2][Dann gibt es | |
zuverlässig diesen Aufschrei]: Wie unsozial ist das denn? Wie soll sich das | |
die alleinerziehende Krankenschwester leisten (es sind gern die | |
alleinerziehenden Krankenschwestern, die herangezogen werden). | |
## Teure Folgen durch Tierhaltung | |
Es geht dann aber nicht um eine neue, eine andere, gerechtere Familien- und | |
Sozialpolitik, sondern: Es soll sich bitte nichts ändern. Das ist der | |
eigentliche Luxus. Wenn die Tiere dicht gedrängt zusammen in einem Stall | |
stehen, mit Soja und Mais gefüttert sowie mit Antibiotika behandelt werden, | |
dann verursacht das teure Folgen wie Antibiotika-Resistenzen beim Menschen | |
und die Erderhitzung. | |
Und es geht auch für das Leben auf dem Land nicht ohne Veränderung. Immer | |
mehr Bäuerinnen und Bauern fürchten um ihre Existenz, machen ihre Höfe | |
dicht. Sie brauchen eine Regierung, die für das Leben auf dem Land eine | |
neue Idee entwirft. Cem Özdemir verspricht, die Tierhaltung in Deutschland | |
halten zu wollen. Er will dem Dorfsterben etwas entgegensetzen und den | |
radikalen Kräften wie der AfD dort. Das darf etwas wert sein. Das teurere | |
Schnitzel ist kein Luxus. Es ist der richtige Preis. | |
7 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/tierhaltungskennzeichnung-von… | |
[2] /Kritik-an-Vorschlag-von-Minister-Oezdemir/!5824179 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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