# taz.de -- Guter Deal für den Küstenschutz: Schlick für den Deichbau | |
> Seitenbereiche der Elbe verlanden. Deshalb wird geprüft, ob der Schlick | |
> für den Deichbau verwendet werden kann. Ein Problem könnten Schadstoffe | |
> sein. | |
Bild: Hier kommt in den nächsten Jahren wohl noch eine Schippe Klei drauf: Dei… | |
HAMBURG taz | Die Seitenbereiche der Elbe verlanden zusehends. Um dem zu | |
begegnen, hat der Landkreis Stade ein Pilotprojekt gestartet, aus Schlick | |
Klei für den Deichbau zu gewinnen. Das hätte einen mehrfachen Nutzen: Dem | |
Elbstrom würde ein Zuviel an Sediment entnommen, Hafenzufahrten und | |
Flachwassergebiete blieben erhalten und zugleich würde wertvolles | |
Dichtungsmaterial für den Hochwasserschutz gewonnen. Angedacht ist ein | |
Abbau auch auf Hamburgs Gefängnisinsel [1][Hahnöfersand]. | |
Die wiederholten Elbvertiefungen der vergangenen 200 Jahre haben mitten im | |
Strom eine Art Schifffahrtskanal geschaffen, in den mehr Sediment | |
stromaufwärts gespült als ausgetragen wird. Das führt dazu, dass links und | |
rechts von der Hauptströmung die Seitenarme und Nebenflüsse verlanden. | |
Im Landkreis Stade betrifft das die Elbfähre Wischhafen – Glückstadt, wo | |
immer mehr gebaggert werden muss, um die Zufahrt frei zu halten. Das | |
ausgebaggerte Sediment wird normalerweise in der Elbe verklappt oder an | |
Land deponiert. Aber verklapptes Sediment schwappt zurück und das | |
Deponieren braucht Platz und ist teuer. | |
So ist die Idee entstanden, den Schlick [2][für den Deichbau zu verwenden]. | |
Denn der Klei, der fruchtbare Marschboden, der für die dichte Abdeckung der | |
Deiche verwendet wird, ist nur entwässerter Schlick und könnte auf diese | |
Weise geschont werden. Der Stader Landrat Kai Seefried verspricht sich | |
davon eine „Win-win-Situation“. | |
## Klei gilt als rarer Stoff | |
Um zu Klei zu werden, müsste der Schlick auf ein Spülfeld gepumpt werden | |
und über mehrere Jahre trocknen. Das setzt aber voraus, dass der Schlick | |
ausreichend feine Tonmineralien und nicht zu viel Sand enthält. „Erste | |
Probennahmen und anschließende Korngrößen-Analysen ergaben noch nicht die | |
erhofften Ergebnisse“, teilt der Landkreis mit. Die Schadstoffbelastung | |
hingegen habe sich nach den Analysen des Niedersächsischen Landesbetriebes | |
für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als unproblematisch | |
erwiesen. | |
Ein ähnliches Projekt wie in Stade gibt es an der Ems. „Hier geht es | |
konkret darum, das Sediment als wertvolles Material zu nutzen für den | |
Aufbau von Flächen vor und hinter dem Deich“, sagt Niedersachsens | |
Umweltminister Olaf Lies (SPD) im vergangenen August. Dazu wurde Schlick | |
aus der Ems im Rheiderland auf einen Acker gespült. Zusätzlich ist geplant, | |
Kleivorräte für den Deichbau anzulegen. | |
„Für uns ist Klei ein unheimlich wichtiger und zugleich rarer Stoff“, sagt | |
Wilhelm Ulferts, Oberdeichrichter in einem Abschnitt des Alten Landes an | |
der Elbe. Zusammen mit dem Elbfischer Lothar Buckow hatte er die Idee, auf | |
der Elbinsel Hahnöfersand vor Hamburg „Klei-Pütten“ anzulegen. | |
## Material muss schadstofffrei sein | |
Dort hätte das einen besonderen Charme, denn die Insel ist vor knapp 20 | |
Jahren zu zwei Dritteln abgebaggert worden, um einen Ausgleich für die | |
Erweiterung des Airbus-Werks in der Elbbucht Mühlenberger Loch zu schaffen. | |
Der Fischer Buckow beobachtet in seinem Arbeitsalltag, wie die neu | |
geschaffenen Flachwasserzonen verlanden. Dem könnte der Klei-Abbau | |
entgegenwirken. | |
Voraussetzung ist allerdings, dass das Material unbedenklich ist. „Wir | |
holen uns kein Gift in den Deich“, versichert Oberdeichrichter Ulferts. | |
Schon aus Gründen der öffentlichen Vermittelbarkeit komme für ihn daher | |
auch kein Material aus der [3][Hamburger Aufbereitungsanlage Metha] in | |
Frage. | |
Die [4][Metha wurde vor allem gebaut], um den weniger belasteten Sand vom | |
stark belasteten Schlick zu trennen. Die [5][Belastung der Schwebstoffe im | |
Hamburger Hafen hat in den vergangenen 30 Jahren jedoch stark abgenommen]. | |
Die Hamburger Hafenverwaltung befasst sich mit Überlegungen, eventuell | |
gering belastetes Material für den Deichbau zu verwenden. | |
„Aufgrund der Belastung der Sedimente mit Schwermetallen und organischen | |
Schadstoffen, sieht die Freie und Hansestadt Hamburg von der Verwendung von | |
Baggergut im Deichbau ab“, sagt die Hamburger Umweltbehörde zum derzeitigen | |
Stand der Dinge. Der Stadt stehe derzeit ein ausreichender Vorrat an Klei | |
zur Verfügung. | |
Das NLWKN bestätigt, dass die Buchten auf Hahnöfersand „stark | |
aufgeschlickt“ sind. Zur ökologischen Aufwertung solle eine Rinne gebaggert | |
werden, um hier einen Flachwasserbereich mit Anbindung an die Elbe zu | |
schaffen. „Der hierbei gewonnene Schlick könnte möglicherweise für den | |
Deichbau verwendet werden“, teilte der Landesbetrieb mit. | |
30 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-um-neues-Gefaengnis-in-Hamburg/!5717761 | |
[2] /Baggergut-aus-dem-Hamburger-Hafen/!5831848 | |
[3] https://www.hamburg-port-authority.de/de/themenseiten/metha/ | |
[4] /Hafenschlick/!5260586 | |
[5] https://www.ikse-mkol.org/themen/gewaesserguete/112 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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