| # taz.de -- Jagdbeute zum Selberzüchten: Ausgesetzt und frei zum Abschuss | |
| > Im Landkreis Nienburg werden offenbar Entenküken ausgesetzt und | |
| > angefüttert, um sie später zu jagen. Richtig illegal ist das in | |
| > Niedersachsen nicht. | |
| Bild: Sehen süß aus und sind auch bei Jäger*innen beliebt: junge Enten | |
| Bremen taz | Gut 20 Enten, vielleicht noch ein paar mehr, schwimmen in | |
| einer Gruppe, ein weiteres Dutzend kommt hinzu. Das Video auf Youtube ist | |
| unscharf, aber ja, es scheint sich [1][um junge Enten] zu handeln: Männchen | |
| und Weibchen lassen sich noch nicht unterscheiden. Alle sind etwa gleich | |
| groß; eine Mutterente ist nicht zu erkennen. | |
| Das Video stammt vom Verein Pro Fuchs – und zeigt dem Verein zufolge | |
| Entenküken, die von Jägern ausgesetzt wurden. Insgesamt rund 70 Enten, so | |
| vermutet Vereinssprecher Johann Beuke, habe man in dem Gewässer bei Uchte | |
| in Nienburg ausgewildert. Der Zweck dahinter, so sein Vorwurf: eine fette | |
| Beute für die Jagd im Herbst. | |
| „Entenstrich“ heißt eine Jagdform, bei der sich Jäger*innen zur | |
| Dämmerung rund um ein Schlafgewässer der Enten verteilen. Wenn die Enten | |
| dann in langer Strichformation zur Nachtruhe nach Hause fliegen, wird | |
| geschossen. „Alljährlich“, schreibt das Jägermagazin im Dezember 2021, | |
| „fiebert der passionierte Niederwildjäger dem abendlichen Entenstrich | |
| entgegen, wo er die Früchte seiner Hege erntet“. | |
| „Hege“, meint Beuke von Pro Fuchs, „das klingt so positiv, nach Naturschu… | |
| irgendwie. Aber es heißt nur, dass im Frühjahr gesät wird und im Herbst | |
| dann geerntet. Das ist blutig und wild“, so der Jagdkritiker. | |
| ## Aussetzen und anfüttern ist erlaubt | |
| [2][Das Vorgehen bringt] laut Pro Fuchs, dem Tierschutzbund und dem | |
| Wildtierschutz Deutschland zahlreiche Probleme mit sich. Für Privatpersonen | |
| ist Entenfüttern verboten – Gewässer, in die zu viele Nährstoffe | |
| eingetragen werden, können veralgen und biologisch umkippen. Die | |
| Hobbyjäger, die für die Bejagung eines Areals Gebühren zahlen, füttern aber | |
| durchaus: Das [3][Video von Pro Fuchs zeig]t eine große Tonne mit | |
| Körnerfutter, an der sich die Enten bedienen können. Am Uferrand liegt ein | |
| weiterer großer Haufen mit Futter. | |
| Verboten ist das Prozedere nicht: Nicht einmal eine Genehmigung müssen die | |
| Jäger*innen [4][nach dem niedersächsischen Jagdrecht] einholen, solange | |
| sie nur Federwild auswildern. Auch das Anfüttern ist erlaubt, um die Tiere | |
| einzugewöhnen. | |
| ## Wildarten „stabilisieren“, um sie jagen zu können | |
| Bloß: Warum? Das zuständige Landwirtschaftsministerium begründet das legale | |
| Aussetzen mit „der Stabilisierung bestimmter Wildartenpopulationen, zum | |
| Beispiel durch genetische Auffrischung“. Ähnlich argumentiert man bei der | |
| Landesjägerschaft Niedersachsen. | |
| Der Artenschutz steht dabei aber nicht im Zentrum: „Das Jagen ist für die | |
| meisten Jäger nicht Beruf, sondern Freizeitbeschäftigung und Leidenschaft“, | |
| so Verbandssprecher der Landesjägerschaft, Florian Rölfing. „Natürlich geht | |
| es beim Auswildern dann auch darum, dass der Bestand mittelfristig bejagt | |
| werden kann.“ | |
| „Mittelfristig“, das heißt im niedersächsischen Jagdgesetz: Zwischen | |
| Aussetzen der Küken und der Jagd auf die Enten müssen sechs Monate | |
| vergehen. Da das Aussetzen selbst aber nicht genehmigungspflichtig ist, ist | |
| das in der Praxis nicht zu überprüfen. Nach Jagdgesetz dürfen | |
| Jäger*innen von den meisten Wildtierarten ohnehin [5][so viel oder wenig | |
| Wild schießen,] wie sie es selbst für richtig halten. | |
| Beuke hat trotzdem Anzeige bei der Unteren Naturschutzbehörde und der | |
| Unteren Wasserschutzbehörde erstattet. Pro Fuchs vermutet, dass es sich bei | |
| dem Areal in Uchte um eine besonders geschützte Ausgleichsfläche handelt. | |
| Der Landkreis hat keine Aufzeichnungen darüber – ganz sicher ist man sich | |
| aber nicht. | |
| ## Gerichtsurteil gegen das Aussetzen von Enten | |
| Die Naturschutzbehörde jedenfalls hat den Fall erst einmal nicht als ihren | |
| eigenen eingeschätzt – und die Prüfung an die Jagdbehörde weitergegeben. | |
| „Schon das ist eine Verzögerungstaktik“, sagt Thomas Mitschke vom Verein | |
| Wildtierschutz. „Bei Gefahr in Verzug hat die Behörde sofort | |
| einzuschreiten. Es geht hier immerhin auch um Gewässerschutz.“ | |
| Sein Misstrauen gegenüber der Bearbeitungszeit des Antrags fußt auf seiner | |
| eigenen Erfahrung. Vor einigen Jahren war er gegen ähnliche Ansiedlungen | |
| von Enten in noch größerem Ausmaß vorgegangen. Rund um Lüdersburg hatte | |
| eine Jägerin und Hotelbetreiberin damals alljährlich tausende Enten an | |
| sieben Teichen in dem von ihr gepachteten Jagdrevier ausgesetzt. | |
| Am Ende hatte [6][ein Gericht zwar Auflagen] für die massenhafte | |
| Auswilderung der Enten ausgesprochen. „Aber bis dahin sind Jahre vergangen. | |
| Die Jagd im Herbst konnte noch an mehreren Orten stattfinden“, klagt | |
| Mitschke. | |
| 28 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Die-Wahrheit/!5453087 | |
| [2] http://docplayer.org/72948290-Auswilderung-von-zuchtenten-zu-jagdlichen-zwe… | |
| [3] https://www.youtube.com/results?search_query=Entenstriche+im+Mai | |
| [4] /Verschaerfte-Fuchsjagd-in-Niedersachsen/!5831160 | |
| [5] /Verschaerfte-Fuchsjagd-in-Niedersachsen/!5831160 | |
| [6] https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformation… | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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