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# taz.de -- Jagdgegnerin vor Gericht: Nicht ganz erwischt
> Jagdgegnerin Manuela Schleußner soll eine Strafe zahlen, weil sie
> angeblich Fallen „verstänkert“ hat. Doch am Ende reichen die Beweise
> nicht.
Bild: Gegen seine Bejagung kämpft Manuela Schleußner: Ein Fuchs blickt in die…
Stolzenau taz | Manuela Schleußner ist eine Frau mit einer Mission, so viel
ist klar. Die Ergotherapeutin gehört zur [1][Initiative „Pro Fuchs
Deutschland“] und kämpft gegen die Fuchsjagd. Sie möchte, dass diese in
Deutschland verboten wird – genauso wie es in England und Luxemburg schon
der Fall ist.
Ob sie dabei auch zu Sachbeschädigung greift, war eine Frage mit der sich
das Amtsgericht Stolzenau Anfang dieser Woche zu befassen hatte. Der
Inhaber eines Jagdbezirkes hatte Anzeige erstattet. Er glaubte, die
Wildtierschützerin dabei erwischt zu haben, wie sie Vergrämungsmittel in
einer der Fallen in seinem Revier verteilte.
Das Mittel heißt Hukinol und ist frei verkäuflich, man kann es einfach im
Internet bestellen. Es riecht nach „konzentriertem Menschenschweiß“,
erklärte der Berufsjäger Marcus Steiner als Zeuge vor Gericht. Steiner ist
bei dem Anzeigeerstatter angestellt und derjenige, der zuerst bemerkte,
dass mit der Falle etwas nicht stimmte.
Den Geruch des Mittels kennt er, weil er es selbst einsetzt. Es wird zum
Beispiel benutzt, um Wildschweine in der Erntezeit von Maisfeldern
fernzuhalten. Nachdem er bemerkte, dass die Kastenfalle stank, installierte
er eine Wildkamera in der Nähe.
## Lücken in der Foto-Serie
Und als Wochen später eine andere Falle im Revier „verstänkert“ wurde,
überprüfte er auch noch einmal die erste Falle und die Kamera. Und siehe
da: Auf einer Serie von Bildern ist eine Person zu erkennen, die auf die
Falle zustapft, etwas aus einem Rucksack holt, sich einen Gummihandschuh
überstreift.
Allerdings löst der Bewegungsmelder an der Kamera immer nur die Aufnahme
einer kurzen Serie von drei Bildern aus. Dann gibt es eine Pause von rund
30 Sekunden, dann die nächste Drei-Bilder-Serie.
In diesem Fall führt das dazu, dass nicht zu sehen ist, wie sich diese
Person direkt an der Falle zu schaffen macht. Auch die Identifizierung ist
nicht ganz einfach: Die Person trägt eine Mütze und hat den Kragen ihres
Parkas hochgeschlossen.
„Ich habe nichts gemacht“, sagt Manuela Schleußner im Gerichtssaal. Es ist
das Einzige, was sie sagt, den Rest übernimmt ihr Anwalt. Der taz gegenüber
sagt sie, sie sei als Waldführerin oft in der Gegend unterwegs und benutze
die Handschuhe um beispielsweise Kotproben oder Ähnliches einzusammeln.
## Schleußner kritisiert die „Entenstriche“ in der Gegend
Nun ist Manuela Schleußner keine ganz Unbekannte. Sie ist zwar erst vor
Kurzem in die Gegend gezogen und hält sich dort auch nur am Wochenende auf,
weil sie woanders arbeitet. Aber bei besagtem Revier-Inhaber hat sie sich
schon unbeliebt gemacht.
Sie kritisierte öffentlich, [2][dass er sogenannte „Entenstriche“
unterhält]. Dabei werden junge Enten ausgesetzt und angefüttert, um sie
dann – wenn sie in langer Strichformation zu ihren Schlafplätzen fliegen –
abzuknallen.
Das ist an sich nicht illegal, Schleußner kritisiert aber, dass dies hier
auf einer mutmaßlichen Ausgleichsfläche stattfindet und den Gewässerschutz
gefährdet. Auch beim Landkreis Nienburg, der unteren Naturschutzbehörde und
der Jagdbehörde ist sie deshalb schon vorstellig geworden.
Ihr Mitstreiter Johann Beuke, Sprecher von Pro Fuchs, vermutet, dass diese
Entenstriche und weitere Formen der Niederwildjagd wie die Jagd von Fasanen
und Hasen, der wahre Grund für die Raubtierfallen sind. Damit soll der
Bestand von Füchsen, Mardern und Waschbären klein gehalten werden, damit
für die Jäger genug Beute übrig bleibt, glaubt er.
## Das Jagdrevier gehört der Unternehmerfamilie Harting
Das Jagdrevier gehört der Familie Harting, einer alteingesessenen
Unternehmerfamilie. Deren Unternehmensgruppe mit Sitz in Espelkamp hat sich
längst zum Global Player mit einer Milliarde Umsatz gemausert, ist aber
immer noch fest in Familienhand – und kaum ein Porträt kommt ohne den
Hinweis aus, dass fast alle Familienmitglieder leidenschaftliche Jäger
sind.
Die Hartings sind außerdem optimal vernetzt, stehen Branchenverbänden vor,
wurden schon in Expertenbeiräte von der Bundesregierung berufen, mit
Auszeichnungen überhäuft, gelten als großzügige Sponsoren und Mäzene in
Sport und Kultur.
Die Anzeige wegen der beschädigten Fallen ist nicht die einzige, die der
aktuelle CEO, Philip Harting, gestellt hat. Auch ihre Briefe an den
Landkreis hat er mit einer Anzeige wegen falscher Verdächtigungen
gekontert, sagt Schleußner, die sich deshalb als Opfer einer Kampagne
sieht.
## Vielleicht wurde nichts beschädigt
Der zuständige Amtsrichter will davon allerdings nichts wissen: Der Zeuge
habe ja gar keinen Belastungseifer erkennen lassen, sondern nüchtern
geschildert, was er beobachtet hat – und dabei auch nicht verschwiegen,
dass er nicht zweifelsfrei bezeugen kann, dass die Falle an genau dem Tag
mit Vergrämungsmittel traktiert wurde, an dem die Wildtierkamera die Bilder
geschossen hat, auf denen möglicherweise Manuela Schleußner zu erkennen
ist.
„Ich glaube absolut, dass sie das sind auf diesen Bildern und ich denke
auch, dass sie mit diesem Zeug herumhantiert haben“, sagt er direkt an
Manuela Schleußner gewandt. „Freisprechen muss ich sie trotzdem.“
Es sei nämlich nicht nachweisbar, dass sie tatsächlich eine intakte Sache
beschädigt habe. Das ist juristisch aber nun einmal die Voraussetzung für
eine Sachbeschädigung. In diesem Fall war die Falle nach Aussage des Zeugen
aber schon beschädigt – und sie ist auch nicht repariert worden, bevor man
die Kamera aufhängte.
17 Feb 2023
## LINKS
[1] https://www.profuchsdeutschland.de/
[2] /Jagdbeute-zum-Selberzuechten/!5853627
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Jagd
Niedersachsen
Tierschutz
Naturschutz
Jagdgesetz
Schwerpunkt Stadtland
Jagd
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