| # taz.de -- Beginn der Filmfestspiele von Cannes: Bilder aus dem Kampfgebiet | |
| > Die 75. Filmfestspiele von Cannes haben begonnen. Bei der ersten | |
| > regulären Ausgabe nach der Pandemie spielt auch der Krieg eine zentrale | |
| > Rolle. | |
| Bild: Vorhang auf: Das 75. Filmfestival in Cannes ist eröffnet | |
| Noch staunt man ein bisschen: Ja, es geht wieder an die Croisette, und das | |
| im Mai. Vergangenes Jahr hatten die [1][Filmfestspiele von Cannes zwar | |
| nicht wie 2020 ausfallen müssen, doch musste man sicherheitshalber auf den | |
| Juli ausweichen]. Jetzt kann die Filmwelt wieder zur angestammten Zeit im | |
| Frühling zusammenkommen, ohne die Coronatests vom Vorjahr, man rät | |
| lediglich dringend zum Tragen von Masken im Inneren. | |
| Die Pandemie scheint in Cannes fast zur Nebensache geworden. Dafür bildet | |
| sich im Programm des Festivals, dessen 75. Ausgabe heute beginnt, der Krieg | |
| Russlands gegen die Ukraine ab. | |
| Ganz wörtlich: [2][Die Aufnahmen des litauischen Dokumentarfilmers Mantas | |
| Kvedaravičius, die dieser in Mariupol drehte, bevor er Anfang April in | |
| russische Gefangenschaft geriet und getötet wurde,] sind von seiner | |
| Partnerin Hanna Bilobrova, die ihn während der Dreharbeiten begleitete, | |
| außer Landes gebracht worden. Zusammen mit der Cutterin Dounia Sichov hat | |
| Bilobrova das Material geschnitten. „Mariupolis 2“ wurde vom Festival | |
| nachträglich ins Programm aufgenommen. | |
| Auch aus Russland gibt es neue Bilder. Mit dem Wettbewerbsfilm | |
| „Tchaikovsky’s Wife“ [3][des in seinem Land verurteilten russischen | |
| Regisseurs Kirill Serebrennikow] hat dieser zum dritten Mal seit 2018 eine | |
| Einladung nach Cannes erhalten. Das Festival macht so zugleich ernst mit | |
| seiner Ankündigung, russische Delegationen nicht beim Festival zu | |
| empfangen, aber durchaus Künstler, die in keiner Nähe zur Regierung stehen. | |
| ## Loznitsa außer Konkurrenz | |
| Diese Haltung dürfte ebenfalls im Sinne des [4][ukrainischen Filmemachers | |
| Sergei Loznitsa] sein, der selbst mit dem Dokumentarfilm „The Natural | |
| History of Destruction“ über die Zerstörung deutscher Städte gegen Ende des | |
| Zweiten Weltkriegs außer Konkurrenz zu sehen ist. Der in Deutschland | |
| lebende Loznitsa hatte sich zu Beginn des Kriegs geweigert, als Ukrainer | |
| sämtliche russischen Filmemacher zu boykottieren, und war deshalb von der | |
| Ukrainischen Filmakademie ausgeschlossen worden. | |
| Mit dem Altmeister Jerzy Skolimowski ist zudem ein polnischer Regisseur im | |
| Wettbewerb vertreten. Er hat mit „Eo“, mit dem er zum sechsten Mal in | |
| Cannes für die Goldene Palme antritt, einen cineastischen Stoff gewählt, | |
| eine Neuinterpretation von [5][Robert Bressons Klassiker „Zum Beispiel | |
| Balthasar“ (1966).] Man darf sich unter anderem auf Isabelle Huppert als | |
| Hauptdarstellerin freuen. | |
| Selbstverständlich sind weitere langjährige Gäste zu erwarten: Der Japaner | |
| Hirokazu Kore-eda gehört ebenso dazu wie der Koreaner [6][Park Chan-wook], | |
| die Französin Claire Denis, die erst im Frühjahr auf der Berlinale zu | |
| erleben gewesen war, oder der Kanadier David Cronenberg. Und der Australier | |
| George Miller wird außer Konkurrenz sein neues Kammerspiel „A Thousand | |
| Years of Dreaming“ mit Tilda Swinton und Idris Elba präsentieren. | |
| ## Überraschungen liegen in den Nebensektionen | |
| Das Weltkino scheint erneut mit geballten Kräften vertreten, Überraschungen | |
| dürften am meisten in den Nebensektionen zu gewärtigen sein. Wobei sich | |
| beim Festival insgesamt Veränderungen abzeichnen. Diese Ausgabe wird die | |
| letzte unter ihrem bisherigen Präsidenten Pierre Lescure sein, der seit | |
| 2014 im Amt war. Auf ihn folgt mit der [7][Deutschen Iris Knobloch die | |
| erste Frau und Nichtfranzösin auf diesem Posten] in der Geschichte des | |
| Festivals. | |
| Und schon in dieser Ausgabe ist ein Kurzfilmwettwerb hinzugekommen, in | |
| Zusammenarbeit mit dem neuen offiziellen Festivalpartner Tiktok: Die | |
| Ausschreibung für die bis zu drei Minuten kurzen Arbeiten hört auf den | |
| Cannes-untypischen Namen #TikTokShortFilm. | |
| 16 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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