# taz.de -- Drohende Auslieferung von Assange: Das Schweigen der EU | |
> Die Justiz ist durch mit dem Fall Assange. Nun muss die europäische | |
> Politik Farbe bekennen zum Schutz von ihm und anderen Whistleblowern. | |
Bild: Protest gegen die erlaubte Auslieferung von Julian Assange in London am 2… | |
Was sagt die Europäische Union zu [1][Julian Assange]? Was tut sie für den | |
prominenten Wikileaks-Gründer und Whistleblower, der schwerkrank im | |
Londoner Hochsicherheitsknast Belmarsh einsitzt und dem in den USA bis zu | |
175 Jahre Haft drohen? | |
Wir wissen es nicht. Denn die EU schweigt. Weder die eigentlich zuständigen | |
EU-Kommissare Věra Jourová und Didier Reynders noch Ratspräsident Charles | |
Michel wollen den Fall kommentieren. Auch das Europaparlament sagt nichts | |
dazu. | |
Dabei wäre diese Woche eine gute Gelegenheit gewesen, endlich mal den Mund | |
aufzumachen. Ein britisches Gericht hat formell die umstrittene | |
Auslieferung in die USA genehmigt. Nur Innenministerin Priti Patel kann | |
[2][Assange] jetzt noch retten. Der Fall ist damit endgültig zum Politikum | |
geworden. Die Justiz ist durch, nun muss die Politik Farbe bekennen. Und | |
das nicht nur in Großbritannien, wo Patel eine historische Entscheidung | |
treffen muss – hoffentlich gegen die Auslieferung. | |
Auch die EU ist gefordert, für europäische Werte wie die Meinungs- und | |
Pressefreiheit einzutreten und Assange vor dem absurden Vorwurf der | |
Spionage zu retten. Wenn sie es nicht bald tut, verspielt sie endgültig | |
ihre Glaubwürdigkeit. Die ist leider schon jetzt angekratzt. Seit die | |
EU-Kommission Anfang März die russischen Staatsmedien RT und [3][Sputnik] | |
verboten hat, ist die Freiheit der Presse eingeschränkt. Sogar die | |
EU-Grundrechtecharta wurde verletzt. | |
„Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht | |
schließt die (…) Freiheit ein, Informationen und Ideen (…) ohne behördlic… | |
Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und | |
weiterzugeben“, heißt es in Artikel 11. Er wurde missachtet. Im Fall | |
Assange droht nun der nächste, noch härtere Schlag. Denn hier geht es nicht | |
„nur“ um Fake News aus Russland, sondern um Enthüllungen aus den USA und | |
aus allen Ländern, in denen die Amerikaner aktiv sind. | |
„Wenn Assange an die USA ausgeliefert wird, müssen Journalisten weltweit | |
immer genau schauen, ob sie Informationen veröffentlichen, die | |
US-Interessen schaden“, warnt Amnesty International. Alle Reporter hätten | |
dann die Schere im Kopf. | |
So weit darf es nicht kommen. Auch in Zukunft muss es erlaubt sein, | |
US-Kriegsverbrechen wie die Folter im Gefängnis von Abu Ghraib und gezielte | |
Luftangriffe auf Zivilisten im Irakkrieg aufzudecken. Wir brauchen nicht | |
einen, sondern viele Assanges. | |
Dies gilt auch und gerade vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs. Die EU | |
will die russischen Kriegsverbrechen untersuchen und bestrafen. Dasselbe | |
muss für amerikanische Vergehen gelten. Zweierlei Maß darf es nicht geben, | |
schon gar nicht in der EU. | |
22 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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