# taz.de -- #MeToo-Affäre in der Linkspartei: Ein kultureller Wandel ist nötig | |
> Mit der MeToo-Affäre in den eigenen Reihen könnte die Linkspartei in der | |
> Bedeutungslosigkeit versinken. | |
Bild: #MeToo-Bewegung macht auf sexuelle Übergriffe aufmerksam | |
„Sag nix, es ist irre.“ Und „Du Hengst! Du Sugardaddy! Du Roman Polanski!… | |
Bei solchen Sätzen muss man nicht lange grübeln, worum es in der | |
Unterhaltung geht. Auf jeden Fall um Sex. Im schlimmsten Fall um sexuelle | |
Gewalt. In diesem Fall um die Linkspartei. Die Sätze stammen aus einem | |
Chatverlauf zweier Männer, von denen der eine, der Prahler, der „Hengst“, | |
der „Sugardaddy“, eine bekannte Figur in der hessischen Linken ist und der | |
andere dessen Bekannter. Mit der Enthüllung dieser widerlichen Details hat | |
die Partei nun ihre ganz eigene [1][#MeToo-Affäre]. Warum ausgerechnet | |
diese in der Selbst- und Außendarstellung feministische Partei? | |
Warum nicht? [2][Die Linkspartei] ist eine Organisation, wie andere | |
Organisationen auch. Mit klassischen Hierarchien und | |
Abhängigkeitsverhältnissen, mit Menschen, die sich wichtig (und wichtiger) | |
nehmen, die Konkurrent:innen fertigmachen. Die eigene Strahlkraft für | |
politische oder – wie in diesem Fall – private Zwecke nutzen. Mit Menschen, | |
die fertiggemacht werden und sich schlecht zur Wehr setzen können. Daran | |
ändert offenbar auch das feministische Profil der Partei nichts. | |
Aber ist es tatsächlich so einfach? Auf den ersten Blick scheint die Sache | |
klar: Ein älterer Mann nutzt seinen Bekanntheitsgrad, seine | |
Lebenserfahrungen, seine Machtposition aus, um sich an eine Untergebene | |
ranzumachen, die zu diesem Zeitpunkt auch noch minderjährig ist. Das geht | |
gar nicht, so viel ist klar. Zudem sollte Opfern körperlicher, psychischer, | |
sexueller Übergriffe zunächst unvoreingenommen zugehört und geglaubt | |
werden. Nur spielen bei Vorwürfen dieser Art viele weitere Fragen eine | |
Rolle, auf die es in diesem Fall bislang keine eindeutige Antwort gibt. Was | |
ist genau passiert? Wer hat davon gewusst? Wer hat eingegriffen? Und wer | |
zugeschaut? Wer hat welche politischen Interessen innerhalb der Partei? Und | |
setzt dafür welche Mittel ein? | |
Um das zu klären, verweist die Bundespartei auf eine sogenannte | |
Vertrauensgruppe im Parteivorstand. Und neuerdings auch auf einen | |
unabhängigen Expertenrat, der eingesetzt werden soll. Der ist auch nötig. | |
Um Machtstrukturen, die Missbrauch jeglicher Art erlauben, zu analysieren | |
und aufzulösen, bedarf es professioneller und vor allem unabhängiger Hilfe | |
von außen. Das ist kein Prozess, der sich mal eben von heute auf morgen | |
erledigt. Da reicht auch kein Verhaltenskodex, da ist ein kultureller | |
Wandel nötig. Was allerdings schon jetzt feststehen dürfte: Mit dieser | |
[3][#MeToo-Affäre schlittert die Linkspartei in eine massive Krise]. Und am | |
Ende möglicherweise in die Bedeutungslosigkeit. | |
18 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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