| # taz.de -- Hennig-Wellsow gibt Linken-Spitze ab: Abschied einer Gescheiterten | |
| > Susanne Hennig-Wellsow wollte die Linkspartei erneuern. Nun hat die | |
| > Co-Vorsitzende der schwer kriselnden Partei überraschend ihren Rücktritt | |
| > erklärt. | |
| Bild: Abgang als Parteichefin: Susanne Hennig-Wellsow | |
| Berlin taz | Susanne Hennig-Wellsow steht nicht länger an der Spitze der | |
| Linkspartei. „Ich stelle heute mein Amt als Parteivorsitzende der LINKEN | |
| mit sofortiger Wirkung zur Verfügung“, teilte die 44-jährige Erfurterin am | |
| Mittwoch auf ihrer Webseite mit. In ihrer Abschiedserklärung zeigt sie sich | |
| zutiefst frustriert. Es ist ein Zeugnis des Scheiterns. | |
| Seit Februar 2021 hatte [1][Hennig-Wellsow] gemeinsam mit Janine Wissler | |
| die Linkspartei geführt. Mit der Wahl der damaligen | |
| Landtagsfraktionsvorsitzenden von Thüringen und Hessen waren innerhalb der | |
| seinerzeit schon kriselnden Partei viele Hoffnungen verbunden gewesen. | |
| Tatsächlich ging es weiter bergab. | |
| Auch nachdem bei der Bundestagswahl die Fünfprozenthürde verfehlt wurde und | |
| nur dank drei gewonnener Direktmandate der Wiedereinzug ins Parlament | |
| gelang, ging es weiter wie zuvor – nach unten. „Die vergangenen Monate | |
| waren eine der schwierigsten Phasen in der Geschichte unserer Partei“, | |
| schreibt Hennig-Wellsow in ihrer Erklärung. „Ein wirklicher Neuanfang ist | |
| ausgeblieben.“ | |
| Dafür macht Hennig-Wellsow, die ihr Bundestagsmandat behalten will, auch | |
| ihr eigenes Agieren verantwortlich. „Ich weiß um die vermeidbaren Fehler, | |
| die ich selbst gemacht habe“, zeigt sie sich selbstkritisch. Sie wisse | |
| auch, dass sie „es nicht ausreichend vermocht habe, diejenigen zu | |
| überzeugen, die mit Erneuerung vor allem die Angst vor dem Verlust des | |
| Vertrauten, der Gewissheiten verbinden“. | |
| ## Die ganze Linken-Spitze wackelt | |
| Drei konkrete Gründe für ihren Rücktritt benennt Hennig-Wellsow. Der erste | |
| ist ein persönlicher: Ihre private Lebenssituation mit einem achtjährigen | |
| Sohn, der sie brauche, erlaube es nicht, „mit der Kraft und der Zeit für | |
| meine Partei da zu sein, wie es in der gegenwärtigen Lage nötig ist“. | |
| Als zweiten Grund führt sie an, dass die notwendige Erneuerung neue | |
| Gesichter brauche, um glaubwürdig zu sein. Die Linkspartei habe „es | |
| verdient, von Menschen geführt zu werden, die unseren Anhänger:innen | |
| und Mitgliedern wieder Mut machen“. Drittens führt sie den Umgang mit | |
| Sexismus in den eigenen Reihen an, der eklatante Defizite der Partei | |
| offengelegt habe. Sie entschuldige sich bei den Betroffenen und unterstütze | |
| „alle Anstrengungen, die jetzt nötig sind, um aus der Linken eine Partei zu | |
| machen, in der Sexismus keinen Platz hat“. | |
| Die beiden letztgenannten Rücktrittsgründe lassen sich als nur wenig | |
| verklausulierte Spitze gegen ihre bisherige Co-Vorsitzende Wissler lesen. | |
| Die sieht sich derzeit aufgrund [2][einer #MeToo-Affäre in ihrem hessischen | |
| Landesverband], in den sie über ihren Ex-Partner auch persönlich involviert | |
| ist, scharfen Angriffen ausgesetzt. | |
| Was sie dazu bewegt hat, ausgerechnet jetzt, rund einen Monat vor den | |
| Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW, zurückzutreten und nicht auf | |
| dem für Juni geplanten Parteitag ihren Abschied zu nehmen, darüber macht | |
| Hennig-Wellsow keine Angaben. Auch im Karl-Liebknecht-Haus zeigte man sich | |
| überrascht über den Zeitpunkt. Für Irritationen sorgt zudem, dass sie nicht | |
| einmal eine für Mittwochabend geplante Sondersitzung des Bundesvorstands | |
| abgewartet hat. | |
| In der Linkspartei wird nun heftig über eine grundlegende personellen | |
| Neuaufstellung diskutiert. Der Rücktritt Hennig-Wellsows mache eine Neuwahl | |
| sowohl des Partei- als auch des Fraktionsvorstands „unumgänglich“, | |
| twitterte Parteivorstandsmitglied Janis Ehling am Mittwochnachmittag, der | |
| damit auch die Bundestagsfraktionsführung um Amira Mohamed Ali und Dietmar | |
| Bartsch ins Visier nimmt. „Die innerparteilichen Blockaden müssen aufgelöst | |
| werden“, forderte Ehling. „Die Uhr tickt.“ | |
| 20 Apr 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Linken-Chefin-ueber-Zukunft-der-Partei/!5824391 | |
| [2] /Sexismus-und-Politik/!5846284 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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