# taz.de -- #LinkeMeToo in Hessen: Landesverband will aufklären | |
> Nach Vorwürfen von Übergriffen will die Linke nun eine „Kultur des | |
> Hinschauens“ in der Partei etablieren. Über das „Wie“ gibt es | |
> Unstimmigkeiten. | |
Bild: Trotz fünf Jahren #metoo-Debatte: Die Linke ist vollkommen unvorbereitet | |
FRANKFURT taz | Transparente und rückhaltlose Aufklärung verspricht der | |
hessische Landesverband der Linken, der seit Ostern im Zentrum von | |
öffentlichen Missbrauchsvorwürfen steht. Nach einer Krisensitzung des | |
Landesvorstands bat am Donnerstag der Landes- und | |
Landtagsfraktionsvorsitzende Jan Schalauske ausdrücklich „alle Opfer“ um | |
Entschuldigung. Schalauske bekannte, er sei „tief erschüttert“ und räumte | |
ein, [1][die tiefe Krise, in der sich die Linke ohnehin befinde], werde | |
durch diese Fälle zusätzlich erschwert. | |
Für die Aufklärung der hessischen Fälle bittet die Landespartei um | |
Unterstützung. Die von der Bundespartei eingesetzten Vertrauensleute und | |
ExpertInnen sollen danach auch die Vorfälle aus Hessen untersuchen, so | |
Schalauske. Positiv bewertet der Landesverband die Ankündigung der aus | |
Hessen stammenden [2][Bundesvorsitzenden Janine Wissler, nicht | |
zurückzutreten]. Wissler habe im November 2021, als sie zum ersten Mal von | |
konkreten Missbrauchsvorwürfen erfahren habe, die zuständigen | |
Vorstandsgremien informiert, sagte der stellvertretende hessische | |
Landesvorsitzende Michael Erhardt. Die bizarren Szenen, die der Spiegel | |
über ihren ehemaligen Partner zuletzt beschrieben habe, kenne auch Wissler | |
erst seit Ostern, so begründete Erhardt die Vertrauenserklärung des | |
Landesvorstands. | |
Die Gremien der hessischen Linken haben sich danach mit Vorwürfen gegen | |
drei Funktionsträger befasst. Nur in einem Fall habe eine Betroffene das | |
Gesprächsangebot des Landesvorstands angenommen, so die Landesvorsitzende | |
Petra Heimer. Im Übrigen sei der Vorstand bislang auf Medienberichte und | |
Beiträge in sozialen Medien angewiesen, was die Sache nicht erleichtere. | |
Trotz der schwierigen Entscheidungsgrundlage seien inzwischen zwei | |
beschuldigte Mitarbeiter beurlaubt, einer von ihnen ist Referent der | |
Landtagsfraktion, der andere Wahlkreismitarbeiter einer Abgeordneten; ein | |
dritter Beschuldigter arbeite nach wie vor für die Rosa-Luxemburg-Stiftung | |
und gehe juristisch gegen die Vorwürfe vor, war von den VertreterInnen des | |
Landesvorstands auf der Pressekonferenz zu erfahren. | |
Hinter den Kulissen gibt es allerdings offenbar Kritik am Umgang des | |
Landesvorstands mit den Beschuldigten. So beklagen die früheren | |
Landtagsabgeordneten Gabriele Faulhaber und Marjana Schott in internen | |
Stellungnahmen die dürftigen Beweise, die dem Vorstand vorgelegen hätten. | |
Schott hat die Partei deshalb sogar unter Protest verlassen und ihr Amt als | |
stellvertretende Landesvorsitzende aufgegeben. | |
## Es brauchte einen „Weckruf“ | |
Einig sind sich die Gremien indes über die Konsequenzen für die Zukunft. | |
Bereits am 4. April hatte der Vorstand einen Verhaltenskodex verabschiedet | |
und die Etablierung unabhängiger Vertrauenspersonen angekündigt. „Wir | |
dulden in unseren Reihen keine Grenzverletzungen. Jeder und jede ist | |
aufgefordert, unmittelbar zu reagieren, wenn er oder sie in unseren Reihen | |
solche Grenzverletzungen wahrnimmt“, heißt es da. Eine Kultur des | |
Hinschauens soll in der Partei etabliert werden. Der Vorstand diskutiert | |
sogar, künftige Funktionsträger zu entsprechenden Schulungen zu | |
verpflichten. | |
Die Frage, weshalb die Partei im fünften Jahr der [3][metoo-Debatte] | |
offenbar unvorbereitet in diesen Missbrauchsskandal geraten konnte, | |
vermochten die VertreterInnen des Landesvorstands nicht zu erklären. Dass | |
davon „nichts in die Gremien reingeschwappt ist, das war ein Fehler, für | |
den wir uns entschuldigen müssen“, sagte der stellvertretende | |
Landesvorsitzende Erhardt. Es habe offenbar erst eines „Weckrufs“ bedurft, | |
so der Landesvorsitzende Schalauske. | |
21 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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