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# taz.de -- Die 43 Verschwundenen von Ayotzinapa: Das Militär war immer dabei
> Vor 7 Jahren verschwanden in Mexiko 43 Studenten. Noch immer ist unklar,
> was passiert ist. Neue Informationen belasten das Militär.
Bild: Angehörige der 43 Verschwundenen bei der Vorstellung des neuen Berichts …
Oaxaca taz | [1][43 verschwundene Studenten], sechs Tote und viele
Fragezeichen – schon siebeneinhalb Jahre ist es her, seit im September 2014
in der mexikanischen Stadt Iguala eine Gruppe von Lehramtsanwärtern von
Polizisten und Kriminellen verschleppt wurde. Dennoch bis heute ist unklar,
was mit den Männern passiert ist. Nach einem diese Woche veröffentlichten
Bericht der unabhängigen internationalen Expertenkommission (GIEI) steht
vor allem das Militär am Pranger.
Die neuen Informationen der GIEI basieren auf Dokumenten des
Verteidigungsministeriums sowie des Geheimdienstes. Demnach wurden die als
linksradikal eingeschätzten Studenten wegen ihrer politischen Haltung von
den Sicherheitsbehörden überwacht. Das Militär habe die Männer vor, während
und nach dem Angriff genau im Blick gehabt, sagte die kolumbianische
Staatsanwältin Angela Buitrago, die der GIEI angehört. Dennoch hätten die
Soldaten nicht eingegriffen.
Zudem bestätigen Drohnenaufnahmen, dass Marinesoldaten und die
Generalstaatsanwaltschaft einen vermeintlichen Tatort manipuliert und damit
Ermittlungen gezielt in die falsche Richtung gelenkt hatten. Mexikos
Präsident Andrés Manuel López Obrador ordnete nun an, Ermittlungen gegen
die Verantwortlichen bei der Marine einzuleiten.
„Die Armee hat ein schmutziges Spiel gespielt“, erklärte Anwalt Vidulfo
Rosales, der die Angehörigen der Verschwundenen vertritt. Auf einer
Pressekonferenz der Eltern kritisierte er am Dienstag, dass das Militär das
Lehramtsseminar Ayotzinapa, in dem die Männer studiert hatten, infiltriert
habe. Nach GIEI-Informationen hatte die Armee dort zwei Spitzel
eingeschleust. Einer von ihnen befand sich unter den Männern, die am 26.
September 2014 verschwunden sind. Demnach wusste das Militär auch nach der
Verschleppung, wo sich die Studenten befanden.
## Behörden reduzieren den Fall auf ein lokales Problem
Die Lehramtsanwärter hatten an jenem Herbsttag mehrere Busse gekapert, um
damit zu einer Demonstration in Mexiko-Stadt zu fahren. Sie wurden jedoch
in Iguala von Polizisten gewaltsam gestoppt und der Mafiaorganisation
„Guerreros Unidos“ übergeben. Sechs Menschen starben bei dem Angriff, von
den Verschwundenen fehlt seither fast jede Spur. Dennoch erklärte der
damalige Generalstaatsanwalt Jesus Murillo Karam den Fall nach wenigen
Monaten für aufgeklärt. Die Studenten seien auf einer Müllhalde verbrannt
worden. Das sei die [2][„historische Wahrheit“].
Drohnenaufnahmen, die die GIEI erst auf massives Drängen und mit Hilfe
Lopez Obradors bekommen hatte, zeigen jedoch, dass Murillo Karam sowie
Marinesoldaten auf dem Müllplatz waren, bevor dieser als Tatort deklariert
wurde. Während des Aufenthalts, der nicht offiziell dokumentiert wurde,
trugen Beamte Behälter über den Platz und entzündeten ein Feuer. Der
Verdacht, dass die Halde [3][fälschlicherweise als Tatort inszeniert]
werden sollte, um die „historische Wahrheit“ festzuschreiben, besteht schon
lange. So gab es nie Hinweise darauf, dass es dort ein Feuer in einer Größe
gegeben hatte, die für das Verbrennen von 43 Menschen nötig gewesen wäre.
Die Behörden hätten den Fall auf ein lokales Problem reduzieren wollen,
erklärt das GIEI-Mitglied Francisco Cox. Weitere Ermittlungen sollten durch
die „historische Wahrheit“ verhindert werden. Dazu passt auch, dass das
Militär nicht eingeschritten ist.
Schon lange verfolgt die Expertengruppe einen naheliegenden Verdacht: In
den gekaperten Bussen könnte sich Heroin befunden haben, das in die USA
transportiert werden sollte. Das würde die brutale Reaktion ebenso erklären
wie den Umstand, dass die Sicherheitskräfte nicht reagiert haben. Man
wollte die bis in hochrangige politische und miltärische Kreise reichende
Struktur der Mafia nicht auffliegen lassen. Der GIEI zufolge hat es einen
fünften Bus gegeben, der weder in den offiziellen Ermittlungen noch auf den
Videos erscheint. Das Fahrzeug sei von der Bundespolizei begleitet und
nicht beschossen worden.
Die GIEI wurde ins Leben gerufen, da die Angehörigen dem damaligen
Präsidenten Enrique Peña Nieto und seinen Strafverfolgern nicht vertrauten.
Dessen Nachfolger [4][López Obrador] hat die Aufklärung des Falls [5][zur
Chefsache erklärt]. Dennoch hätten die Behörden die Beweise erst nach drei
Jahren herausgerückt, kritisieren die Eltern der Verschwundenen. „Sie
nehmen den Präsidenten nicht ernst“, sagte Emilio Navarrete, der Vater von
José Angel. „Es macht einen wütend, dass sie die Informationen
zurückbehalten haben.“
30 Mar 2022
## LINKS
[1] /Massaker-an-mexikanischen-Studenten/!5241032
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[3] /Studenten-Massaker-in-Mexiko/!5273187
[4] /Verschwundene-Studierende-in-Mexiko/!5716796
[5] /Verschwundene-Studierende-in-Mexiko/!5716796
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Mexiko
Iguala
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