# taz.de -- Entführungen in Mexiko: Keine „historische Wahrheit“ | |
> Im Fall der 2014 „verschwundenen“ 43 Studenten wirft ein UN-Bericht den | |
> Behörden Folter und Lüge vor. Gefordert werden neue Ermittlungen. | |
Bild: Anlässlich des zweiten Jahrestags der Entführung protestieren die Elter… | |
OAXACA taz | Mexikos Regierung steht wegen des Falls der verschwundenen 43 | |
Studenten erneut unter internationalem Druck. Ein jüngst veröffentlichter | |
Bericht der UNO-Menschenrechtskommission kommt zu dem Schluss, dass | |
mindestens 34 der in der Tatnacht festgenommenen Verdächtigen gefoltert | |
wurden. Die UNO stellt damit die von den mexikanischen Strafverfolgern | |
vertretene Version vom Verlauf der Tatnacht grundsätzlich in Frage. Die | |
Regierung zeigte sich „befremdet“. Der Bericht steuere keine neuen | |
Erkenntnisse zur Aufklärung bei, erklärte sie. Zuvor war ein weiterer | |
mutmaßlicher Täter festgenommen worden. | |
Der Bericht „Doppelte Ungerechtigkeit“ stellt die Strafverfolgung im Fall | |
der im September 2014 in der Stadt Iguala verschwundenen Lehramtsanwärter | |
grundsätzlich in Frage. Bereits wenige Monate, nachdem die jungen Männer | |
von Kriminellen und Einheiten der örtlichen Polizei verschleppt wurden, | |
legte sich der Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam auf eine Version vom | |
Verlauf des Verbrechens fest, die er als „historische Wahrheit“ | |
bezeichnete. | |
Demnach sollen die Studenten des Lehrerseminars Ayotzinapa in der Tatnacht | |
auf einer Müllhalde verbrannt worden sein. Die Behörde schloss aus, dass | |
Angehörige des Militärs oder der Bundespolizei an dem Angriff beteiligt | |
waren. Diese Version basierte auf Aussagen der verhafteten Männer und | |
Frauen. | |
Der für Mexiko zuständige Vertreter des UN-Menschenrechtskommissariats Jan | |
Jarab fordert nun, dass die unter Folter entstandenen Beweise | |
fallengelassen werden und eine unabhängige Staatsanwaltschaft den Fall aufs | |
Neue untersucht. „Wenn keine anderen Beweise als diese muffigen | |
Geständnisse vorliegen, müssen die Angeklagten sofort freigelassen werden“, | |
erklärte er. Jarab wirft den Behörden eine Verletzung der | |
Persönlichkeitsrechte der Gefangenen vor. Auch das Recht der Angehörigen | |
der Studenten sowie der Gesellschaft auf Wahrheit und Gerechtigkeit sei | |
verletzt worden. | |
## Vorwurf der Folter in 34 Fällen bestätigt | |
Für den 62 Seiten langen Bericht wurden die Fälle von 63 der insgesamt 129 | |
verhafteten Personen untersucht. Dabei handelt es sich um lokale Polizisten | |
sowie Mitglieder der Bande Guerreros Unidos. In 51 Fällen spricht die | |
Menschenrechtskommission von willkürlichen Verhaftungen und möglichen | |
Folterungen, in 34 sei der Vorwurf der Folter bestätigt. Dabei habe es sich | |
um „deutliche Muster von Menschenrechtsverbrechen und eine praktisch | |
einheitliche Vorgehensweise“ gehandelt. Von Waterboarding, Elektroschocks | |
und Prügeln ist die Rede. | |
Die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission eingesetzte | |
Expertengruppe GIEI war bereits vor zwei Jahren zu dem Schluss gekommen, | |
dass die Aussagen unter fragwürdigen Umständen zustande gekommen seien. Wie | |
die UNO forderte auch die GIEI grundlegend neue Ermittlungen. Amnesty | |
International sprach mit Blick auf die staatliche Version von einer | |
„historischen Lüge“ der Regierung des Präsidenten Enrique Peña Nieto. | |
20 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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