# taz.de -- Kiew-Besuche und Symbolpolitik: Zögern und Mäandern | |
> Bevor Kanzler Scholz mit leeren Händen in die Ukraine reist, sollte er es | |
> lieber lassen. Deutschland steht ohnehin schon als unsicherer Kantonist | |
> da. | |
Bild: Steinmeier erwägt Reise nach Kiew | |
Zwei Floskeln strapazieren deutsche Politiker*innen gerade bis zur | |
Unerträglichkeit: Wir müssen vor die Bugwelle kommen. Und: Wir stehen fest | |
an der Seite Kiews. Das klingt gut, doch nichts dergleichen passiert. | |
Russlands Krieg gegen die Ukraine geht in die siebte Woche, täglich kommen | |
neue Gräueltaten gegen die ukrainische Zivilbevölkerung ans Licht und | |
Moskaus Großoffensive im Osten des verheerten Landes steht noch bevor. | |
Und in Berlin? Zögern und Mäandern. Bundespräsident [1][Frank-Walter | |
Steinmeier] erwäge eine Reise nach Kiew, war in der vergangenen Woche zu | |
vernehmen. Immerhin wohnte er im finnischen Parlament einer Videoschalte | |
mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski bei, für die er im | |
Bundestag Mitte März keine Zeit finden konnte. | |
Als Außenminister hatte er mehr Engagement gezeigt – 2014 auf dem | |
Euro-Maidan sowie ein Jahr später als Urheber der Steinmeier-Formel, die | |
den [2][Minsk]er Prozess retten sollte. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz | |
macht dieser Tage keine bella figura. Kiew seine Aufwartung zu machen, | |
scheint offensichtlich keine Option zu sein. Da lässt Scholz lieber | |
Politiker*innen anderer Staaten den Vortritt. | |
Nun können die Meinungen darüber, was derartige Besuche bewirken, durchaus | |
auseinandergehen. Zuallererst sind sie eine moralische Unterstützung, deren | |
Bedeutung in Kriegszeiten wie diesen jedoch nicht zu unterschätzen ist. | |
Doch da liegt die Krux. Denn es braucht eine Übersetzung in konkrete | |
Politik, wenn sich die Solidaritätsadresse nicht auf reine Symbolpolitik | |
beschränken soll. Will heißen: Wenn Scholz nichts im Köcher hat, sollte er | |
es lieber gleich bleiben lassen. | |
Danach sieht es leider aus. Der [3][Eiertanz um Waffenlieferungen] ist nur | |
ein Beispiel. Dass diese Zurückhaltung in Kiew nicht gut ankommt, liegt in | |
der Natur der Sache. Aber auch bei Deutschlands westlichen Partner stößt | |
diese Unentschlossenheit zusehends auf Unverständnis. Der Eindruck, es mit | |
einem unsicheren Kantonisten zu tun zu haben – er wird bleiben und das noch | |
lange über den Krieg hinaus. | |
11 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bundespraesident-Steinmeier-in-Finnland/!5848345 | |
[2] /Lukaschenko-und-der-Ukraine-Krieg/!5842508 | |
[3] /Panzerhaubitzen-fuer-Kiew/!5848373 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Ukraine | |
Russland | |
Olaf Scholz | |
Frank-Walter Steinmeier | |
Wolodymyr Selenskij | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Weltbank | |
Wladimir Putin | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hochzeit in bombardierter Ukraine: „Sieg ist das Ende der Angst“ | |
Anastasia und Anton Sokolow haben da geheiratet, wo andere flüchten: in | |
Charkiw, trotz der fortlaufenden Bombardierung durch die russische Armee. | |
Osteuropa-Expertin zu Russlandpolitik: „Russland ist nicht unser Nachbar“ | |
Lange war das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ein gutes. | |
Franziska Davies erklärt, warum die Interessen von Ostmitteleuropa | |
vergessen wurden. | |
+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Steinmeier in Kiew nicht erwünscht | |
Der ukrainische Präsident Zelensky hat einen Besuch des deutschen | |
Bundespräsidenten abgelehnt. Die Ukraine will wohl keine deutschen | |
Kampfpanzer. | |
Zerstörungen in der Ukraine: Russland muss dafür bezahlen | |
Der Kreml muss für den Wiederaufbau in der Ukraine zur Kasse gebeten | |
werden. Ein Frieden ohne Reparationen ist schwer vorstellbar. | |
Österreichs Kanzler bei Putin: Nehammers Alleingang | |
Der österreichische Kanzler reist von Kiew nach Moskau, um den Frieden | |
zwischen Russland und Ukraine einzufädeln. Was verspricht er sich davon? | |
+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Separatisten melden Hafen-Eroberung | |
Laut russischen Nachrichtenagenturen haben pro-russische Separatisten nun | |
die Kontrolle über den Hafen von Mariupol. Österreichs Kanzler spricht mit | |
Putin. |