# taz.de -- 1. Mai in Berlin: Wut gilt Ausbeutung und Rassismus | |
> Zwei Jahre Pandemie haben die sozialen Ungerechtigkeiten noch verschärft. | |
> Mehr als der Nahostkonflikt stand daher am 1. Mai die Klassenfrage im | |
> Fokus. | |
Bild: In der Krise haben sich die Klassengegensätze noch verschärft, wie am 1… | |
Die Klassenfrage ist zurück – das hat sich bei den diesjährigen | |
1.-Mai-Demonstrationen in Berlin eindrücklich gezeigt. Zwei Jahre Pandemie | |
haben die sozialen Ungerechtigkeiten in der kapitalistischen | |
Gesellschaftsordnung mehr als deutlich zutage treten lassen. Sei es die | |
patriarchale Gewalt gegen Frauen*, gegen [1][die in der Walpurgisnacht rund | |
3.000 FLINTA] lautstark auf die Straße gegangen sind, der Mietenwahnsinn, | |
gegen den [2][mehrere tausend Menschen im Villenviertel Grunewald | |
angeradelt] sind, oder die alltäglichen ausbeuterischen | |
Arbeitsverhältnisse. | |
Ausbeutung und Klassenkampf standen sowohl bei der Kundgebung des DGB am | |
Brandenburger Tor als auch bei der [3][abendlichen Revolutionären 1. | |
Mai-Demonstration] im Mittelpunkt. Dass beim DGB die Regierende | |
Bürgermeisterin und ausgewiesene Enteignungsgegnerin [4][Franziska Giffey | |
(SPD) ausgebuht und mit einem Ei beworfen] wurde, überrascht nicht. | |
Bereits im Vorfeld hatte es von Teilen der Gewerkschaften und von sozialen | |
Bewegungen Kritik daran gehagelt, mit ihr die Chefin des öffentlichen | |
Dienstes und damit die Verantwortliche für millionenschwere Kürzungen im | |
Personalbereich einzuladen. Den überlasteten Beschäftigten der | |
landeseigenen Krankenhäuser, Kitas oder Schulen dürfte das am Tag der | |
Arbeiter*innenklasse wie purer Hohn vorgekommen sein – ganz zu | |
schweigen von den mehr als eine Million Berliner*innen, die angesichts | |
explodierender Mietpreise [5][für die Enteignung großer Immobilienkonzerne] | |
gestimmt haben. | |
Auf der 18-Uhr-Demo trugen dann 20.000 Berliner*innen ihre Wut über | |
Unterdrückung und Ausbeutung auf die Straße. Dass nicht noch weitaus mehr | |
Menschen gekommen sind, dürfte auch daran liegen, dass viele Linke mit dem | |
von palästinensischen Fahnen dominierten Frontblock und seinen | |
antiisraelischen Parolen nicht einverstanden sind. Dieser sollte jedoch | |
nicht davon ablenken, dass es die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration | |
mittlerweile geschafft hat, aus der weißen linken Bubble auszubrechen und | |
große Teile der migrantischen Arbeiter*innenklasse einzubinden. | |
## 20.000 Berliner*innen gegen Kapitalismus auf der Straße | |
So stand dann auch trotz gegenteiliger Außenwirkung keinesfalls der | |
Nahost-Konflikt im Vordergrund, sondern die schlechten Arbeitsbedingungen | |
der überwiegend migrantischen Arbeiter*innen bei | |
Lebensmittellieferdiensten wie Gorillas, genauso wie Kritik an | |
rassistischen Polizeikontrollen. | |
Es steht zu befürchten, dass diese durch die geplante Polizeiwache am Kotti | |
noch zunehmen werden. Denn noch etwas hat sich an diesem 1. Mai gezeigt, | |
der laut Berliner Polizei der friedlichste seit Langem war: Solange sich | |
die Polizei zurückhielt, blieb die Demo weitgehend friedlich, erst als die | |
Einsatzkräfte ab dem Kottbusser Tor, spätestens jedoch am Endpunkt am | |
Oranienplatz massiv Präsenz zeigten und die Teilnehmer*innen | |
bedrängten, eskalierte die Lage. | |
Das zeigt: Gesellschaftliche Probleme lassen sich grundsätzlich nicht mit | |
polizeilichen Mitteln lösen, im Gegenteil. Oder anders gesagt: Weniger | |
Polizei = weniger Probleme. | |
2 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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