# taz.de -- Feministische „Take back the night“-Demo: Wütendes Stop-and-go | |
> Die feministische Walpurgisnachtdemo in Berlin ist so ausdrucksstark wie | |
> zäh. Immer wieder kommt es zu Rangeleien mit der Polizei. | |
Bild: Wütend, aber schön: Take back the night-Demo in der Walpurgisnacht in B… | |
BERLIN taz | Es kommt selten vor, dass politische Demos in ihrem optischen | |
und akustischen Ausdruck an die Blöcke von Fußballultras heranreichen. Bei | |
der feministischen „Take back the night“-Demo am Samstagabend in Berlin war | |
das anders. Es war schon dunkel geworden, als sich der Zug von etwa 3.000 | |
FLINTA – Männer waren nicht erwünscht – ohne Lautsprecherwagen, aber unter | |
lauten Parolen am Mauerpark in Bewegung setzte. Kurz darauf erhellten | |
Bengalos die von einem schwarzen Block angeführte Demo und verliehen dem | |
halbtransparenten Hochtranspi ganz vorne einen besonderen Glanz. | |
„We share the pain. We share the rage“ stand dort neben dem Bild einer mit | |
Sturmhaube Vermummten – „Vereint im Schmerz und unserer Wut“, so hatte au… | |
die Parole gelautet, die zuvor auf der Auftaktkundgebung ausgegeben wurde. | |
Das Motiv Wut – es zog sich durch die Demo: auf die Benachteiligungen, die | |
FLINTA erleben, also das Patriarchat und den Kapitalismus, die Polizei. | |
Nichts wolle man sich gefallen lassen an diesem Abend, keine dummen | |
Sprüche, keine Festnahmen. | |
Bei so viel zur Schau gestellter Offensivität konnte das riesige | |
Polizeiaufgebot in dieser Walpurgisnacht nicht überraschen. Von Beginn an | |
wurde der erste Block, der sich durch Transparente und einige Schirme so | |
gut wie möglich abzuschirmen versuchte, von einem engen Spalier begleitet. | |
Einigen Teilnehmer:innen war das wohl zu nah: Schon nach wenigen | |
hundert Metern flogen vereinzelte Flaschen in Richtung der Behelmten. | |
Als die Demo die engen Straßen Prenzlauer Bergs verlassen und in Höhe des | |
U-Bahnhofs Bernauer Straße auf die Brunnenstraße einbiegen wollte, wurde | |
sie zum ersten Mal gestoppt. Minutenlang drückten Polizist:innen gegen | |
die erste Reihe, über einen Lautsprecher erfolgte die Aufforderung, das | |
Abbrennen von Pyrotechnik und das Werfen von Gegenständen zu unterlassen. | |
## Keine normale Demo mehr möglich | |
Später in den wieder engen Straßen zwischen Rosenthaler Platz und | |
Alexanderplatz wiederholte sich das Schauspiel noch ein halbes dutzend Mal. | |
Meist nur wegen des Gerangels mit jenen Beamt:innen, die auf Zentimeter nah | |
am Zug waren, musste die Demo anhalten. Die Teilnehmer:innen büßten | |
dabei einen Teil ihrer Transparente und auch einige Mitstreiter:innen, die | |
herausgezogen wurden, ein. Von einer normal verlaufenden Demo konnte | |
angesichts dieses Stop-and-go längst keine Rede mehr sein. | |
Die Demo passierte das ehemalige [1][Wombat's Hostel, das am Morgen besetzt | |
worden war], aus dem nun aber schon wieder Polizist:innen guckten. | |
Nachdem der Eigentümer, eine spanische Hotelkette, Verhandlungen abgelehnt | |
hatte, war das Gebäude am Nachmittag geräumt worden – sechs | |
Besetzer:innen wurden im Haus festgesetzt. | |
Kurz darauf, als der Alex in Sichtweite geriet, beendeten die | |
Veranstalter:innen sie Demo mitten im Lauf. Das Überraschungsmoment | |
sollte die Teilnehmer:innen wohl motivieren, unkontrollierbar in alle | |
Richtungen auszuströmen. Viele aber waren selbst überrascht. Im hinteren | |
Teil, hunderte Meter entfernt und ohne jede Polizeibegleitung, nutzte ein | |
Teil der Teilnehmer:innen die Möglichkeit, mitgebrachte Steine und | |
Farbbeutel auf die Schaufenster teurer und unliebsamer Geschäfte zu | |
entsorgen, ehe die angesprinteten Polizeieinheiten ihre Übermacht unter | |
Beweis stellten und die Menge zerstreuten. | |
Schon am Sonntagabend werden sich wohl viele der Beteiligten wiedersehen – | |
auf der ähnlich [2][wütend aufgeladenen Revolutionären 1. | |
Mai-Demonstration]. | |
1 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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