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# taz.de -- Russisches Gas, Habeck, Ofarim: Frittenöl für Dieselmotoren
> Putin will Rubel für sein Gas und Habeck bereitet die Deutschen auf
> schwierige Zeiten vor. Und Restaurants? Nehmen Pommes von der
> Speisekarte.
Bild: Moralische Politik weicht pragmatischer, Ideale verkehren sich ins Machba…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Für Euch gewinnen wir das Morgen“. SPD-Slogan zur
Landtagswahl NRW.
Und was wird in dieser besser?
„Für Euch verlieren wir das heute“. BVB gegen RB Leipzig
Manuela Schwesig hat die Unterstützung des Baus von Nord Stream 2 und die
Einrichtung der Klimaschutzstiftung MV jetzt doch als Fehler bezeichnet.
Alles wieder gut?
Das klassische Erdgas-Röhren-Geschäft Methode Willy Brandt war Kern und
Kasse einer politischen Vision: Grundlagenverträge, Aussöhnung,
Deeskalation bis hin zu Friedensnobelpreis und Wiedervereinigung.
Kommunizierende Röhren. Nord Stream 2 ist eine schale Coverversion, ohne
politischen Plan oder gar eine Vision dahinter. Neben der jetzt allseits
dröhnenden Lesart „Man hätte es gleich lassen sollen“ steht also knietief
im Konjunktiv die ebenso berechtigte Frage, wie denn eine politische Vision
zu diesem Geschäft hätte aussehen können. Da gucken wir schön in die Röhre.
Kanzlerin Merkel wurde oft gelobt für ihren komplett fantasielosen
Politikstil. Hier ist ihr Erbe: eine halbe Sache. Schwesig, darin
Brandt-Enkelin und Merkel-Tochter, kann den Mist jetzt wegräumen.
Wladimir Putin kündigte an, dass ausländische [1][Gaskunden von Freitag an
in Rubel bezahlen müssen] – und dafür ein Konto bei einer russischen Bank
eröffnen müssen. Olaf Scholz reagiert darauf gelassen. Richtig so?
„Pacta sunt servanda“ ist natürlich Russisch und heißt ungefähr „Mal
schauen, wonach uns gerade ist“. Das Moskauer Regime hat mit dem
Angriffskrieg ein halbes Dutzend völkerrechtlich bindender Verträge
gebrochen und macht sich einen Spaß draus, kurz durchzutelefonieren, dass
man sich selbstverständlich an Verträge halte. Und die lauten auf Euro und
Dollar. Erst mal rubelt die Gazprombank diese harten Devisen um, das stützt
den Kurs. Dahinter wird’s duster: Das russische Regime bietet Kulanz und
Umwege, als sei es eben doch angewiesen auf die Fraktion „Gib Gas, ich will
Spaß“. Die nächsten Embargorufe können kommen.
Die Inflation steigt auf 7,3 Prozent und Wirtschaftsminister [2][Robert
Habeck schwört die Menschen auf härtere Zeiten ein]. Im ZDF-Interview sagte
er: „Wir werden ärmer werden.“ Wen genau meint er mit „wir“?
Uns. Habeck gelingt es brillant, seine eigene Lernkurve zur Bundesautobahn
zu erklären. Moralische Politik weicht pragmatischer, Ideale verkehren sich
ins Machbare und von diesem Prozess berichtet er in einer Liveschalte aus
seinem Gewissen. Das hilft. Immerhin ist die brutale soziale
Ungerechtigkeit in alldem erste Sorge und Aufgabe der SPD. Die vermeidet
derzeit noch die klare Ansage: „Es ist Krieg, sozial ist andermal.“
Opernsängerin Anna Netrebko wurde vorgeworfen, Putin zu unterstützen. Ihre
Agentur und die Bayerische Staatsoper beendeten die Zusammenarbeit mit ihr.
Nun hat sie sich von Putin distanziert und darf nicht mehr in Russland
auftreten. Was nun?
Mal abgesehen davon, dass jede Zurücksetzung russischer Zivilisten ungefähr
genau das ist, worauf die Moskauer Propagandamaschine wartet: Wie viele
Deutsche genossen Exil und durften dies, ohne sich permanent dafür zu
entschuldigen, dem Irren daheim noch kein Loch in die Stirn geblasen zu
haben? Kein Rassismus, kein Russismus.
Wegen steigender Speiseölpreise nehmen Restaurants Pommes von ihrer
Speisekarte. Der Moment für die „Heißluftfritteuse“ oder setzen sich
Bratkartoffeln durch?
Alte Dieselmotoren schlucken gefiltertes und entoxydiertes Frittenöl. Geht
auch, riecht interessant und macht keinen Sinn, das Zeug ist teurer als
Diesel. Bei Kartoffeln empfehle ich Backblech, Backpapier, Rosmarin, 200
Grad bis es knuspert.
Die [3][Staatsanwaltschaft Leipzig wirft Musiker Gil Ofarim nach von ihm
erhobenen Antisemitismusvorwürfen] falsche Verdächtigung und Verleumdung
vor. Keine schöne Geschichte, doch zieht Sachsens Ministerpräsident
Michael Kretschmer wirklich den richtigen Schluss, wenn er sagt, es sei
„das Schlimmste, jemanden als Antisemit zu bezeichnen“?
Ofarims irrlichterndes Solo ist tragisch; allein schon weil’s Wasser auf
die Mühlen der Antisemiten wird. Das ist auch der Tipp für Kretschmer: Er
nimmt hier Leute in Schutz, die nicht als Antisemiten bezeichnet werden
möchten, nur weil sie welche sind.
Und was machen die Borussen?
Mich nostalgisch.
Fragen: Carolina Schwarz, Nicole Opitz
3 Apr 2022
## LINKS
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[2] /Robert-Habeck-zur-Energieversorgung/!5841217
[3] /Falsche-Verdaechtigung-und-Verleumdung/!5845591
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Embargo
fossile Energien
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