| # taz.de -- Konflikt um Land in Israel und Palästina: „Das ist unmenschlich�… | |
| > Immer wieder reißt Israel in Al-Walaja angeblich illegal erbaute Häuser | |
| > ab. Die Bewohner*innen protestieren, nun soll ein Gericht | |
| > entscheiden. | |
| Bild: Anhaltender Konflikt: Israels Militär überwacht einen Abbruch in Al-Wal… | |
| Al-Walaja taz | Vor sechs Jahren hat Ibrahim El Araj einen Abrissbefehl für | |
| sein Haus erhalten, seitdem schläft er schlecht. Oft, so erzählt er, setzt | |
| er sich dann nachts an die Betten seiner drei Kinder und sieht ihnen beim | |
| Schlafen zu. „Wie soll ich ihnen das erklären“, fragt der 37-jährige | |
| Anwalt: „Wenn tatsächlich israelische Bulldozer kommen sollten und unser | |
| Haus bis auf die Grundmauern zerstören?“ Am kommenden Mittwoch wird Israels | |
| Oberster Gerichtshof darüber entscheiden, ob El Arajs Haus sowie 37 weitere | |
| Wohnhäuser [1][in Al-Walaja, einem kleinen arabischen Dorf] südlich von | |
| Jerusalem, zerstört werden. | |
| [2][Hauszerstörungen] sind in Al-Walaja keine Seltenheit, besonders in Ein | |
| Juweza, dem Viertel des Dorfes, in dem auch El Arajs Haus liegt. Rund | |
| fünfzig Gebäude wurden in den letzten Jahren hier niedergerissen. Fährt man | |
| durch die Straßen, sieht man immer wieder Flächen mit Geröll, aus denen | |
| Eisenstangen hervorragen. Manchmal erinnern Teile der Grundmauern, eine | |
| Haustür oder eine zurückgelassene Waschmaschine in den Trümmern daran, dass | |
| hier mal Menschen gewohnt haben. | |
| „Es ist schwer zu erklären, was es bedeutet, wenn dein Haus abgerissen | |
| wird. Als würde das Zentrum deines Lebens zerstört“, erklärt El Araj. Er | |
| kennt die Familien, deren Häuser bisher abgerissen worden sind. Viele von | |
| ihnen haben danach das Dorf verlassen. Die Begründung des israelischen | |
| Staates lautet: Die Häuser seien illegal erbaut worden. El Araj schüttelt | |
| den Kopf: „Seit 1967 gibt es keinen Bebauungsplan für Ein Juweiza, immer | |
| wieder wurde er verschoben.“ | |
| Die Hauptbegründung dafür lautet, das Gebiet liege im Naturschutzgebiet. El | |
| Araj aber hält das für einen vorgeschobenen Grund. Er zeigt auf Hunderte | |
| von Häusern, die sich den nächstgelegenen Hügel herunterziehen: Sie gehören | |
| zu Gilo. Die internationale Staatengemeinschaft bezeichnet Gilo als | |
| illegale Siedlung im Westjordanland, Israel jedoch betrachtet es als | |
| reguläres Viertel von Jerusalem. „Wieso darf [3][Gilo wachsen]?“, fragt El | |
| Araj. Dann zeigt er in die andere Richtung, wo eine weitere Siedlung direkt | |
| an Al-Walaja angrenzt. „Und wieso wird [4][Har Gilo erweitert]? Nur wir | |
| dürfen nicht bauen!“ | |
| ## Verschiedene Rechte für Israelis und Palästinenser*innen | |
| „Die Situation in Al-Walaja ist ein extremer Fall einer umfassenden | |
| israelischen Politik, die den Palästinensern das Recht auf faire Planung | |
| verwehrt“, erklärt Aviv Tatarsky, ein Mitarbeiter der | |
| [5][Nichtregierungsorganisation Ir Amim], die sich auf den | |
| israelisch-palästinensischen Konflikt in Jerusalem konzentriert. | |
| Extrem auch deshalb, weil die territorialen Verhältnisse des Dorfes denkbar | |
| kompliziert sind: Al-Walaja ist in zwei Teile geteilt – einer steht unter | |
| palästinensischer Verwaltung, der andere – Ein Juweza – wurde 1967 von | |
| Israel annektiert und wird von Israel als Teil von Jerusalem betrachtet. | |
| Nur in einem kleinen Teil des Dorfes dürfen die Bewohner*innen legal | |
| bauen. Häuser mit zahlreichen Stockwerken ziehen sich dort in die Höhe. | |
| El Araj zeigt auf einen Stacheldrahtzaun, der sich nur wenige Meter | |
| unterhalb von seiner Terrasse entlangzieht. Anfang der 2000er Jahre, | |
| während der Zweiten Intifada, hat Israel diese [6][Sperranlage] errichtet, | |
| an einigen Stellen ist sie ein Zaun, an anderen eine hohe Betonmauer. Sie | |
| trennt das arabische Dorf von den umliegenden Siedlungen. Obwohl Ein Juweza | |
| also offiziell zu Jerusalem gehört, verläuft die Sperranlage hindurch, als | |
| läge das Viertel auf der palästinensischen Seite. | |
| „Müllabfuhr, Wasser, Strom, all das erhalten wir nicht aus Jerusalem, | |
| sondern aus Bethlehem.“ El Araj nimmt einen Schluck Tee und nickt über den | |
| Zaun hinweg Richtung Jerusalem: „Es ist absurd. Israel kann entweder sagen: | |
| Ihr gehört zu uns, aber dann sollen sie uns die gleichen Rechte geben wie | |
| Israelis, inklusive Bebauungsplan. Oder sie lassen den Anspruch auf Ein | |
| Juweza fallen. Aber dieser Zustand hier ist unmenschlich.“ | |
| ## US-Kongress-Mitglieder unterstützen Al-Walaja | |
| Der Gerichtsentscheid am Mittwoch wird wohl endgültig sein, eine weitere | |
| Verschiebung ist nicht möglich – und sie fällt in die Zeit kurz vor | |
| Ramadan, eine Zeit, in der sich die Spannungen zwischen | |
| Palästinenser*innen und Israelis in Jerusalem oft zuspitzen. | |
| In der vergangenen Woche haben [7][fünfzig Mitglieder des US-Kongresses zur | |
| Unterstützung der Palästinenser*innen in Al-Walaja aufgerufen]. „Ohne | |
| starken internationalen Druck wird diese grundlegende Form der | |
| Diskriminierung schwer zu überwinden sein“, erklärt Tatarsky. Doch im | |
| Kleinen ist er hoffnungsvoll: „Ein Bebauungsplan für Al-Walaja an sich ist | |
| keine komplizierte Sache und käme nicht auf Kosten von israelischen | |
| Interessen.“ Darauf hofft auch El Araj, während er seinen Kindern beim | |
| Spielen im Garten zusieht. „Es muss einfach klappen. Einen Plan B gibt es | |
| nicht.“ | |
| 30 Mar 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.theguardian.com/world/2018/may/13/al-walaja-palestinian-village… | |
| [2] /Israel-Palaestina-Konflikt/!5829100 | |
| [3] https://english.alaraby.co.uk/news/israel-approves-400-settlement-units-nor… | |
| [4] https://www.timesofisrael.com/israel-to-advance-plans-for-over-4400-new-set… | |
| [5] https://www.ir-amim.org.il/en | |
| [6] https://www.btselem.org/map | |
| [7] https://www.haaretz.com/us-news/.premium-house-democrats-ask-blinken-to-sto… | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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