# taz.de -- Einbürgerung für Palästinenser untersagt: Kein Recht auf Gemeins… | |
> Israels umstrittenes „Staatsangehörigkeitsgesetz“ verbietet den | |
> Familiennachzug von Palästinenser*innen. Zivilorganisationen | |
> protestieren. | |
Bild: Innenministerin Ayelet Shaked | |
Tel Aviv taz | Palästinenser*innen aus dem Westjordanland oder dem | |
Gazastreifen, die mit israelischen Bürger*innen verheiratet sind, dürfen | |
weiterhin nicht die israelische Staatsbürgerschaft erhalten oder sich in | |
Israel niederlassen. Das besagt das sogenannte Staatsangehörigkeitsgesetz, | |
[1][welches das israelische Parlament am vergangenen Donnerstag inmitten | |
heftiger Diskussionen verabschiedete]. | |
Die im vergangenen Jahr vereidigte israelische Regierung besteht aus einem | |
breiten Bündnis. Es wird angeführt vom rechten Vorsitzenden der | |
Siedlerpartei HaBajit haJehudi (Jüdisches Heim), Ministerpräsident Naftali | |
Bennet. Auch die linken Parteien Meretz und Avoda sind an der Koalition | |
beteiligt, genauso wie die islamische Partei Ra’am. Regierungskrisen sind | |
aufgrund dieser Zusammensetzung vorprogrammiert, doch dem Gesetz gingen | |
besonders heftige Diskussionen voraus. Meretz und Ra’am stimmten dagegen, | |
das Gesetz kam schließlich nur mit Stimmen aus der Opposition durch. | |
Die Vorgeschichte des Staatsangehörigkeitsgesetzes geht zurück auf die Zeit | |
der zweiten Intifada: [2][Im Jahr 2002 hatte die israelische Regierung] die | |
Einbürgerung von Palästinenser*innen aus dem Westjordanland, die mit | |
Israelis verheiratet sind, unter Berufung auf Sicherheitsgründe ausgesetzt. | |
Nach einigen Jahren wurde hinzugefügt, dass auch Staatsangehörige | |
sogenannter verfeindeter Staaten – Iran, Irak, Libanon und Syrien – bei | |
Heirat nicht die israelische Staatsangehörigkeit erhalten können. Bislang | |
war diese Übergangsbestimmung lediglich eine Ergänzung des bis dahin | |
bestehenden Staatsangehörigkeitsgesetzes und wurde jedes Jahr verlängert. | |
Nun ist die Änderung offiziell Teil des Gesetzes. | |
Die Befürworter*innen des Gesetzes rechtfertigen das weiterhin mit | |
Sicherheitsgründen: Militante Palästinenser*innen könnten die Heirat | |
nutzen, um in den Staat Israel einzureisen. Der ehemalige Nahost-Redakteur | |
der Nachrichtenagentur Associated Press, [3][Dan Perry, schrieb in der | |
Zeitung Times of Israel:] Man müsse kein Verschwörungstheoretiker | |
sein, um sich vorzustellen, dass Hamas und andere Terrorgruppen ohne diese | |
Beschränkung damit beginnen würden, Terroristen „in den Wegen der Liebe | |
zu unterrichten“. [4][Innenministerin Ayelet Shaked sprach auf Twitter von | |
einem Sieg] eines „jüdischen und demokratischen Staates“ über einen „St… | |
für alle seine Bürger“. Das ist aber wohl nicht der einzige Grund: Laut | |
[5][der israelischen Zeitung Ha’aretz] sagte Shaked bereits im Februar, | |
dass es „auch um demografische Gründe“ gehe. Man wolle einem „schleichen… | |
Recht auf Rückkehr“ der Palästinenser*innen zuvorkommen. | |
Meretz-Abgeordnete bezeichneten das Gesetz hingegen als „rassistisch“, | |
ebenso wie The Association for Civil Rights in Israel (Acri). Ein Sprecher | |
von Acri betonte laut Ha’aretz, dass die Antragszahlen von | |
Palästinenser*innen auf die israelische Staatsbürgerschaft ohnehin | |
sehr niedrig seien und einen solch tiefen Eingriff in die Rechte nicht | |
rechtfertigen würden. Nach der Abstimmung am Donnerstag kündigte Acri | |
zusammen mit weiteren Zivilorganisationen an, dass man das Gesetz vor dem | |
Obersten Gerichtshof anfechten werde: Die Verletzung der Menschenrechte sei | |
schwerwiegend und daher nicht verfassungsgemäß, erklärten die | |
Organisationen in einem Brief an die Innenministerin. | |
14 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://main.knesset.gov.il/EN/News/PressReleases/Pages/press10322w.aspx | |
[2] https://www.knesset.gov.il/laws/special/eng/citizenship_law.htm | |
[3] https://blogs.timesofisrael.com/israels-much-maligned-citizenship-law-is-fi… | |
[4] https://twitter.com/Ayelet__Shaked/status/1502004403582160897 | |
[5] https://www.haaretz.com/israel-news/shaked-family-unification-bill-meant-to… | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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