| # taz.de -- Gespräch mit Literaturwissenschaftlerin: „Eine glückliche Fügu… | |
| > „Effingers“ und „Käsebier“ – Nicole Henneberg über das Werk der j… | |
| > Schriftstellerin Gabriele Tergit, das sie aus der Versenkung hervorholt. | |
| Bild: Gleich um die Ecke lebte ihre Protagonistin: Nicole Henneberg in Berlin-T… | |
| taz am wochenende: Frau Henneberg, wir sind hier am S-Bahnhof Tiergarten in | |
| Berlin, dort drüben in der Straße Siegmunds Hof hat die Autorin und | |
| Journalistin Gabriele Tergit vor neunzig Jahren mit ihrem Mann Heinz | |
| Reifenberg gewohnt. | |
| Nicole Henneberg: Das war eine bürgerliche Gegend. Vielleicht nicht die | |
| allerbeste, weil es so nah an der Bahn war, aber immerhin, eine solide | |
| Wohnlage. Etwas anderes hätte ihr Vater ihr auch gar nicht gekauft. | |
| Aus welchem Milieu stammte Tergit? | |
| Der Vater war ein erfolgreicher Industrieller, der mit seinem Bruder in | |
| Berlin-Friedrichshain die Deutschen Kabelwerke gegründet hat. In Tergits | |
| Roman „Effingers“ gibt es diese Autofabrik, es ist die Fabrik des Vaters | |
| und des Bruders, die dafür Modell gestanden hat … | |
| „Effingers“ gelten als grandiose Wiederentdeckung, werden als „jüdische | |
| Buddenbrooks“ gefeiert, ein Berliner Gesellschaftsroman … | |
| … und als Tergit und Reifenberg 1928 geheiratet haben, war es in Berlin | |
| schwierig, Wohnungen zu kriegen. Der Vater schrieb in einem Brief: „Ich | |
| kaufe euch jetzt eine Wohnung. Ich kann das gar nicht mit ansehen, wie ihr | |
| euch immer bei eurer Schwiegermutter rumdrückt.“ | |
| „Rumdrückt“ wundert ein bisschen, denn das Haus der Reifenbergs muss doch | |
| riesig gewesen sein. Es diente ja ebenfalls als Vorbild für einen der | |
| Schauplätze in „Effingers“. | |
| Das war eine große, klassizistische Villa im Tiergartenviertel, von | |
| [1][Persius] erbaut, einem Schinkel-Schüler. Ungefähr dort, wo heute die | |
| Berliner Philharmonie ist. Das Haus stand an der Viktoriastraße. Die große | |
| Platane, die zur Hochzeit des späteren Kaisers Friedrich III. und | |
| Prinzessin Viktorias gepflanzt wurde und heute noch dort steht, stand | |
| praktisch vor diesem Haus. | |
| Die Wohnung am S-Bahnhof Tiergarten spielt in Tergits Leben eine ganz | |
| wichtige Rolle. | |
| Von dort aus ist sie geflüchtet. Am 4. März 1933, Tergits Geburtstag. | |
| Frühmorgens kam ein SA-Sturmtrupp, der Sturm 33, und versuchte, in die | |
| Wohnung einzudringen. Über den Trupp hatte Tergit auch schon geschrieben | |
| als Gerichtsreporterin für das Berliner Tageblatt. Das war eine besonders | |
| brutale Schlägertruppe, die hatten sie auf dem Kieker. Heinz, ihr Mann, | |
| hatte in Voraussicht, weil er merkte, die Stimmung in der Stadt wird immer | |
| bedrohlicher, die Tür mit Eisen beschlagen lassen. In Tergits Erinnerungen | |
| kann man es nachlesen. | |
| Das Kapitel heißt ganz schlicht „Besuch des Sturm 33“, darin schreibt sie: | |
| Am 4. März gegen 5 Uhr morgens trommelte der Sturm 33 an unsere | |
| Wohnungstür. Sie klingelten wie verrückt. Heinz schrie dem Mädchen zu: | |
| ‚Nicht aufmachen.‘ Diesen zwei Worten habe ich es zu verdanken, dass ich | |
| noch da bin. Er ging zur Tür, öffnete einen Spalt. Einer stellte seinen Fuß | |
| in den Spalt, die Sicherheitskette hielt: „Haftbefehl für Ihre Frau.“ | |
| „Von wem?“ | |
| „Direkt von Reichsminister Göring.“ | |
| Heinz preßte die Tür, bis der Mann den Fuß zurückzog, und knallte die Tür | |
| zu. | |
| Kontakte Tergits zur Berliner Polizei halfen, den Sturmtrupp von weiteren | |
| Versuchen abzuhalten. „‚Es ist noch schöner Schnee‘, sagte Heinz, ‚fahr | |
| nach Spindlermühle.‘“ Dieser Ort im Riesengebirge war Tergits erste Station | |
| im Exil. | |
| Sie hat sofort gesagt: „Ich bleibe keinen Tag länger hier.“ Und es begann | |
| eine lange Zeit des Exils, die eigentlich bis zu ihrem Tod ging. Gabriele | |
| Tergit hat, sobald es ging nach dem Krieg, Berlin praktisch jedes Jahr | |
| besucht. Aber sie ist nie nach Deutschland zurückgekommen. | |
| Warum hatten die Nazis es so sehr auf diese junge Frau abgesehen? | |
| Sie war eine unglaublich einflussreiche Journalistin. Das Berliner | |
| Tageblatt erschien zweimal täglich, jeweils in einer Auflage von 230.000 | |
| Exemplaren. In fast jeder Nummer gab es einen Artikel von Tergit. | |
| [2][Gerichtsberichte], Feuilletons oder ihre „Berliner Gespräche“. Da hat | |
| sie einfach in der S-Bahn oder im Bus wörtlich mitgeschrieben. | |
| Sie war einflussreich, sie wurde viel gelesen … | |
| … sie hat sehr gut geschrieben, sehr mitreißend … | |
| … und hat auch sehr viel über Prozesse gegen Nazis berichtet, allein | |
| deswegen war sie wohl in den Fokus geraten. | |
| Ja, natürlich. Die Leute vom Berliner Tageblatt waren überhaupt im Fokus, | |
| weil es bei den Nazis als „Judenblatt“ galt. Die haben dieses liberale, von | |
| vielen jüdischen, klugen Menschen geprägte Zeitung gehasst. Dort schrieb | |
| die Crème de la Crème, liberal und modern. | |
| Wie hat sie das geschafft, als Frau in diesem sehr männlich geprägten | |
| Berufsfeld? | |
| Sie war sehr, sehr ehrgeizig und sie war eine Kämpferin. Allein, wie sie | |
| diese Stelle gekriegt hat. Sie hat Theodor Wolff, dem Chefredakteur, | |
| einfach einen Brief geschrieben und ein paar Artikel geschickt und er hat | |
| sie sofort eingeladen und dann hat sie mit ihm ein großartiges Honorar | |
| ausgehandelt. Sie wusste ganz genau, was sie wollte, und hat auch die | |
| Familie ernährt. | |
| Weil Heinz Reifenberg als Architekt da noch nicht so erfolgreich war? | |
| Er hat wenig gebaut in der Zeit. Die Leute hatten wenig Geld, um neu zu | |
| bauen. Er hat meistens renoviert oder ein bisschen umgebaut. Und sobald die | |
| Nazis an die Macht kamen, durfte er als jüdischer Architekt gar nicht mehr | |
| bauen. | |
| Ist Gabriele Tergit, nachdem diese lange Geschichte des Exils begann mit | |
| Spindlermühle, Palästina und dann London, überhaupt irgendwo noch mal | |
| heimisch geworden? | |
| Nein, nie mehr. Es gab auch immer ein Sprachproblem. In Palästina war es | |
| aus sehr verschiedenen Gründen für sie fast unmöglich, irgendwas zu | |
| schreiben, als Deutsche, als Berlinerin. Sie hat sich dort auch nicht | |
| wohlgefühlt. Und in London konnte sie nie genug Englisch. | |
| Hat sie im Exil gelitten? | |
| Sie hatte, glaube ich, zwei Dinge, die sie sehr gestützt und getröstet | |
| haben. Zum einen hatte sie diesen hochbegabten Sohn, der ein perfekter | |
| Engländer wurde, der in Cambridge war, der ein Stipendium nach dem anderen | |
| kriegte, der Mathematik gelehrt hat, auch in Boston später. Er war total | |
| integriert und hat eine Engländerin geheiratet. So hatte Tergit eine | |
| englische Schwiegertochter, die sie heiß geliebt hat. Denn sie hatte auch | |
| eine sehr starke Familienseite, sie war eine leidenschaftliche und berühmte | |
| Köchin, sie hatte eine riesige Rezeptsammlung. Das Zweite war ihr Garten. | |
| Sie ist eine leidenschaftliche Gärtnerin geworden. Sie hat überhaupt immer | |
| alles sehr leidenschaftlich gemacht. Sie hat sich da unglaublich | |
| reingekniet, hat Pflanzen gezüchtet mit ihrer Schwiegertochter. Dieser | |
| Garten muss ziemlich groß gewesen sein. Sie hatten Obst und Gemüse, davon | |
| haben sie am Anfang auch gelebt. | |
| Hat ihr Mann Heinz [3][Reifenberg] denn in London als Architekt arbeiten | |
| können? | |
| Ja, für die jüdische Gemeinde. | |
| Synagogen? | |
| Altersheime. Es gibt wunderbare Berichte im Nachlass. Die Bewohner waren | |
| begeistert von seinen Häusern. Das waren Einzimmerapartments, bis ins | |
| Detail funktionell durchdacht, vom Bauhaus geprägt. | |
| Aber wenn Gabriele Tergit nicht so richtig heimisch geworden ist in London, | |
| warum ist sie nicht wiedergekommen? | |
| Sie hat dem deutschen Staat, glaube ich, misstraut. Wirtschaftswunder, | |
| Adenauer, Erhard – das mochte sie alles nicht. Sie hat gesehen, wie viele | |
| alte Nazis weiter in Amt und Würden waren, das hat sie empört. Die | |
| Dimension der Shoah wurde immer deutlicher – und die machten einfach | |
| weiter. | |
| Sie hatte keine Sehnsucht? | |
| Sie hatte Sehnsucht, ja. Sie kam jedes Jahr ein paar Wochen nach Berlin und | |
| hat sich immer in derselben Pension bei alten Freunden einquartiert. Sie | |
| war immer der Meinung, in Berlin wird der Kampf für die Freiheit geführt. | |
| Es gibt schöne, unveröffentlichte Texte von ihr, die sind alle | |
| Liebeserklärungen an diese Stadt. | |
| Sie haben 2016 Tergits Debutroman „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“ v… | |
| 1931 neu herausgegeben. Darin schildert sie Aufstieg und Fall des | |
| Neuköllner Volkssängers Georg Käsebier. Damit haben Sie eine | |
| Tergit-Renaissance eingeläutet. Wie kam es dazu? | |
| Der Verleger Klaus Schöffling kam auf mich zu und schlug es mir vor. Ein | |
| sehr schönes Buch ist es geworden, es hat prima eingeschlagen. Der Roman | |
| war zwischendrin immer mal veröffentlicht worden, aber er hatte nie so den | |
| richtigen Platz und auch nicht den richtigen Moment. Als klar war, dass | |
| „Käsebier“ gut funktioniert, haben wir gesagt, wir machen weiter. Ich war | |
| vorher schon in Marbach gewesen und hatte mir den Nachlass angeguckt. 33 | |
| große Archivkästen, die inzwischen erschlossen sind, und dann noch 15 | |
| genauso große, die nicht erschlossen sind. | |
| Oh, was mag da noch schlummern? | |
| Ich habe die inzwischen alle durch. Es ist unglaublich viel schönes | |
| Material, tolle Briefe, ihre gesammelten Artikel, viele unveröffentlichte | |
| Texte – alles in diesen ungeordneten Kästen. Wie so eine Wundertüte. | |
| Notizen, Kinokarten, Handwerkerrechnungen – toll, was sie alles aufgehoben | |
| hat. | |
| Mit Tergits großem Roman „Effingers“, der Geschichte der jüdischen Familie | |
| Effinger über vier Generationen, ging es weiter. Der ist lange Zeit gar | |
| nicht veröffentlicht worden, Tergit hat das Manuskript mitgeschleppt von | |
| Exilort zu Exilort und hatte am Ende nur noch ein Exemplar. | |
| Das war während der Kriegszeit. Sie hat das Buch geschrieben, 1946/47 war | |
| es so gut wie fertig. Und dann suchte sie einen Verlag. Sie hatte sechs | |
| Abschriften, vier waren in den Kriegswirren verloren gegangen. Ein | |
| Exemplar hat sie zu Alfred Döblin geschickt, der machte damals die | |
| Kulturzeitschrift Das Goldene Tor in Baden-Baden. Döblin hat es in | |
| Einzelpacken an Rowohlt geschickt, weil es für Sendungen ein Höchstgewicht | |
| gab. Und Rowohlt wollte es nicht. Als sie 1948 nach Berlin kam, der erste | |
| Besuch nach dem Krieg, hatte sie dieses eine Manuskript im Gepäck, das | |
| letzte. | |
| „Effingers“ ist 1951 bei Hammerich und Lesser erschienen, die hatten die | |
| Buchsparte von Springer übernommen. Wie kam das Buch damals an? | |
| Geht so. 1951 war dieses Thema noch schwierig, eine sympathische, | |
| bescheidene jüdische Familie – hm, na ja. Das wollten die Deutschen nicht. | |
| Auch die Art, wie es geschrieben war, kam nicht gut an. Die Leute haben es | |
| nicht verstanden. Im Grunde ist es eine Art Montagetechnik, ein wenig wie | |
| Dos Passos. Viele Buchhändler haben es erst gar nicht in ihr Sortiment | |
| aufgenommen. | |
| Wie erklären Sie sich, dass das heute so erfolgreich ist? Es ist doch | |
| erfolgreich? | |
| Wahnsinnig erfolgreich! Es wurde 2019 neu veröffentlicht und liegt jetzt in | |
| der 13. Auflage vor. | |
| Wie erklären Sie sich das? | |
| Ich denke, aus drei Gründen. Zum einen mag man im Moment dicke Bücher, die | |
| Leute haben keinen Schrecken vor diesem dicken Roman. Dann ist man sehr | |
| viel flexibler und moderner in der Art, wie ein Roman sein darf. Tergit | |
| wird ja zum Beispiel in ihrer Erzählweise immer schneller zum Ende hin. Da | |
| teilt sich die Krise mit. Und diese galoppierende Inflation und dieser | |
| Stress, den die Menschen haben. Das funktioniert. Und zum Dritten ist das | |
| Thema gerade sehr interessant. Viele Leute sind neugierig darauf, was eine | |
| jüdische Autorin in dieser Zeit schreibt. | |
| Inwieweit spielt es eine Rolle, dass es sich hier um eine Autorin handelt? | |
| In fast jeder Rezension wurde geschrieben, dass sei quasi wie Thomas Mann, | |
| nur eben von einer jüdischen Frau, also die Art des präzisen Beobachtens, | |
| des sorgfältigen Schilderns. | |
| Dass sie eine Frau ist, steht ja auch für etwas: Frauen haben sich in der | |
| damaligen Zeit neu erfunden. Tergit hat vom Bruch des Ersten Weltkrieges | |
| profitiert. Wahrscheinlich hätte sie gar nicht studieren dürfen ohne diese | |
| Veränderung. Und dass eine Tochter aus so einer konservativ-bürgerlichen | |
| Familie für die Zeitung schreibt, war nicht selbstverständlich. | |
| Käsebier hat Tergit 2016 aus einer Versenkung herausgeholt, wobei man das | |
| Jahr 1977 nicht vergessen darf. Damals wurde sie schon mal wiederentdeckt. | |
| Das fing schon 1975 an. Da hat der Journalist Frank Grützbach ein großes | |
| Feature über sie gemacht. Er hatte den „Käsebier“ in einem Antiquariat | |
| gefunden und war fasziniert von der Modernität des Romans: Mietspekulation, | |
| Krise und so weiter. Das war praktisch der Anfang, so wurden auch Verlage | |
| hellhörig. 1977 gab es dann eine Lesung während der Berliner Festspiele. | |
| Aber es hat noch mal 40 Jahre gedauert, ehe sie richtig groß rauskam. Mit | |
| „Käsebier“, den Gerichtsreportagen, ihren Erinnerungen und zuletzt dem | |
| Roman „So war es eben“, der zuvor noch nie veröffentlicht worden war. | |
| Der schlummerte im Archiv in Marbach in drei Kisten in verschiedensten | |
| Fassungen. | |
| Und Fritz J. Raddatz hatte ihn als Rowohlt-Lektor abgelehnt. | |
| Der hat’s in den Boden gestampft. Aber nicht nur er. Gabriele Tergit hat | |
| das Manuskript an ein Dutzend Verlage geschickt. Die haben nicht | |
| verstanden, was es ist. Auch ein Monatgeroman, aber viel radikaler als | |
| „Effingers“. Eine Art von Hyperrealismus mit wörtlich mitgeschriebenen | |
| Gesprächen. Da muss man sich drauf einlassen. | |
| Sie müssen elektrisiert gewesen sein, als Sie es entdeckten. | |
| Ich habe das gesehen und war am Anfang sehr unschlüssig, ob wir das machen | |
| oder nicht. Ich habe bestimmt zwei Wochen in Marbach gesessen und über | |
| diesen Typoskriptbergen gegrübelt. Es gibt sehr verschiedene Fassungen, | |
| weil jeder dieser Verlage etwas auszusetzen hatte und sie hat es jedes Mal | |
| verändert. Der Roman hätte durchaus noch ein gründliches Lektorat | |
| vertragen. Das hat sie bei „Effingers“ gemacht, wochenlang hat sie mit | |
| ihrem Lektor Walther von Hollander zusammengesessen. Das entfiel hier. Wir | |
| haben es praktisch direkt aus dem Nachlass zum Setzer gegeben. | |
| Hätten Sie gerne daran gearbeitet? | |
| Ja, aber das durfte ich nicht. Klaus Schöffling hat gesagt: „Nein, nein.“ | |
| Und das habe ich dann auch eingesehen. | |
| Sie haben Gabriele Tergit nun wirklich nachhaltig zum Erfolg geführt. | |
| Es war eine sehr glückliche Fügung mit uns beiden. Ich habe inzwischen | |
| Hunderte von Briefen von ihr gelesen und ich muss sagen, sie wird mir immer | |
| sympathischer. Sie war eine prima couragierte, politisch sehr klarsichtige | |
| Frau. Sehr mutig, sehr fleißig, sehr temperamentvoll, mit viel Energie. | |
| Haben Sie sie noch kennengelernt? | |
| Nein, sie starb 1982. Ich hätte sie noch kennenlernen können. Aber ich | |
| wusste damals ja noch nichts über sie. | |
| Jetzt denken Sie sich in ihr Leben. | |
| Ich kann mich in vieles hineinversetzen. Wie sie über Dinge gedacht hat, | |
| wie sie gelebt hat, wie es dort ausgesehen haben mag, auch im | |
| Tiergartenviertel, in den großbürgerlichen Häusern dort der jüdischen | |
| Familien Berlins. Ich habe viele Fotos gesehen, die hatten ihre Liebermanns | |
| überm Kamin hängen und ihre Lesser Urys. Das waren großartige kulturelle | |
| Orte. | |
| Sie beschreibt das ja auch sehr schön in „Effingers“. Ich stelle mir vor, | |
| dass das für Sie auch etwas Beglückendes hat, so viel über sie zu finden, | |
| in diese Welt einzutauchen. | |
| Ja, sehr. Es hat aber immer auch etwas Trauriges. Ich sehe diesen riesigen | |
| Verlust, den Berlin erlitten hat, dadurch dass diese ganze Kultur | |
| kaputtgegangen und zerstört worden ist. So unglaublich viele kluge | |
| Menschen, die hätten wir gebraucht. Gabriele Tergit ist eine Zeugin, durch | |
| die man dieser Zeit auf die Spur kommen kann. | |
| 18 Mar 2022 | |
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| Felix Zimmermann | |
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