| # taz.de -- Atomkraftwerke in der Ukraine: Gefahren lange nicht gebannt | |
| > Überarbeitete Mitarbeiter, brennende Wälder, mögliche Stromausfälle: Die | |
| > Lage rund um die AKW Saporischschja und Tschernobyl bleibt bedrohlich. | |
| Bild: Satellitenaufnahme des AKWs in Tschernobyl vom 10. März | |
| Berlin taz | Erneut brennen Wälder in der verstrahlten Zone um Tschernobyl. | |
| 8,1 Quadratkilometer Wald, so berichtet die staatliche ukrainische | |
| Atomkontrollbehörde, sind mit Stand vom 18. März von diesen Bränden | |
| betroffen. | |
| Das Atomkraftwerk Tschernobyl und die 30-Kilometer-Schutzzone wird derzeit | |
| von russischen Truppen kontrolliert. Nach Angaben des in Kiew ansässigen | |
| Europäischen Tschernobyl Instituts nutzten die russischen Streitkräfte das | |
| Territorium des Unglücksreaktors bereits seit fast einem Monat für | |
| militärische Zwecke, wissend, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht auf | |
| Tschernobyl schießen werden. Gleichzeitig, so das Institut, würden die | |
| russischen Truppen regelmäßig die verstrahlten Wälder von Tschernobyl | |
| beschießen, um Waldbrände zu entfachen. | |
| Die aktuellen Waldbrände seien allerdings in ihrer Intensität weitaus | |
| geringer als die Waldbrände von 2020, so Valeri Korschunow vom Institut. | |
| Auch die ukrainische staatliche atomare Aufsichtsbehörde ist zwar besorgt | |
| über die durch Beschuss angefachten Waldbrände, bestätigt aber auch, dass | |
| die durch diese Waldbrände leicht angestiegene Radioaktivität um das | |
| 30-Fache unter der bei den Waldbränden in April 2020 gemessenen | |
| angestiegenen Radioaktivität liege. | |
| Gegenüber der Nachrichtenagentur Ukrinform erklärte der ukrainische | |
| Umweltminister Roman Strilez, derzeit lägen ihm keine erhöhten | |
| Radioaktivitätsmesswerte aus Tschernobyl vor. Gleichzeitig musste er jedoch | |
| auch einräumen, dass die Ukraine wegen der Besetzung des Atomkraftwerks | |
| durch russische Truppen den Zugang zum nuklearen Überwachungssystem von | |
| Tschernobyl verloren habe und man nun nur noch von einer Messstation Daten | |
| erhalte. | |
| ## 600 Stunden durchgearbeitet | |
| Am Wochenende konnte endlich die Hälfte des Betriebspersonals des AKW | |
| ausgetauscht werden. Fast 600 Stunden hintereinander hatten die | |
| Mitarbeiter:innen des Kraftwerks in Tschernobyl ihren Dienst | |
| geleistet. Von den russischen Truppen war ihnen das Verlassen des Geländes | |
| verboten worden. Doch die meisten Mitarbeiter des AKW Tschernobyl leben im | |
| Städtchen Slawutitsch. Und dort gibt es derzeit keinen Strom, kein Wasser | |
| und keine geöffneten Lebensmittelgeschäfte. Weiter unklar ist auch die Lage | |
| im größten Atomkraftwerk Europas, dem AKW Saporischschja, das ebenso wie | |
| Tschernobyl von russischen Truppen besetzt ist. | |
| Derzeit arbeiteten die beiden in Betrieb befindlichen Blöcke des AKW | |
| Saporischschja mit zwei Dritteln ihrer maximalen Kapazität von jeweils rund | |
| 1.000 Megawattstunden, nachdem in der vergangenen Woche zwei Stromleitungen | |
| repariert worden waren, berichtet die Internationale Atomenergiebehörde | |
| IAEA unter Berufung auf die ukrainische Aufsichtsbehörde. Auch die | |
| Sicherheitssysteme des Kraftwerks, so die IAEA, seien voll intakt. | |
| Etwas weniger optimistisch klingen hingegen die Aussagen eines Mitarbeiters | |
| des AKW Saporoschschja, der, ohne seinen Namen zu nennen, in einem | |
| Interview mit der oppositionellen belarussischen Plattform Euroradio.fm | |
| seine Sicht der Situation schildert. Im Atomkraftwerk Saporischschja könnte | |
| es aufgrund von Stromausfällen zu einer nuklearen Katastrophe kommen, | |
| fürchtet er. Jederzeit könne es passieren, dass das Kraftwerk keinen Strom | |
| mehr bekomme, und das sei eine ernsthafte Gefahr. | |
| Damit der Reaktor in einem sicheren Zustand ist, müsse er ständig gekühlt | |
| werden, ob er nun in Betrieb ist oder nicht. Also benötige man Wasser zur | |
| Kühlung. Dafür brauche man Strom. Wenn man den nicht habe, werde es große | |
| Probleme geben. Da helfe es auch nicht, so der Mitarbeiter, dass sowohl | |
| Reaktor als auch am Reaktor angesiedelte Atommülllager bisher unbeschadet | |
| die Kämpfe überlebt hätten. | |
| Ein weiteres Problem, so dieser Mitarbeiter, seien instabile | |
| Internetverbindungen und der Umstand, dass sich die Internationale | |
| Atomenergiebehörde IAEA aus dieser Problematik weitgehend zurückgezogen | |
| habe. Dort heiße es nur immer wieder, man inspiziere alle ukrainischen | |
| AKWs. | |
| 22 Mar 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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