# taz.de -- Eskalation in der Ostukraine: Angst vor Entgrenzung | |
> Nach der Anerkennung der „Volksrepubliken“ durch Moskau mahnt der | |
> ukrainische Präsident zur Ruhe. Die Frage ist: Geht es um weitere | |
> Gebiete? | |
Bild: Ukrainische Grenzschützer an der Grenze zum Separatistengebiet in der Os… | |
Kiew taz | Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat am späten | |
Montagabend [1][nach Bekanntwerden der Anerkennung der „Volksrepubliken“ | |
Donezk und Luhansk durch Russland] in einer Rede an das Volk zu Ruhe und | |
Besonnenheit aufgerufen. Unabhängig von der Moskauer Entscheidung, so | |
Selenski, sei festzuhalten, dass die Grenzen der Ukraine so blieben, wie | |
sie international anerkannt seien. Die jüngsten Handlungen Russlands seien | |
eine Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine. | |
Nun werde sich die Ukraine an verschiedene Organisationen wenden, darunter | |
den UN-Sicherheitsrat, die OSZE, die Unterzeichner des Budapester | |
Memorandums sowie die Mitglieder des Normandie-Formats. „Wir lassen uns | |
nicht provozieren. Unsere Grenzen sind sicher, wir haben unsere | |
Landesverteidigung.“, so Selenski. | |
Die Anerkennung der Unabhängigkeit der sogenannten L/DPR durch Moskau | |
„kann“ den Rückzug Moskaus aus dem Minsker Abkommen bedeuten, so Selenski | |
weiter. Gleichwohl setze die Ukraine weiterhin auf Diplomatie. Man sei im | |
Gespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Bundeskanzler | |
Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden, dem britischen Premier Boris Johnson | |
und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. „Wir bleiben ruhig und | |
zuversichtlich, bewahren einen kühlen Kopf, haben keine Angst vor | |
irgendetwas, wir schulden niemandem etwas, aber wir werden niemandem etwas | |
schenken“, beendete er seine Rede. | |
Am meisten beunruhigt die Ukraine die Frage, in welchen Grenzen sich die | |
Gebilde der „Volksrepubliken“ sehen. Das Portal strana.best zitiert den | |
russischen Innenminister Wladimir Kolokolzew, die „Volksrepubliken“ sollten | |
in ihren „historischen Grenzen“ anerkannt werden. Und das bedeute, dass man | |
auch Städte wie Mariupol, Kramatorsk und Slowjansk, die von der Ukraine | |
kontrolliert werden, beanspruche. Und Wiktor Solotow, Kommandeur der | |
russischen Nationalgarde, habe, so strana.best, gar von der Notwendigkeit | |
gesprochen, „weiter zu gehen“. | |
## Absolut nichtig | |
Für den ukrainischen Diplomaten Roman Bessmertnyj ist die Anerkennung der | |
„Volksrepubliken“ „absolut nichtig“. Mit diesem Schritt und der Annexion | |
der Krim, so Bessmertnyj gegenüber nv.ua, breche Putin internationales | |
Recht, zimmere sich sein eigenes Recht zusammen. Mit diesem Schritt, so der | |
Chefredakteur des Portals Zensor.net, Jurij Butusow, gebe Putin endlich zu, | |
dass sich russische Truppen im Donbass befänden. Russland sei der Aggressor | |
und müsse sich für diese Aggression verantworten. | |
Letztendlich sei die Anerkennung der „Volksrepubliken“, so der bekannte | |
Blogger Evgeny Istrebin, ein Eingeständnis Putins, dass er verloren habe | |
und nur noch sein Gesicht wahren wolle. Viele seien nun wütend über den | |
Umstand, dass russische Truppen im Donbass seien., „Doch die sind da schon | |
acht Jahre, nur unter einer anderen Flagge“, so Istrebin auf Facebook. | |
Für die Ukraine habe die Entwicklung auch ihre positiven Seiten. Nun müsse | |
man die Gebiete von Luhansk und Donezk nicht mehr zu Moskauer Bedingungen | |
integrieren. Gleichzeitig hofft Istrebin auf ein Abflauen [2][der Kämpfe an | |
der Front]. Denn nun könne man für jeden Beschuss direkt die russische | |
Armee verantwortlich machen. Insgesamt müsse man sich auf einen langen und | |
eingefrorenen Konflikt einstellen. Er glaube nicht, dass Putin noch einmal | |
seinen Einsatz erhöhen werde. | |
Unterdessen war im Vorfeld der russischen Entscheidung das Ausmaß von | |
Evakuierungen von Teilen der Zivilbevölkerung des von den „Volksrepubliken“ | |
kontrollierten Gebietes nach Russland bekannt geworden. Am Sonntagabend | |
berichtete die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Lyudmyla Denysova | |
gegenüber nv.ua von „Zwangsevakuierungen“ in das russische Rostow. Frauen | |
mit Kindern und ältere Menschen hätten fast zwei Tage lang ohne Essen und | |
Schlaf in ungeheizten Bussen ausharren müssen, die russischen Behörden | |
würden den Ankommenden keine Unterkunft, keine warmen Mahlzeiten und auch | |
keine medizinische Versorgung anbieten. | |
Denysova forderte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana | |
Moskalkowa auf, sich für angemessene Aufenthaltsbedingungen dieser | |
ukrainischen Bürger in der Russischen Föderation einzusetzen und ihnen | |
kostenlose Rechtsberatung sowie humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. | |
22 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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