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# taz.de -- Frauen im Jazz: Außerirdische und all that Jazz
> In Deutschland sind es beim Jazz nur 20 Prozent Frauen, die die Musik
> machen. Das Berliner Rejazz-Festival will an dieser Zahl etwas ändern.
Bild: Wenn Jazz und Trompete, dann wahrscheinlich Mann
Es ist eine Frage der Sichtbarkeit, die man doch einfach nur herstellen
muss. Und schon ist man mitten im Problem. Wenn man zum Beispiel im Pop
oder Rock [1][von Frauenbands schreibt], also Bands, in denen Musikerinnen
die Musik machen, verweist man auf eine Besonderheit, macht sichtbar und
erkauft sich das dadurch, dass die Norm bestätigt wird. Bands: prinzipiell
männlich besetzt. Frauenbands: das nicht normale andere.
Ist wie im Fußball: Da gibt es Frauenfußball. Und Fußball.
Und damit zu einer Musik, die als besonders offen und dem kommunikativen
Austausch verpflichtet gilt, einer Musik, die auf starre Regeln pfeift oder
sich zumindest ein eigenes Lied drauf macht. So eine Musik soll doch der
Jazz sein. Dazu mal ein paar Namen, wahllos als Reihung aus einem Lexikon
gepickt, dem „Jazz Rough Guide“ aus dem Jahr 1999: Hans Koller. Lee Konitz.
Bernd Konrad. Alexis Korner. Teddy Kotick. Peter Kowald. Carl Kress. Volker
Kriegel (na, noch dabei?). Ed Kröger. Karin Krog.
Da fällt doch was auf? Lauter Männer. Dann mit Karin Krog, der norwegischen
Sängerin, mal eine Frau.
Und dass dieses stark hinkende Ungleichgewicht kein am K festgemachter
komischer Zufall ist, bestätigt sich im Lexikon von A bis Z.
Der Jazz ist männlich.
Die halbwegs aktuellen Zahlen dazu: Laut der [2][Jazzstudie 2016] sind es
in Deutschland beim Jazz etwa 20 Prozent Frauen, die die Musik machen.
Männer: 80 Prozent. Und Frauen im Jazz machen den tendenziell singend: Bei
den InstrumentalistInnen sind nur 12 Prozent weiblich, bei den SängerInnen
liegen Frauen mit 86 Prozent vorn.
Das Rejazz-Festival in Berlin mit dem Motto „Frauen im Jazz“ (was nicht
heißen soll, dass da nur Frauen auf der Bühne stehen) will, dass es nicht
bei solchen Zahlen bleibt. Diese Woche konnten endlich die letzten Konzerte
des pandemiegebeutelten Festivals stattfinden, die eigentlich noch zur
2021er Ausgabe zählen. Eine weitere Rejazz-Runde ist für Ende des Jahres
geplant.
Nun ist aber hier zur Herstellung von Sichtbarkeit einiges über die
Umstände zu lesen gewesen und noch kein Wort über die Musik, um die es doch
gehen soll. Am Mittwoch gab es da im Jazz Institut Berlin (das Verhältnis
der Studierenden dort derzeit: etwa 20 zu 80 Prozent) mit dem Zuza & Morten
Duo zart selbstbewusste Lieder zu hören, das Trio Rosemarine machte eine
popvertraute und sich auch auf Club-Tanzböden zurechtfindende Musik, zu der
man gar nicht mehr unbedingt Jazz sagen muss, und Mia Gjakonovski Cloud
Research spielten einen manchmal loungelässigen, manchmal freundlich
jazzrockenden Jazz, in dem sich auch Spuren von Balkanmusik fanden. Als
dann noch die Stimme technisch manipuliert wurde, hätte man sich das gut
auch als den Beitrag von geschlechterindifferenten Aliens vorstellen können
mit einer einfach – doch – flotten Musik.
Wobei man dann abseits von Genderfragen aber auch gleich wieder hätte
fragen müssen, was die Außerirdischen mit dem Balkan zu tun haben.
28 Feb 2022
## LINKS
[1] /Westberliner-Frauenbands/!5817788
[2] http://www.miz.org/downloads/dokumente/763/jazzstudie2016_small_1_.pdf
## AUTOREN
Thomas Mauch
## TAGS
Kolumne Großraumdisco
Schwerpunkt Stadtland
Jazz
Frauenförderung
Gleichberechtigung
Feminismus
Gospel
Kolumne Durch die Nacht
Jazz
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