| # taz.de -- Respekt für Rücktritt von Antje Kapek: Schwäche zeigen ist richt… | |
| > Die Berliner Fraktionschefin der Grünen tritt zurück, weil sie nicht mehr | |
| > kann. Wir müssen die Leistungsgesellschaft viel öfter in Frage stellen. | |
| Bild: Die Corona-Pandemie brachte viele Menschen in Schieflage, sie auch: Antje… | |
| Antje Kapek, die nun [1][Ex-Fraktionschefin der Berliner Grünen], hat in | |
| den letzten Tagen viel Respekt dafür bekommen, dass sie Schwäche gezeigt | |
| hat. Ihr Rücktritt, den sie am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses | |
| erneut mit persönlicher mentaler wie physischer Erschöpfung begründete, | |
| ließ viele ihrer Kolleg*innen den Hut ziehen: Vor der Offenheit ihrer | |
| Worte und vor ihrem Mut, sich öffentlich so angefasst zu zeigen: Am | |
| Dienstag, beim ersten Pressestatement, hatte sie die Tränen noch mühsam | |
| zurück gehalten; am Donnerstag im Parlament weinte Kapek offen. Und die | |
| Tatsache, dass so viele den Hut zogen, sorgt seither für eifrige mediale | |
| Berichterstattung. | |
| Kapeks Abgang offenbart eine Kritik an der Leistungsgesellschaft, die | |
| [2][keineswegs nur Politiker*innen gegenüber unbarmherzig] ist. Wenn | |
| jemand nicht mehr kann, vor allem wenn jemand mental nicht mehr kann, ist | |
| das nämlich noch immer ein Tabu – die Diskussion um Kapek zeigt das nur zu | |
| gut. Man redet nicht gerne und nicht offen darüber. Weil sich die Tatsache, | |
| wer ein „vollwertiges“ Mitglied dieser Gesellschaft ist, eben doch damit | |
| verknüpft ist, wie „funktionsfähig“ der- oder diejenige ist. Was eigentli… | |
| eine zutiefst dehumanisierender, kalter Ansatz ist, diese Welt zu | |
| verstehen. | |
| ## Funktionieren im Homeoffice | |
| Menschen sind keine Maschinen, das konnte jede*r auch gerade in den | |
| zurückliegenden Corona-Jahren eindrucksvoll sehen, bei Freunden oder in der | |
| Familie, oder musste es selbst erleben: Das Funktionieren-müssen zwischen | |
| [3][Homeoffice, Quarantäne und Kinderbetreuung] brachte sehr viele an | |
| Grenzen und darüber hinaus. | |
| Wirklich in Frage gestellt haben wir diesen Anspruch an uns aber nicht. | |
| Alle haben trotzdem weiter gemacht, immer weiter, bis es für einige eben | |
| nicht mehr ging. Auch das zeigt das Beispiel Antje Kapek. | |
| Sie steht damit stellvertretend auch für jene, die – weil sie nun mal kein | |
| prominentes Amt oder nicht genug Follower auf Twitter haben und sich die | |
| Zeitungen deshalb nicht für sie interessieren –, keinen Respekt dafür | |
| bekommen, dass sie sich einfach mal für eine Weile verabschieden müssen: | |
| vom Job an der Supermarktkasse, von der Familie, in die Kur. | |
| Und natürlich werden wir auch jetzt weitermachen, nach dem kurzen | |
| Innehalten über dem erschöpften Rücktritt einer Berliner Landespolitikerin. | |
| Aber es wäre doch schön, wenn Kapek mit ihrem Mut in Zukunft nicht alleine | |
| bleibt. | |
| 26 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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