| # taz.de -- Mindestlohn und Minijobs im Kabinett: Mindestlohn hui, Minijobs pfui | |
| > Ab Oktober soll nicht nur der Mindestlohn, sondern auch die | |
| > Minijob-Grenze steigen. Das stößt bei Gewerkschaften und Sozialverbänden | |
| > auf Kritik. | |
| Bild: Besonders Beschäftigte in der Gastronomie werden von der Mindestlohnerh�… | |
| Berlin taz | Ihr Protest kommt spät, möglicherweise zu spät. In einem am | |
| Mittwoch veröffentlichten Aufruf fordern Gewerkschaften und Sozialverbände | |
| die Abgeordneten aller demokratischen Parteien im Bundestag auf, ein | |
| Vorhaben der Ampelkoalition zu stoppen: die Anhebung der | |
| Hinzuverdienstgrenze bei Minijobs. Denn das führe zu einer Ausweitung | |
| dieser umstrittenen Beschäftigungsform. | |
| Dieser Plan verfestige „geringfügig entlohnte und sozial prekäre | |
| Beschäftigung und treibt vor allem Frauen in ungewollte finanzielle | |
| Abhängigkeiten und Altersarmut“, [1][heißt es in dem Aufruf], den unter | |
| anderem die Spitzen der IG Metall und von Verdi, Jörg Hofmann und Frank | |
| Werneke, der Präsident des Sozialverbands Deutschland Adolf Bauer, die | |
| Vorsitzende des Deutschen Frauenrats Beate von Miquel sowie Daniela | |
| Jaspers, die Bundesvorsitzende Verband alleinerziehender Mütter und Väter, | |
| unterschrieben haben. | |
| Die Anhebung der Minijobgrenze von derzeit 450 auf 520 Euro monatlich ist | |
| Teil eines Gesetzentwurfs von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), | |
| den das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat. Dessen zentraler Punkt | |
| ist die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro brutto. Dieses | |
| [2][SPD-Wahlversprechen] soll zum 1. Oktober umgesetzt werden. | |
| Die Koppelung mit einer Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze hatte [3][die | |
| FDP in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt]. Begründet wird sie damit, | |
| dass dadurch auch künftig eine Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum | |
| Mindestlohn ermöglicht wird. Auf den Kabinettsbeschluss folgt nun das | |
| übliche parlamentarische Verfahren. Dass es dabei noch zu größeren | |
| Änderungen kommen wird, ist unwahrscheinlich. | |
| „Dieser politische Kompromiss geht auf den Rücken abhängig Beschäftigter | |
| und der Versichertengemeinschaft“, kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Anja | |
| Piel. Damit werde die Chance auf eine grundlegende Reform erst mal vertan. | |
| „Viele Millionen Beschäftigte fallen damit auch weiterhin nicht unter den | |
| Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung“, konstatierte Piel. | |
| Die Minijob-Aufstockung sei „eine krasse Fehlentscheidung der | |
| Ampelkoalition“, kritisierte auch der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. | |
| „Damit ist Altersarmut, insbesondere von Frauen, programmiert.“ Sie würden | |
| die Hauptleidtragenden dieser Entscheidung sein. Denn rund 70 Prozent der | |
| ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten seien Frauen. | |
| Scharfe Kritik kommt auch von der Linkspartei. „Statt endlich den | |
| Niedriglohnsektor auszutrocknen, macht die Ampel den Arbeitgebern eine | |
| weitere Offerte und schreibt Minijobs als Zukunftsmodell fest“, sagte die | |
| stellvertretende Linksfraktionsvorsitzende Susanne Ferschl. „Für die | |
| Arbeitgeber ist das ein lukratives Geschäft, für die Beschäftigten eine | |
| Armutsfalle.“ | |
| Auf Zustimmung sowohl der Gewerkschaften als auch der Linkspartei stößt | |
| hingegen die geplante Mindestlohnerhöhung. „Es ist gut, dass das Kabinett | |
| heute Nägel mit Köpfen bei der überfälligen Mindestlohnerhöhung gemacht | |
| hat“, lobte Ferschl. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell wies darauf hin, | |
| dass davon vor allem Beschäftigte im Gastgewerbe, im Handel und im | |
| Gesundheits- und Sozialwesen profitieren würden. „Also all jene, die den | |
| Laden in der Coronapandemie am Laufen gehalten haben.“ | |
| Laut dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf können etwa 6,2 Millionen | |
| Beschäftigte durch den höheren Mindestlohn mit einer Gehaltssteigerung | |
| rechnen. Derzeit beträgt der Mindestlohn noch 9,82 Euro, am 1. Juli steigt | |
| er auf 10,45 Euro. Nach der gesetzlichen Erhöhung auf 12 Euro soll im | |
| nächsten Jahr wieder die Mindestlohnkommission die Höhe der Lohnuntergrenze | |
| festlegen, die dann ab 2024 gelten wird. | |
| 23 Feb 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.verdi.de/themen/arbeit/++co++710ce828-5da8-11ec-be48-001a4a1601… | |
| [2] /Olaf-Scholz-vor-der-Bundestagswahl/!5794166 | |
| [3] /Obergrenze-fuer-Minijobs/!5829401 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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