# taz.de -- Aktivist*innen blockieren A100: Die Aktion polarisiert | |
> Erneut demonstrierten Klimaaktivist*innen gegen | |
> Lebensmittelverschwendung und blockierten dafür die A100. | |
Bild: Menschen vor Autos am Montagmorgen: Blockade der A100 am Messedamm | |
BERLIN taz | Klimaaktivist*innen der Gruppe „Die letzte Generation“ | |
haben am Montagmorgen erneut [1][mehrere Zufahrten zur Stadtautobahn A100 | |
blockiert]. Nach Polizeiangaben klebten sich mehrere Personen an den | |
Anschlussstellen Halensee, Messedamm und vor der Zufahrt Spandauer Damm am | |
Asphalt fest. Einen weiteren Klebeversuch bei der Zufahrt Hohenzollerndamm | |
habe man verhindert, so ein Polizeisprecher zur taz. 20 Personen seien | |
vorläufig festgenommen worden, ein Richter prüfe nun einen | |
„Anschlussgewahrsam“. Aufgrund der Blockaden kam es laut Berliner | |
Verkehrsinformationszentrale zu langen Staus in Richtung Wedding und auf | |
der A100 Richtung Funkturm. | |
Unter dem Motto „Essen retten – Leben retten“ fordert die Gruppe ein Gese… | |
gegen Lebensmittelverschwendung, die als unsozial und klimaschädlich | |
angesehen wird. In den vergangenen Wochen hat die bundesweit aktive Gruppe | |
mehrfach die A100 blockiert, zuletzt am Freitag. In einer [2][Erklärung von | |
Sonntagabend] ruft sie nun die Autobahn zum „Ort des gewaltfreien zivilen | |
Widerstands“ aus, an dem man so lange mit Aktionen den „Verkehr | |
verlangsamen“ wolle, bis die Bundesregierung ihrer Forderung nachkomme. | |
In der Erklärung behauptet die Gruppe zudem, Aktivistinnen seien zuletzt | |
von Polizisten verletzt worden, als diese mit dem Skalpell versucht hätten, | |
angeklebte Hände zu lösen. Ein Polizeisprecher sagt dazu auf taz-Anfrage, | |
das sei ihm nicht bekannt, der Vorwurf werde aber überprüft. Die Polizei | |
„befreie“ angeklebte Körperteile mit Lösungsmittel, nicht mit dem Skalpel… | |
Die Letzte Generation findet offenbar auch UnterstützerInnen bei älteren | |
Menschen: „Indem sie sich weigert, unser Essen zu bewahren, verurteilt | |
unsere Regierung in Zeiten steigender Lebensmittelpreise und immer mehr auf | |
die Tafel angewiesenen Menschen, Tausende Menschen zu knurrendem Magen. Das | |
alles während unzählige Familien global jetzt schon hungern oder auch hier | |
bei uns in den kommenden Hungersnöten nach 2050 hungern werden“, zitiert | |
die Erklärung einen Aktivisten namens Ernst Hörmann, der 71 Jahre alt sein | |
soll. | |
Man sei sich bewusst, dass man mit den Blockaden der Öffentlichkeit | |
„Unannehmlichkeiten und Irritationen“ bereite, heißt es weiter in der | |
Erklärung. „Wir bitten Sie um Verständnis dafür, dass diese Störungen | |
notwendig sind, um unsere Regierung dazu zu bringen, ihre grundlegendsten | |
Pflichten zum Schutz ihrer Bevölkerung zu erfüllen.“ | |
## Autofahrer reagieren aggressiv | |
Allerdings stößt die Gruppe mit den Blockaden auch auf Unverständnis und | |
Aggressivität. So zeigt ein [3][Twitter-Video von Montagmorgen], wie | |
Autofahrer versuchen, Blockierer von der Straße zu ziehen, die sich immer | |
wieder vor die Fahrzeuge setzen. Die Stimmung ist sehr angespannt. Die | |
Kommentare zu den Blockaden unter dem Hashtag #EssenRettenLebenRetten sind | |
geteilt: Viele Twitter-Nutzer*innen lehnen sie ab, manche äußern aber auch | |
Verständnis, wobei Zweifel, ob die Aktionen nicht kontraproduktiv sind, die | |
ungeteilte Zustimmung zu überwiegen scheinen. | |
Konkret fordert die Gruppe von der Bundesregierung ein Gesetz, das das | |
Wegwerfen von Lebensmitteln verbietet. Vorbild ist Frankreich: Dort dürfen | |
seit 2019 Supermärkte keine abgelaufenen Nahrungsmittel mehr wegwerfen; die | |
Tafeln sollen seither deutlich mehr Spenden bekommen. Laut der „Letzten | |
Generation“ werden hierzulande jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel | |
weggeschmissen. Zudem, argumentieren die Klimaschützer, fallen bei der | |
Produktion viele Emissionen an. In Deutschland [4][ist die Landwirtschaft | |
laut Umweltbundesamt] für rund acht Prozent der Treibhausgasemissionen | |
verantwortlich, weltweit sollen es nach verschiedenen Quellen 14 bis 30 | |
Prozent sein. | |
Schon bei vorherigen Blockaden der letzten Tage hatte die Polizei versucht, | |
AktivistInnen in „Anschlussgewahrsam“ zu nehmen. Laut dem Allgemeinen | |
Sicherheits- und Ordnungsgesetz, kurz ASOG, ist dies möglich, um die | |
„Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher | |
Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern“. Laut | |
Polizeisprecher ist der zuständige Richter bislang allerdings nicht darauf | |
eingegangen – die AktivistInnen wurden nach Personalienfeststellung wieder | |
freigelassen. | |
7 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Protest-gegen-Essensverschwendung/!5833131 | |
[2] https://letztegeneration.de/blog/2022/02/a100-als-ort-des-zivilen-widerstan… | |
[3] https://twitter.com/DanniPilger/status/1490588287857213446 | |
[4] https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landw… | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
## TAGS | |
A100 | |
Schwerpunkt Klimaproteste | |
Letzte Generation | |
Ukraine-Konflikt | |
Letzte Generation | |
Blockade | |
Abgeordnetenhaus | |
Ziviler Ungehorsam | |
Lebensmittelrettung | |
Lebensmittelrettung | |
Autobahn | |
Schlagloch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ukraine-Krise trifft Getreidemarkt: Die Macht des Brotpreises | |
Die Sorge um eine Eskalation des Konflikts zwischen Russland und der | |
Ukraine treibt weltweit die Getreidepreise – mit politischen Folgen. | |
Aktivistin über die „Letzte Generation“: „Die größtmögliche Störung�… | |
Die Blockaden der Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“ gehen | |
weiter. Aimée van Baalen über die Symbolik, Ziele und Grenzen der Aktionen. | |
Autobahn-Blockaden in Berlin: Aktivist*innen geben nicht auf | |
Trotz erhöhtem Druck von Innenministerinnen: Der Protest gegen die | |
Verschwendung von Lebensmitteln in Berlin geht weiter. Es gibt 22 | |
Festnahmen. | |
Blockade-Debatte im Landesparlament: „Völlig inakzeptabel“ | |
SPD-Innensenatorin Iris Spranger verurteilt im Abgeordnetenhaus die | |
jüngsten Straßenblockaden. Ihre Koalitionspartner zeigen hingegen | |
Verständnis. | |
Bundesweite Autobahnblockaden: Am Ort des zivilen Ungehorsams | |
Seit Wochen blockieren Besetzer:innen bundesweit Autobahnen. Damit | |
wollen sie auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen. | |
Blockade der A100: Fiese, feine Nadelstiche | |
Der Protest der „letzten Generation“ zeigt Wirkung – er erhält mehr und | |
mehr Aufmerksamkeit. Doch nun braucht es mehr als Blockaden: Inhalte. | |
Protest gegen Essensverschwendung: Erneut Autobahnen blockiert | |
Die Aktionen der „Letzten Generationen“ werden fortgesetzt. Bei den | |
Berliner Grünen ist umstritten, wie sie zu dieser Form des Protestes | |
stehen. | |
Autobahnen in Berlin blockiert: Auf die Straße für Lebensmittel | |
Markanter Protest: Erneut haben Aktivist*innen mehrere Autobahnen | |
blockiert. Sie fordern ein Essen-Retten-Gesetz. | |
Klimagipfel in Glasgow: Mit Gewalt das Klima retten | |
Was tun, wenn sich der friedliche Übergang zur postfossilen Welt als | |
illusorisch entpuppt. Sollten nicht die, die die Natur zerstören, dafür | |
bezahlen? |