# taz.de -- Prozess gegen IS-Rückkehrerin: Reue unter Tränen | |
> Vor dem Hamburger Landgericht sagt eine Mutter aus, die ihren Sohn dem IS | |
> zugeführt haben soll. Der Junge starb bei einem Bombenangriff in Syrien. | |
Bild: Mit verdecktem Gesicht: Stefanie A. beim Prozessauftakt in Hamburg | |
Hamburg taz | Die Schleswig-Holsteinerin, die zum IS nach Syrien gereist | |
ist und dort ihren Sohn verlor, hat am Donnerstag zwei Stunden lang von | |
ihren Erlebnissen berichtet. Vor dem Hamburger Landgericht bereute sie | |
unter Tränen, ihren Sohn in Gefahr gebracht zu haben. Sie und ihr Mann | |
hätten versucht zu verhindern, dass er kämpfen müsse. Das Leben beim IS sei | |
schön gewesen, bis der Krieg immer näher rückte. | |
Die Staatsanwaltschaft [1][wirft Stefanie A. vor, ihren Sohn Malik dem IS | |
als Kämpfer zur Verfügung gestellt] und als Teil des IS in Syrien gelebt zu | |
haben. Bei der Ausreise war Malik 13 Jahre alt. Die mollige Frau mit einem | |
blonden Dutt soll einen Sprengstoffgürtel besessen und ein Gewehr geführt | |
haben. | |
Sie habe einen alkoholkranken Vater und wenig Rückhalt zu Hause gehabt, | |
schilderte Stefanie A. dem Gericht. Mit 15 Jahren habe sie ihren zehn Jahre | |
älteren Mann, einen Muslim, kennengelernt. „Er hatte so etwas | |
Beschützendes“, erzählte sie. Unter dem Einfluss ihres Mannes sei sie zum | |
Islam übergetreten. Die Ehe mit zwei Kindern sei „glücklich und harmonisch�… | |
gewesen. | |
Sie hätten begonnen, immer intensiver zu beten. Irgendwann sei dann auch | |
Syrien Thema in der Familie gewesen. Der IS mit seinen grausamen Praktiken | |
habe sie aber abgeschreckt. „Mein Mann sagte mehrfach, dass er da runter | |
geht, um zu helfen“, erinnerte sie sich. Dann sei er „in einer Nacht- | |
und-Nebel-Aktion verschwunden“ und habe sich ein paar Tage später aus | |
Syrien gemeldet. | |
## Nicht an Waffentraining gedacht | |
Nach Monaten ohne Nachricht habe er sich [2][schwer verletzt aus einem Dorf | |
bei Raqqa] gemeldet. Dort sei es sicher, habe er ihr mitgeteilt. Er habe | |
für sie und ihren Sohn die Reise nach Syrien organisiert. Ihr Mann habe | |
erzählt, dass er für den IS kochte und Verletzte versorgte. Beim | |
Dattelpflücken sei er durch eine Granate verletzt worden. | |
Nach der Ankunft habe ihr Mann Malik die Haare geschnitten, damit er jünger | |
aussehe und nicht zum militärischen Training müsse. Später sei ihr Junge in | |
die Schule gegangen. Ihr sei nicht klar gewesen, was dort gelehrt wurde, | |
sagte A., versicherte aber: „Ich habe nicht einmal an ein Waffentraining | |
gedacht.“ Am Tage vor seinem Tod habe Malik mit seinem Freund auf Dosen | |
schießen wollen. Sie habe mit ihm deshalb gemeckert und es ihm untersagt. | |
Das [3][Leben im IS-Gebiet] sei lange Zeit friedlich und schön gewesen. Sie | |
habe die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen genossen und | |
ihren Mann gepflegt. „Du bist irgendwie nie alleine“, sagte sie. | |
Doch der Krieg rückte näher. Sie mussten fliehen. Nach einem Bombenangriff | |
auf das Nachbarhaus der Familie habe Malik versucht, Kinder zu retten und | |
sei beim Einsturz des Hauses umgekommen. Märtyrer habe sie ihn nur genannt, | |
weil sie sich damit habe trösten wollen, dass ihr Sohn ins Paradies komme. | |
28 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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