# taz.de -- Nach Angriff auf Haftanstalt in Syrien: Dschihadis belagern Gefäng… | |
> In Syrien hat die „IS“-Miliz ein Gefängnis angegriffen, um Mitstreiter zu | |
> befreien. Mehr als 150 Menschen sind getötet worden. Die Kämpfe dauern | |
> an. | |
Bild: Kämpfer, die zum IS gehören sollen, nach ihrer Festnahme am vergangenen… | |
Frankfurt taz | Nach einem Angriff auf ein Gefängnis in Nordostsyrien | |
versucht die kurdische Verwaltung in dem Gebiet, die Anstalt wieder unter | |
ihre Kontrolle zu bringen. Bei den Gefechten sind mehr als 150 Menschen | |
getötet worden, darunter mindestens 102 Dschihadist*innen, 45 kurdische | |
Sicherheitskräfte und sieben Zivilist*innen, wie die Syrische | |
Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London am Montag mitteilte. Die | |
USA unterstützen den Kampf mit Luftschlägen. Laut Beobachtungsstelle | |
kontrollieren die kurdischen Kräfte wieder knapp die Hälfte des | |
Gefängnisses, während sich die Dschihadist*innen im Nordteil | |
verschanzen. | |
Anhänger der sich selbst als „Islamischer Staat“ (IS) bezeichnenden Miliz | |
hatten das Gefängnis in al-Hassakeh am Donnerstag angegriffen. Nach | |
IS-Darstellung ließen zwei Selbstmordattentäter mit Sprengstoff gefüllte | |
Lastwagen vor dem Gefängnis explodieren. 800 Mitstreiter hätten sich | |
befreien können. Es war einer der schwersten Angriffe der Miliz in Syrien | |
seit drei Jahren. | |
Syriens Nordosten wird von den „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF) | |
kontrolliert, einem kurdisch geführten Militärbündnis. Unter Ex-Präsident | |
Donald Trump lieferten die USA ihnen Waffen und Geld und unterstützen sie | |
mit Luftangriffen gegen den IS, während die Kurd*innen am Boden kämpften. | |
Der IS hatte [1][2014 große Gebiete in Irak und Syrien eingenommen] und ein | |
sogenanntes Kalifat ausgerufen. | |
Auch Deutschland beteiligte sich an der internationalen Anti-IS-Koalition; | |
die Bundeswehr schickte zwischen 2014 und 2016 unter anderem Sturmgewehre | |
an kurdische Peschmerga-Kämpfer*innen in Irak, die womöglich an | |
Kämpfer*innen in Syrien [2][weitergegeben] wurden. In Nordostsyrien | |
starben Tausende SDF-Kämpfer*innen im Kampf gegen den IS. | |
Im Frühjahr 2019 nahmen SDF-Truppen im Osten Syriens die letzte IS-Hochburg | |
ein. Doch nachdem die internationale Koalition den Kurden im Kampf geholfen | |
hatte, wurden diese mit den gefangenen IS-Kämpfer*innen weitgehend | |
alleingelassen. Nun unterhalten die SDF zahlreiche Haftanstalten, in denen | |
mindestens 5.000 IS-Mitglieder einsitzen. Schon mit Ausbruch der | |
Coronapandemie [3][hatten die Insassen einen Aufstand begonnen], schlugen | |
Türen ein und brachen Löcher in die Zellenwände. Die kurdischen | |
Bewacher*innen klagen schon lange, die Gefängnisse seien eine | |
Zeitbombe. | |
## 4.000 Ausländer aus fast 50 Ländern | |
Die syrischen Kurd*innen streben nach Autonomie. Die Türkei sieht in | |
ihrem militärischen Arm eine Terrororganisation. Präsident Recep Tayyip | |
Erdoğan möchte einen Kurdenstaat an der türkischen Südgrenze verhindern. | |
Daher startete er zwischen 2017 und 2019 mehrere Militäroffensiven und | |
vertrieb die kurdischen Kräfte aus den grenznahen Gebieten. | |
Doch auch die SDF stehen in der Kritik. Angehörige von Inhaftierten sagen, | |
dass Personen wegen des Widerstands gegen eine SDF-Zwangsrekrutierung | |
einsitzen. Auch Kinder würden gefangen gehalten. Oftmals gebe es keine | |
Anklage und kein Gerichtsverfahren. Laut Human Rights Watch (HRW) sind die | |
Gefängnisse überfüllt. Andere Menschenrechtsgruppen sprechen von | |
Folter-Haftanstalten. Die SDF weisen alle Vorwürfe zurück. | |
Nach HRW-Angaben hält das kurdische Militärbündnis etwa 12.000 Männer und | |
Jungen fest, davon rund 4.000 Ausländer aus fast 50 Ländern. Russland, | |
Malaysia, Usbekistan und Kosovo haben ihre IS-Angehörigen repatriiert. | |
Westliche Länder jedoch lassen sich Zeit. Laut Schätzungen von 2020 waren | |
800 der gefangenen IS-Mitglieder Europäer*innen, darunter auch Deutsche. | |
Insgesamt wurden bislang nur 12 Mütter und 42 Kinder nach Deutschland | |
transferiert. Die Kurd*innen fordern, dass die Staaten ihre | |
Bürger*innen wieder aufnehmen – nicht nur die schutzbedürftigen. | |
24 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Islamwissenschaftler-ueber-Isis-im-Irak/!5040054 | |
[2] https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/nordsyrien-deutsche-waffen-im-kr… | |
[3] /Kurdengebiete-in-Syrien/!5675750 | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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