# taz.de -- Bremer Spediteure mogeln sich raus: Gedenken nach Gutdünken | |
> Bremer Speditionen beteiligen sich nicht an den Kosten für das Mahnmal, | |
> das ihre Profite in der NS-Zeit thematisiert. Sie spenden lieber | |
> anderweitig. | |
Bild: Der Entwurf für das Mahnmal unterhalb der Bremer Kühne und Nagel-Zentra… | |
BREMEN taz | Das Mahnmal kommt. Es war ein langer Kampf, doch noch dieses | |
Jahr soll in Bremen ein Kunstwerk realisiert werden, das an die ökonomische | |
Seite der NS-Verbrechen erinnert; an die deutsch-arische Beutegemeinschaft, | |
die ganz gut gelebt hat davon, dass Jüd*innen ihr Eigentum aufgeben | |
mussten. | |
Das [1][Mahnmal kommt.] Aber nicht alle, die sich angesprochen fühlen | |
sollten, sind beim Gedenken dabei. Ab 2015 hat der ehemalige taz-Redakteur | |
Henning Bleyl durch seine Recherchen aufgezeigt, wie das lief, als | |
Jüd*innen in ganz Europa Wertgegenstände abgenommen wurden. | |
Und wie ein Bremer Speditionsunternehmen der Wehrmacht hinterherzog und | |
überall Profit damit machte, die Möbel der Deportierten nach Deutschland zu | |
verschiffen: Kühne & Nagel war in der NS-Zeit einfach richtig erfolgreich. | |
In historischen Überblicken hat die Firma diese Zeit gern ausgespart: | |
„Diesen Zeitperioden mangelt es an Relevanz für die Firmengeschichte“, hie… | |
es auf Anfragen. | |
Das Mahnmal kommt. Seit einem Bürgerschaftsbeschluss von 2016 steht das im | |
Prinzip fest. Geplant war dort eigentlich, dass sich drei Instanzen die | |
Kosten teilen, stellvertretend für die verschiedenen Profiteure: 40.000 | |
Euro, der Anteil, für die künstlerische Umsetzung, sollen von der | |
Zivilgesellschaft kommen. Bremer*innen konnten dank der Raubzüge | |
Schnäppchen machen – oder bekamen Möbel und Wertgegenstände zur | |
Aufrechterhaltung der Kriegsmoral sogar geschenkt. [2][Eine Spendensammlung | |
läuft seit Dienstag.] | |
## Spende geht ans Focke-Museum, nicht ans Mahnmal | |
Ein Drittel der Gesamtkosten – geschätzt 476.000 Euro – sollte von der | |
Stadt Bremen kommen. Und mindestens ein Drittel, wenn nicht mehr, so heißt | |
es im Beschluss von 2016, sollten die Speditionen der Stadt tragen. Schon | |
bisher hatte sich Kühne & Nagel mit Händen und Füßen gegen das Mahnmal | |
gewehrt und – am Ende erfolglos – für [3][Standorte fernab der | |
Firmenzentrale] gekämpft. | |
Bei der Lektüre des Weser-Kuriers vor einigen Tagen klang es jetzt so, als | |
gäbe es ein Einlenken[4][, als würde sich die Logistikbranche wirklich | |
beteiligen.] Und, tatsächlich: Der Verein Bremer Spediteure zahlt seinen | |
Anteil, 159.000 Euro. Aber, und das ist der Clou, nicht für das Mahnmal: | |
Die Spende geht ans Focke-Museum für eine neue Dauerausstellung zur | |
Stadtgeschichte. | |
Das Geld hätte das Museum so oder so bekommen, normalerweise von der Stadt. | |
Jetzt wird der Anteil, den das Bremer Kulturressort einspart, intern zum | |
Mahnmal umgeschichtet. Im Kulturressort will man das nicht so kritisch | |
sehen. Immerhin: „Ohne das Mahnmal hätte es die Beteiligung der Speditionen | |
an der Ausstellung nicht gegeben“, sagt Pressesprecher Werner Wick. Und | |
dort, so meint er weiter, werde „dieses Thema“, die Arisierung also, | |
„sicherlich noch mal eine viel breitere Öffentlichkeit erreichen“. | |
Gut möglich. So ganz sicher ist das aber nicht: Die Sprecherin des | |
Focke-Museums hat erst aus dem Weser-Kurier erfahren, dass die neue | |
Dauerausstellung begünstigt werde. Die soll einen neuen Schwerpunkt auf die | |
Zeit ab 1950 legen. Klar, eine Erweiterung der NS-Ausstellung wird es wohl | |
auch geben. Aber wie die inhaltlich aussieht, das steht noch lange nicht | |
fest. | |
Purer Geiz ist es nicht, der die Speditionsunternehmen an einer Beteiligung | |
gehindert hat. Es ist eigentlich schlimmer: ein Taschenspielertrick, der | |
nur einem Zweck dient – Klaus-Michael Kühne und mit ihm die Bremer | |
Logistikbranche gestehen nichts ein. Verantwortung? Ach nein. Nein, | |
wirklich lieber nicht. | |
18 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bremer-Arisierungs-Mahnmal-wird-gebaut/!5829472 | |
[2] https://www.spurensuche-bremen.de/bremen-baut-ein-mahnmal-aufruf-zu-finanzi… | |
[3] /Geschichtsschreibung-bei-KuehneNagel/!5520283 | |
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremer-arisierungs-mahnmal-spendenaufruf… | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
## TAGS | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Kühne und Nagel | |
"Arisierung" | |
NS-Gedenken | |
Bremen | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Klaus-Michael Kühne | |
Schwerpunkt Stadtland | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“ | |
Klaus-Michael Kühne | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bremer „Arisierungs“-Mahnmal: Der Bau hat begonnen | |
Bremer Logistikfirmen spielten eine besondere Rolle beim Abtransport | |
geraubten jüdischen Eigentums in der NS-Zeit. Nun wird ein Mahnmal gebaut. | |
Eklat um Harbour Front Literaturfestival: Mäzen mit zu vielen Makeln | |
Ein Autor gibt die Nominierung zum Kühne-Preis auf – wegen des Umgangs des | |
Konzerns mit der NS-Vergangenheit. Die Stiftung droht mit Rückzug. | |
Denkmal für einen Milliardär: Herr Kühne hat eine Idee | |
Hamburgs Patriarch Klaus-Michael Kühne möchte ein neues Opernhaus. Die | |
Stadt will es nur geschenkt, doch der Investor hat wirtschaftliche | |
Interessen. | |
„Arisierungs“-Mahnmal in Bemen: Schemenhafte Geschichte | |
Ihren Aufstieg verdankt eine Bremer Spedition Geschäften mit den Nazis. | |
Lange kämpfte ein taz-Redakteur für ein Mahnmal, das nun gebaut wird. | |
Bremer „Arisierungs“-Mahnmal wird gebaut: Erinnerung bekommt einen Ort | |
In Bremen soll im Sommer das „Arisierungs“-Mahnmal gebaut werden. | |
Durchgesetzt hat sich ein Standort in unmittelbarer Nähe von Profiteur | |
Kühne+Nagel. | |
Politikerin über „Arisierungsmahnmal“: „Gedenken muss konkret sein“ | |
In Bremen fehlt immer noch der richtige Platz für das Gedenken an die | |
wirtschaftliche Vernichtung der Juden. Kai Wargalla erzählt warum. | |
Geschichtsschreibung bei Kühne+Nagel: Des Patriarchen alternative Fakten | |
Der Mehrheitsaktionär des Logistikers Kühne+Nagel nennt die Kritik am | |
Umgang mit der NS-Geschichte des Unternehmens „verzerrt“. Eine Erwiderung. |