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# taz.de -- Mütter in der Pandemie: Alleingelassen und ausgelaugt
> Fast 20 Prozent aller Mütter gaben diesen Januar an, ihre Arbeitszeit
> deutlich reduziert zu haben. Bei den Vätern sind es dagegen nur sechs
> Prozent.
Bild: Homeoffice und Kinderbetreuung sind gleichzeitig schwer vereinbar
Berlin taz | Zwei Jahre nach Beginn der Coronapandemie sind bei Eltern und
insbesondere bei Müttern Belastungsgefühle, die Sorge um den sozialen
Zusammenhalt und die Kritik am Umgang der Politik mit der Krise spürbar
gestiegen. Das ergibt die neueste repräsentative Erwerbspersonenbefragung,
die die [1][Hans-Böckler-Stiftung] seit Frühjahr 2020 durchführt.
„Es gelingt in Deutschland weiterhin vergleichsweise gut, Erwerbsarbeit in
der [2][Coronakrise] abzusichern“, sagt Bettina Kohlrausch,
wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen
Instituts (WSI) der Stiftung. Was dagegen für viele weiterhin nicht gut
funktioniere, sei die Unterstützung bei der Sorgearbeit.
Menschen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen seien während der
Pandemie [3][mit deutlich höherer Belastung konfrontiert], „doch das stand
und steht weitaus weniger im Fokus der Coronapolitik“, so Kohlrausch.
„Eltern, vor allem Mütter, fühlen sich alleingelassen und zunehmend
ausgelaugt. Das führt zu einem massiven Vertrauensverlust.“
Dass sich Mütter besonders stark belastet fühlen, sei wenig überraschend,
so die Forscher:innen – zumindest, wenn man sich anschaut, wer in den
meisten Familien die Lasten der Krise trägt. 19 Prozent der Frauen mit
betreuungsbedürftigen Kindern haben im Januar 2022 angegeben, ihre
Arbeitszeit wegen der Kinderbetreuung verringert zu haben.
Mit Ausnahme des ersten, sehr harten Lockdowns im April 2020 – damals waren
es 24 Prozent – ist dies der höchste Wert seit Beginn der Befragung.
Offenbar wirkt sich hier aus, dass Schulen und Kitas zwar grundsätzlich
offen sind, der Betreuungsbedarf durch häufige Infektionen oder Quarantäne
von Kindern aber trotzdem sehr groß und kaum vorab planbar ist.
Der Anteil der Väter, die zur Kinderbetreuung ihre Arbeitszeit reduzieren,
lag im Januar mit knapp 6 Prozent deutlich niedriger – und war auch
erheblich kleiner als zu Beginn der Pandemie mit 16 Prozent. Kohlrausch
fordert deshalb auch nach Abklingen der Pandemie verstärkte familien- und
bildungspolitische Anstrengungen. „Die coronabedingten Rückstände und
Lücken, die etwa bei vielen Schülerinnen und Schülern entstanden sind,
werden nicht von selbst verschwinden, wenn die akute Pandemie ausläuft.
Dagegen etwas zu tun, bleibt eine Aufgabe über Jahre.“
Das WSI stützt seine Analyse auf die Erwerbspersonenbefragung der
Hans-Böckler-Stiftung. Dafür wurden von Anfang bis Mitte Januar 2022 knapp
6.500 Erwerbstätige und Arbeitsuchende online zu ihrer Lebenssituation
während der Pandemie befragt. Dieselben Personen waren bereits mehrfach
2020 und 2021 interviewt worden und bilden die Erwerbspersonen in
Deutschland repräsentativ ab.
Im Schnitt, so zeigen die Daten, ist die Zufriedenheit mit dem
Krisenmanagement der Bundesregierung derzeit auf dem niedrigsten Stand, der
im Studienverlauf bisher gemessen wurde. Die Unzufriedenheit ist unter den
Erwerbspersonen mit den niedrigsten Haushaltseinkommen am höchsten. Diese
Haushalte sind finanziell besonders stark belastet, ihre Probleme haben
seit Mitte 2020 deutlich zugenommen.
Viele Menschen mit niedrigem Einkommen „dürften in prekären
Arbeitsverhältnissen stecken, die durch die grundsätzlich wirksamen
Schutzmechanismen unzureichend erfasst sind“, erklärt Kohlrausch diese
Befunde. In Bezug auf ihre finanzielle und Arbeitssituation zeigt sich bei
einer Mehrheit der Befragten allerdings eine gewisse Stabilisierung: Das
Belastungsniveau ist geringer als zu Beginn der Pandemie.
16 Feb 2022
## LINKS
[1] https://www.boeckler.de/de/index.htm
[2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[3] /Alleinerziehende-Muetter-in-der-Pandemie/!5833213
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Mütter
Pandemie
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Frauenhäuser
Ehegattensplitting
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