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# taz.de -- Kasseler „Querdenker“ im Verdacht: Bombendrohung gegen Stadtpar…
> Eine Sitzung des Stadtparlaments musste am Montagabend unterbrochen
> werden. Die Absender der Drohung werden im Milieu der „Querdenker“
> vermutet.
Bild: Maske und Hygienetücher in der Universität Kassel
Frankfurt am Main taz | Die Kasseler Stadtverordneten hatten ihre Debatte
über „klimagesunde Ernährung“ am frühen Montagabend gerade begonnen, da
musste die Vorsitzende des Stadtparlaments die Sitzung abbrechen. „Es gab
eine Bombenwarnung, wir müssen den Saal räumen.“ Mit diesen Worten schloss
Martina van den Hövel-Hanemann von den Grünen die Sitzung. Der Hörsaal 1
auf dem Uni-Campus wurde zügig geräumt, anschließend abgeriegelt.
Wenige Minuten davor, gegen 17 Uhr, waren bei der Stadt und zeitgleich
unter anderem bei der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen Drohmails
eingegangen. Darin war vor einer Attacke mit mehreren Rohrbomben und „zwei
großen Sprengsätzen“ gewarnt worden, die angeblich um 18 Uhr explodieren
würden. „Ihr habt dem Volk den Krieg erklärt. Den Krieg könnt Ihr haben“,
zitiert die HNA aus der Mail, die mit „Maskenzwang, Testwahn, Impfzwang“
überschrieben war.
Noch am gleichen Abend konnte die Polizei Entwarnung geben. Im
Campus-Center, das dem Stadtparlament an diesem Tag als Ausweichquartier
diente, wurden weder Rohrbomben noch Sprengsätze gefunden.
Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben in alle Richtungen. Es gilt als
wahrscheinlich, dass sie die Absender der Drohungen vor allem im [1][Milieu
der „Querdenker“ und Coronaleugner] sucht. Ein Polizeisprecher mochte der
taz am Dienstag „in diesem frühen Stadium“ noch keine Einzelheiten nennen.
Allerdings sei damit zu rechnen, dass die Täter bewusst den Weg der
Verschleierung gewählt haben dürften, so Polizeisprecher Matthias Mänz.
## Eine ganze Kette von Drohungen
„Die Bombendrohung deutet auf das Lager der Querdenker. Langsam wird
offensichtlich, wie skrupellos und potentiell gefährlich die sind“,
twitterte Stephan Mascher von der Klimaliste Kassel und fragte: „Warum
dürfen die immer noch ungehindert durch die Stadt laufen?“
Vor wenigen Tagen hatten Gegner der Coronamaßnahmen bereits den Kasseler
Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) und seine Familie bedroht. Im
Messenger-Dienst Telegram hatte ein angeblicher „Christian“ geschrieben:
„Wir können ja mal bei unserem Oberbürgermeister spazieren gehen“, er
wisse, wo der wohnt. Geselle hatte versichert, er lasse sich nicht
einschüchtern. „Man kann mich gerne kritisieren, dafür ist mein Dienstsitz
im Rathaus der richtige Ort und nicht das Lebensumfeld meiner Familie“, so
der OB.
Mit anonymen Drohungen hat die Kasseler Polizei Erfahrungen. Im Januar
vergangenen Jahres waren bei der Walter-Lübcke-Schule in Wolfhagen nach dem
[2][Urteil im Prozess gegen den Mörder des CDU-Politikers] Drohungen
eingegangen, die die Polizei als offensichtlich rechtsextrem motiviert
einstufte. Der Absender hatte das Kürzel NSU2 benutzt. Tage davor hatten
die Schule mit Bannern für demokratische Werte und gegen rechte Gewalt
demonstriert.
Wenig später wurde bekannt, dass auch beim CDU-Fraktionschef im
Stadtparlament, Michael von Rüden, eine Morddrohung eingegangen war. „Du
bist als Nächster dran“, hatte ein anonymer Anrufer gesagt. Im April
desselben Jahres traf es den FDP-Politiker Timo Evans: „Ich weiß wo Ihr
wohnt, ich bring Euch um“, hatte ein anonymer Anrufer ihm gedroht.
Im Januar hatte das Bundesinnenministerium auf Anfrage der Linken
mitgeteilt, dass sogenannte Reichsbürger und Querdenker Kitas und Schulen
immer wieder per Brief und E-Mail wegen Corona- oder Maskenverordnungen
angreifen und ihnen mit „pseudojuristischen Argumenten“ die Legitimation
absprechen.
25 Jan 2022
## LINKS
[1] /Verschwoerungsmythen-und-Corona/!t5015225
[2] /Urteil-im-Luebcke-Prozess/!5743619
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Verschwörungsmythen und Corona
Schwerpunkt Coronavirus
"Querdenken"-Bewegung
Bombendrohung
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Kolumne Poetical Correctness
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