# taz.de -- Menschenrechtsorganisation über Israel: Auch Amnesty wagt das A-Wo… | |
> Amnesty International nennt die israelische Politik gegenüber den | |
> Palästinenser*innen „Apartheid“. Israel sieht sein Existenzrecht in | |
> Gefahr. | |
Bild: Wo sich laut Amnesty Diskriminierung zeigt: Der Qalandiya-Checkpoint im W… | |
TEL AVIV taz | Schon am Tag vor der offiziellen Veröffentlichung des | |
Berichts der international tätigen Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International ging es in den sozialen Medien rund. „Antisemitismus“ | |
twitterten die einen, von „Pro-Apartheids-Propagandisten“ schreiben die | |
anderen. | |
Der Aufruhr dürfte vor allem daher rühren, dass Amnesty International nun | |
ebenfalls den [1][Begriff Apartheid] verwendet, um die israelische Politik | |
gegenüber den Palästinenser*innen zu beschreiben. Damit folgen sie | |
der [2][israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem] und der in New | |
York ansässigen [3][Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch] nach, | |
die bereits im vergangenen Jahr bereits das „A-Wort“ gewagt haben. | |
„Israels Apartheid gegen die Palästinenser“ lautet der Titel des | |
182-seitigen [4][Berichts] mit der Unterzeile: „Grausames Herrschaftssystem | |
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. | |
Wie [5][zuvor schon Human Rights Watch] bezieht sich Amnesty International | |
in seiner Definition von Apartheid auf das Römische Statut des | |
Internationalen Strafgerichtshofs (IstGH) und die Anti-Apartheidkonvention. | |
Die Anti-Apartheidkonvention wurde 1973 von der UN-Vollversammlung | |
beschlossen und richtete sich vor allem gegen das damals noch bestehende | |
[6][Apartheidsystem in Südafrika]. Mit dem Römischen Statut aus dem Jahr | |
1998, dem Gründungsdokument des Internationalen Strafgerichtshofs in Den | |
Haag, wurde das Apartheidsverbrechen der Zuständigkeit dieses Gerichts | |
unterworfen. | |
Diese Definition von Apartheid – „ein institutionalisiertes Regime der | |
Unterdrückung und Vorherrschaft einer rassischen Gruppe über eine andere“ �… | |
sieht Amnesty International in der israelischen Politik gegenüber | |
Palästinenser*innen gegeben. | |
## Forderung nach Sanktionen | |
Laut Bericht gelte die Apartheid dabei sowohl für Palästinenser*innen | |
innerhalb Israels als auch in den besetzten Gebieten. Auch | |
Palästinenser*innen, die 1948 vertrieben wurden oder geflohen sind und | |
jetzt in anderen Ländern leben, bezieht der Bericht mit ein. | |
Das Argument der Organisation dafür: Israels Behandlung von | |
Palästinenser*innen in allen Gebieten folge demselben Ziel: „Jüdische | |
Israelis bei der Verteilung von Land und Ressourcen zu bevorzugen und die | |
palästinensische Präsenz und den Zugang zu Land zu minimieren.“ Die | |
Diskriminierung der Palästinenser*innen zeige sich vor allem in den | |
unterschiedlichen Rechten auf Staatsbürgerschaft, bei [7][Enteignungen] und | |
in Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. | |
Den Internationalen Strafgerichtshof fordert die Menschenrechtsorganisation | |
auf, das Verbrechen der Apartheid bei seinen laufenden Ermittlungen im | |
Nahostkonflikt in den besetzen Gebieten zu berücksichtigen. Der Bericht | |
spricht sich für ein Waffenembargo gegen Israel aus, sowie für gezielte | |
Sanktionen, etwa gegen israelische Beamte, die „am meisten in das | |
Verbrechen der Apartheid“ verwickelt sind. | |
Israels Außenminister Yair Lapid warf der Organisation eine antisemitische | |
Agenda vor. Sein Ministerium sagte, der Bericht leugne Israels Recht, | |
„überhaupt zu existieren“. | |
## Diskussion in Deutschland | |
Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnet den Bericht als | |
antisemitisch und rief Amnesty International dazu auf, diesen | |
zurückzuziehen. Israel werde pauschal seit seiner Gründung als | |
Apartheidsystem eingestuft, als jüdischem Staat werde ihm das Existenzrecht | |
abgesprochen. | |
Die deutsche Sektion von Amnesty International äußert sich auf ihrer | |
Homepage zurückhaltend zu dem Bericht und fügt der Ankündigung der | |
Veröffentlichung einen Absatz „In eigener Sache“ bei. Darin ist zu lesen, | |
dass antisemitische Übergriffe in Deutschland auf einem beunruhigenden | |
Höchststand seien. Daraus und aus der Geschichte der Shoah erwachse eine | |
besondere Verantwortung. Um einer Instrumentalisierung vorzubeugen, sehe | |
die deutsche Amnesty-Sektion davon ab, zu diesem Bericht Aktivitäten zu | |
planen oder durchzuführen. | |
1 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Apartheid-und-Israel/!5762844 | |
[2] https://www.btselem.org/publications/fulltext/202101_this_is_apartheid | |
[3] https://www.hrw.org/report/2021/04/27/threshold-crossed/israeli-authorities… | |
[4] https://www.amnesty.org/en/latest/campaigns/2022/02/israels-system-of-apart… | |
[5] /Israels-Palaestinenser-Politik/!5762873 | |
[6] /Schwarze-Unirektorin-in-Suedafrika/!5617118 | |
[7] /Auseinandersetzungen-in-Israel/!5766297 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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