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# taz.de -- Universitäten in Niedersachsen: Studierende gegen Hochschulgesetz
> Diese Woche wurde im Landtag die Novelle des Hochschulgesetzes
> verabschiedet. Die Studierenden fühlen sich – mal wieder – nicht gehört.
Bild: Die Regeln für die anstehende Prüfungsphase sind noch unklar, klagen St…
Hannover taz | Sie ist kein ganz großer Wurf, die aktuelle Novelle des
niedersächsischen Hochschulgesetzes. Sie hat eher so Reförmchencharakter,
ein bisschen mehr Autonomie hier, ein paar kleinere Korrekturen dort –
nichts, was bisher eine Riesenwelle ausgelöst hätte.
Die hat Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) allerdings auch gerade
erst hinter sich – [1][Sparpläne und globale Kürzungen im Landeshaushalt]
hatten in den Hochschulen für viel Unruhe gesorgt.
Nun sollen also Präsidien und Senate gestärkt werden und mehr Befugnisse
erhalten. „Differenzierte Hochschulautonomie“ nennt Thümler dies. Der FDP
geht das längst nicht weit genug, noch immer regiere an den Hochschulen vor
allem die landespolitische Bürokratie, nötig sei echte Autonomie, als
Arbeitgeber wie als Bauherr, betont FDP-Fraktionschef Stefan Birkner.
„Mit den Einsparungen im Wissenschaftsbereich und auch mit der Änderung des
Hochschulgesetzes bleiben die Hochschulen überreguliert und
unterfinanziert“, hatte der hochschulpolitische Sprecher Lars Alt (FDP)
schon im vergangenen Sommer kritisiert, als das Gesetz eingebracht wurde.
## Mitbestimmung und Lehre könnten geschwächt werden
Die Beratung im Fachausschuss hat daran nicht viel geändert und auch die
Studierenden sind frustriert. „Wir haben im Januar 2020 zum ersten Mal
unsere Forderungen an den Wissenschaftsminister herangetragen“, sagt
Daryoush Danaii vom „freien zusammenschluss von student*innenschaften“
(fzs) in einer Pressekonferenz am Dienstag. Auch in der Anhörung im
Ausschuss habe man noch einmal versucht, den eigenen Standpunkt klar zu
machen. „Nichts, gar nichts davon hat Eingang gefunden in den
Gesetzentwurf.“
Die Studierenden befürchten vor allem, dass der Stellenwert der Lehre
weiter unter die Räder gerät, ergänzt Pippa Schneider von der
Landes-Asten-Konferenz Niedersachsen.
Künftig müssen Universitäten keine Vizepräsident*innenstelle für
Studium und Lehre mehr vorsehen. „Wir gehen zwar davon aus, dass die
meisten großen Unis, die nicht gleich abschaffen werden – aber trotzdem ist
das eben unsere zentrale Ansprechperson im Präsidium“, sagt Schneider.
Auch die sogenannte „Genie-Klausel“ findet sie problematisch. Die soll es
Universitäten ermöglichen, offenkundig geeignete Persönlichkeiten wie etwa
preisgekrönte Forscher*innen ohne das übliche Berufungsverfahren zu
gewinnen. Das, meint Schneider, könnte den Männerüberhang im
Wissenschaftsbetrieb weiter zementieren – die erhielten schließlich auch
überproportional häufig Auszeichnungen und Preise. Und mit dem
Berufungsverfahren entfällt eben auch die Frage nach anderen
Kandidat*innen, Gleichstellungs- und Diversitätsprinzipien.
Und es gibt weitere Stellschrauben, bei denen es für den Geschmack der
Studierenden zu sehr um Exzellenz und Forschung und zu wenig um die
Ausbildung künftiger Fachkräfte geht. Dass sie mit ihren Einwänden und
Bedürfnissen nicht gehört werden, reiht sich in ihren Augen allerdings
nahtlos ein, in die Erfahrungen, die sie [2][während der Pandemie gemacht
haben].
## Unsicherheit und psychische Belastungen nehmen weiter zu
„In den Corona-Verordnungen kommen die Universitäten ja meist gar nicht
vor“, sagt Schneider. Bis vor Ort klar kommuniziert werden kann, welche
Spielregeln denn nun wieder gelten, vergehen oft zehn bis vierzehn Tage.
Auch für die jetzt anstehenden Prüfungsphasen seien viele Dinge immer noch
nicht ganz klar, ergänzt Danaii: „Was passiert denn, wenn jemand in
Quarantäne oder Isolation ist? Wir halten da zumindest großzügigere
Freischussregeln für dringend nötig.“ Auch an der Grundbelastung hat sich
nach vier Corona-Semestern nicht viel geändert, sagen die beiden
Studierenden.
Das wird auch in der großen Online-Befragung deutlich, die sie noch einmal
präsentieren. Da ist zum einen die psychische Belastung durch die Online-
und Hybridlehre, die Isolation und Unsicherheit, die von den
psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke kaum aufgefangen werden
kann. Und da sind zum anderen die steigenden [3][finanziellen Belastungen
(Lebenshaltungskosten, Semesterbeiträge)] bei gleichzeitig wegbrechenden
Einnahmen, weil Jobs, zum Beispiel in der Gastronomie, wegfallen oder die
Eltern von Kurzarbeit betroffen sind.
Die Nothilfe- und Überbrückungsprogramme dafür sind im September
ausgelaufen, jetzt müssen viele wieder zusehen, wie sie klar kommen. „Wir
befürchten, dass sich das Problem fortschleppt, weil Viele Rücklagen
aufgebraucht oder zusätzliche Kredite aufgenommen haben, die ja auch
irgendwann zurück gezahlt werden müssen“, sagt Danaii.
Am Mittwochmittag standen die Studierenden noch einmal vor dem Landtag und
protestieren. Am Donnerstagnachmittag wurde das Hochschulgesetz
verabschiedet.
29 Jan 2022
## LINKS
[1] /Uni-Hannover-streicht-Professur/!5773779
[2] /Studierende-in-der-Pandemie/!5774931
[3] /Studieren-in-Niedersachsen/!5658282
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Niedersachsen
Studium
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Bildungspolitik
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