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# taz.de -- Grashüpfer-Snack bei Uganda Airlines: Proteinreiches Bordmenü
> Die Ugander feiern ihre Grashüpfer wie die Deutschen ihren Spargel. Für
> entsprechend viel Wirbel sorgte jüngst ein Vorfall in einem Flugzeug.
Bild: Abgehobene Delikatesse: Grashüpfer (hier in freier Natur, unfrittiert)
Kampala taz | Viele Fluggesellschaften weltweit bieten an Bord ihrer
Maschinen das Nationalgericht ihres jeweiligen Landes an. Insofern dachte
sich Paul Mubiru, ein privater Händler aus Uganda, nichts dabei, als er auf
dem Flug Nummer 446 von Uganda nach Dubai eine große blaue Plastiktüte
aufmachte und seinen mitfliegenden Passagieren „Nsenene“ als Snack anbot.
Nsenene ist das ugandische Wort für Grashüpfer.
Frittiert in Öl, gewürzt mit Zwiebeln und Tomatensauce, ist dies gerade im
Dezember, wenn gewaltige Grashüpferschwärme über Ostafrika hinwegfliegen,
das favorisierte Nationalgericht in Uganda. Der Panzer der grünen Hüpfer
knuspert im Mund wie Kartoffelchips, das an Eiweiß reiche Innere des Tieres
ist eine proteinreiche Delikatesse auf dem Kontinent, seit Jahrtausenden
schon. Die Ugander feiern in der Grashüpfersaison die Snacks, die man zum
Bier oder beim Fernsehen nascht, wie die Deutschen ihren Spargel.
So war es auch kein Wunder, dass zahlreiche Reisende auf Flug Nummer 446
von Händler Mubiru für umgerechnet 2,50 Euro eine kleine Tüte Nsenene
kauften. Ein Mitreisender filmte die Szene und teilte sie über sozialen
Medien im Internet. Etliche Ugander applaudierten auf Twitter und Facebook,
dass Uganda Airlines, die erst kürzlich wieder neu gestartete nationale
Fluggesellschaft, jetzt das Nationalgericht an Bord anbietet. Kenianer und
Ruander hingegen spotteten über ihre Nachbarn.
Dass ihm diese Szene wenige Tage später bei seiner Rückkehr nach Uganda zum
Verhängnis werden sollte, damit hatte Mubiru nicht gerechnet. Der Händler,
der im Auftrag seiner Firma nach Dubai geschickt worden war, um Waren zu
beziehen, dachte, er mache an Bord ein schnelles Geschäft mit den
frittierten Hüpfern.
Die aktuelle Grashüpfersaison war im vergangenen Jahr aufgrund des
Klimawandels spät gestartet. Die Schwärme sind klein, Wissenschaftler
warnten jüngst in Ugandas Tageszeitungen sogar, dass die beliebten Insekten
am Aussterben seien. Kurz: Dieses Mal hatten die Ugander ganz aufgeregt auf
den Beginn der Nsenene-Saison gewartet. Die Nachfrage ist nun gewaltig, die
Preise hoch.
## Auf der Landebahn abgeführt
Von dem Video erfuhr auch der ugandische Transportminister Katumba Wamala.
Der gestandene General ist seit Monaten im Auftrag von Ugandas Präsident
Yoweri Museveni damit beschäftigt, Uganda Airlines und deren Personal
umzukrempeln: Korruption und Misswirtschaft ist da schon seit Langem ein
Thema. Jahrelang war die Fluggesellschaft am Boden wegen Mängeln bei den
Sicherheitsvorkehrungen. Seit 2019 fliegen die Maschinen nun wieder. Der
Staat hatte es sich einiges kosten lassen, Uganda Airlines wieder in die
Luft zu bekommen. Die Sache mit den Grashüpfern war für Wamala offenbar
eine gewaltige Blamage.
So wurde Händler Mubiru bei seiner Rückkehr nach Uganda direkt auf der
Landebahn von Beamten in zivil abgeführt und in ein Auto gesetzt. Tagelang
saß er in einer kleinen Zelle der Flughafenpolizei. Gegen eine Strafgebühr
kam er letztlich jedoch wieder frei. Doch die Folgen sind enorm: Wamala
rief persönlich die Fluggesellschaft an und forderte die Suspendierung
derjenigen, die für den Vorfall verantwortlich seien: die Bordcrew sowie
das Bodenpersonal, das bei der Sicherheitskontrolle die blaue Tüte voller
Grashüpfer hatte durchgehen lassen.
Die Airline entschuldigte sich öffentlich für den Vorfall und erklärte, der
Verkauf von Lebensmitteln an Bord durch Privatpersonen verstoße gegen die
Coronavorschriften. Seitdem werden alle Passagiere kontrolliert, ob sie
unverpackte Lebensmittel im Handgepäck haben.
Ugandas Landwirtschaftsministerium hat mittlerweile neue Leitlinien
festgezurrt, welche Art von Lebensmitteln überhaupt im Flugverkehr
transportiert werden dürfen. Dies führte allerdings zu einem weiteren
Aufschrei in sozialen Medien, denn in vielen ugandischen Familien, die über
die Weihnachtstage Verwandte in England, den USA oder Kanada besuchten, ist
es üblich, den Angehörigen im Ausland ihre Lieblingsspeisen aus Uganda
mitzubringen: Kochbananen, Cassava (Maniok) – und natürlich
Grashüpfersnacks.
Immerhin: Die Fluggesellschaft Uganda Airlines hat nun offiziell verkündet,
die frittierten Grashüpfer künftig ganz offiziell auf ihrem Bordmenü als
Snacks anzubieten: als „Touristenmarketing“.
7 Jan 2022
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
Insekten
Nahrung
Flugzeug
GNS
Uganda
Zwiebeln
Nahrungsmittel
ADF
Schwerpunkt Klimawandel
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