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# taz.de -- Populismus in Frankreich: Kärcher-Reinigung
> Frankreichs konservative Präsidentschaftskandidatin will mit dem
> Hochdruckreiniger durch die Banlieues. Der deutsche Hersteller gibt sich
> empört.
Bild: Valerie Pecresse, Vorsitzende der konservativen Républicains
[1][Valérie Pécresse] wird nach den Wahlen vermutlich nicht in den Élysée
einziehen. Die Vorsitzende der konservativen Républicains liegt in allen
Umfragen abgeschlagen hinter Amtsinhaber Emmanuel Macron, der selbst in die
konservative Mitte gerückt ist.
Eine Valérie Pécresse wird zudem rechts überholt von Marine Le Pen, die
ihrerseits rechtsaußen von Éric Zemmour überholt wird.
Das ist in Frankreich die Lage. Und da kommt ein Familienunternehmen aus
Baden-Württemberg ins Spiel. Denn Pécresse möchte gern, wie vor ihr schon
der Parteikollege und damalige Innenminister [2][Nicolas Sarkozy], „die
Vorstädte mit dem Kärcher“ reinigen. Gemeint sind die [3][tristen Banlieues
von Paris], die wie eine Schlinge des schlechten Gewissens – oder auch der
Bedrohung, je nach Standpunkt – um den Hals der Hauptstadt liegen.
Die Politikerin hat selbst eingeräumt, sie wolle das metaphorische
Hochdruckreinigungsgerät „aus dem Keller holen“, in dem es Sarkozy hat
liegen lassen – und das ist ihr Problem. Schon Sarkozy wollte 2005 die
Gegend mit Hochdruck reinigen, nachdem ein elfjähriges Mädchen bei einer
Schießerei verfeindeter Jugendbanden in den Vorstädten ums Leben gekommen
war. Konkret abgesehen hatte er es auf „la racaille“, das Gesindel, das
Pack, den Abschaum.
## Kärcher bemüht sich um Distanz
Seitdem ist „karchériser“ oder die „karchérisation“ im Arsenal
populistischer Kampfbegriffe angekommen. Es klingt markig, leicht
bedrohlich nach deutscher Wertarbeit und ist in Frankreich geläufig –
gerade im Süden werden der Staub und der Dreck der Städte traditionell mit
Wasserdruck bereinigt.
Kärcher bemüht sich um Distanz von den menschenfeindlichen Aspekten, mit
denen sein Name durch die Einwanderung ins Französische in Verbindung
gebracht wird. Gleichzeitig wäre die Firma mit dem Klammerbeutel gepudert,
würde sie nicht auch von der unverhofften Bekanntheit ihrer Marke zu
profitieren versuchen. Dieser Versuch liest sich dann so, wie es in
ganzseitigen Anzeigen heißt: „Kärcher will seinen Namen von der Politik
reinigen“. Reinigen, compris? Zugleich beklagte sich Kärcher in einem
offenen Brief, man sei „kein Fahnenträger irgendeiner politischen Partei“.
In Erinnerung bleiben soll die radikale Effizienz, die mit dem
Dampfstrahlen einhergeht. In Vergessenheit geraten möge hingegen, was das
beim Überschlag in den politischen Sprachgebrauch bedeutet. Dieses
Doppelmanöver ist zum Scheitern verurteilt. Womit wir bei Valérie Pécresse
wären, die ebenfalls scheitern wird. Weil die „karchérisation“ sich schon
bei Sarkozy als untauglich erwiesen hat, die sozialen Probleme des Landes
zu lösen.
16 Jan 2022
## LINKS
[1] /Konservative-Kandidatin-in-Frankreich/!5820417
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[3] /Konflikte-in-Frankreichs-Banlieue/!5678168
## AUTOREN
Arno Frank
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